Agroscope, Eawag

Komplexe Prozesse beim Verlust von Pflanzenschutzmitteln durch Drainagen

In der Schweiz ist etwa ein Viertel der landwirtschaftlichen Nutzfläche drainiert. Auf diesem Weg können Pflanzenschutzmittel (PSM) in Fliessgewässer gelangen. Agroscope hat die Einflussfaktoren analysiert und Massnahmen gegen die PSM-Verluste bewertet.

Messungen in Bächen und Flüssen haben gezeigt, dass viele davon − besonders nach starkem Regen − mit Pflanzenschutzmitteln (PSM) belastet sind. Zwar gelangen PSM hauptsächlich durch Abschwemmung und Erosion in die Fliessgewässer (Prasuhn et al. 2018). Doch auch die Entwässerung über Drainageleitungen führt zu PSM-Verlusten.

Daher fordert der nationale Aktionsplan Pflanzenschutzmittel, dass PSM-Verluste durch Drainagen untersucht und Präventions-Massnahmen erarbeitet werden. Diese Studie trägt diesem Bedürfnis Rechnung:

  1. Eine räumliche Karte der potenziell drainierten Flächen in der Schweiz wurde entwickelt.
  2. Das Wissen über die PSM-Verluste durch Drainagen wurde in einem konzeptionellen Modell zusammengefasst. Dieses Modell dient als Basis, um Massnahmen zur Minderung von PSM-Einträge in Oberflächengewässer zu erarbeiten.

25 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche drainiert

In der Schweiz sind drainierte Böden nicht vollständig erfasst. Deshalb wurde mittels «Maschinellem Lernen» eine Karte erstellt, die zeigt, welche Landwirtschaftsböden zur Vernässung neigen und deshalb potenziell entwässert werden. Die Berechnungen ergaben, dass 25 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche ein mässiges oder hohes Drainagepotenzial aufweisen, d. h. sie sind mit grosser Wahrscheinlichkeit drainiert.

Karte der potenziell entwässerten landwirtschaftlichen Flächen in der Schweiz. 240 000 ha (27 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche) haben ein geringes Entwässerungspotenzial (grün), 120 000 ha (13 %) haben ein mittleres (gelb) und 110 000 ha (12 %) haben ein hohes Entwässerungspotenzial (rot).

Modell: vielfältige Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen

Aufgrund einer umfangreichen Literaturrecherche wurde ein konzeptionelles Modell potenzieller PSM-Verluste durch Drainagen entwickelt. Eine wichtige Rolle spielt die Art und Weise, wie das Wasser durch den Boden fliesst. Über präferenzielle Fliesswege (z. B. Makroporen) können Wasser und darin gelöste PSM schnell in Drainagen gelangen. Der oftmals lehmige Landwirtschaftsboden in der Schweiz tendiert zu Makroporen. Diese Eigenschaft begünstigt PSM-Verluste durch Drainagen.

EXPOSIT für Worst-Case-Risikobewertung ungeeignet

Wir untersuchten, wie gut das deutsche Zulassungs-Modell EXPOSIT nach Starkregen Spitzenkonzentrationen von PSM in Fliessgewässern vorhersagen kann. Dazu wurden experimentelle Daten von Agroscope in Zürich-Affoltern mit den Empfehlungen von EXPOSIT verglichen. Dabei zeigte sich, dass EXPOSIT nicht immer Worst-Case-Schätzungen für Schweizer Verhältnisse liefert.

Massnahmen gegen PSM-Verluste durch Entwässerung

Wir evaluierten Massnahmen, welche die PSM-Verluste durch Drainagen minimieren könnten. Die meisten Massnahmen, die PSM-Verluste durch Abschwemmung und Erosion reduzieren, wirken auch bei Drainagen. Einzelne aber, wie die Direktsaat, können kontraproduktiv sein. Denn ohne Bodenbearbeitung bleiben Makroporen im Boden bestehen, die PSM-Verluste begünstigen. Deshalb ist bei Direktsaat auf drainierten Böden Vorsicht geboten.

Generell gilt: Auf drainierten Böden sollten keine PSM eingesetzt werden, wenn Starkniederschläge zu erwarten sind oder die Drainage bereits aktiv ist.

Fazit

  • PSM-Verluste durch Drainagen sind wichtig. Sie sind zwar geringer als die PSM-Verluste durch Abschwemmung und Erosion, aber höher als die Verluste durch Auswaschung.
  • Der oftmals lehmige Ackerboden in der Schweiz tendiert zu Makroporen. Durch diese Wege können PSM bei starkem Regen in die Drainagen gelangen.
  • Die PSM-Verluste durch Drainagen hängen von vielen Faktoren ab, die sich gegenseitig beeinflussen. Der wichtigste Faktor ist der Zeitraum zwischen PSM-Anwendung und starkem Regen.
  • Empfohlen werden Massnahmen, die auch gegen Abschwemmung, Erosion und Auswaschung von PSM wirken. Spezifische Massnahmen für drainierte Flächen sind nur wenige bekannt, und sie sind teuer und aufwändig.
  • Ein erster Vergleich experimenteller Daten mit Vorhersagen des deutschen Zulassungs-Modells EXPOSIT zeigt, dass sich dieses Modell wahrscheinlich nicht für eine objektive Worst-Case-Risikobewertung des PSM-Einsatzes auf drainierten Ackerböden in der Schweiz eignet.
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