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Wie schaffen Agrarpraktiker und Agrarpraktikerinnen EBA den Berufseinstieg?

Die Ausbildung zum Agrarpraktiker/zur Agrarpraktikerin vermittelt schulisch schwächeren Lernenden breite Kompetenzen. Welche Chancen haben sie heute und zukünftig auf dem Arbeitsmarkt und wie gelingt der Übertritt in eine weiterführende Ausbildung?

Trotz genügend Lehrstellen ist der Übertritt in eine Berufsausbildung für Jugendliche mit schulischen oder sozialen Benachteiligungen erschwert. Die zweijährige berufliche Grundbildung zum Agrarpraktiker/zur Agrarpraktikerin mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) ermöglicht auch solchen Lernenden den Zugang zum Arbeitsmarkt. Diese Ausbildung weist eine Besonderheit auf: Die Auszubildenden wohnen im Regelfall bei den Familien der Betriebsleitenden und sind in den Familienalltag integriert.

Erschwerter Einstieg in die Ausbildung

Vor Abschluss des Qualifikationsverfahrens im Mai 2019 und ein Jahr danach befragte man alle Lernenden im Kanton Bern. Dabei wurden Vorbildung und Ausbildungsverlauf untersucht sowie erste Einschätzungen zum Berufseinstieg oder zum Beginn einer weiterführenden Ausbildung eingeholt.

Es zeigte sich, dass die Lernenden einen erschwerten Einstieg in die Ausbildung hatten: Nur 15 % der Lernenden stiegen direkt ein, 63 % hatten zuerst eine Ausbildung zum Landwirt/zur Landwirtin mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) begonnen, die übrigen besuchten verschiedene Brückenangebote. Die Ausbildung wurde von der Mehrheit der Lernenden mit «ausgezeichnet» bewertet, sie erwarben breite Kompetenzen und waren mit der betrieblichen und schulischen Ausbildung sehr zufrieden. Drei Viertel der Lernenden wollten auch in Zukunft in diesem Berufsfeld arbeiten.

Kurz vor dem Abschluss der zweijährigen Ausbildung im Mai 2019 hatten 30 % der Lernenden einen Arbeitsvertrag, knapp die Hälfte beabsichtigte, einen Abschluss zum Landwirt/zur Landwirtin EFZ zu erlangen und verfügte bereits über einen Lehrvertrag, bei 20 % fehlte eine Anschlusslösung.

Hohe Beschäftigungsquoten der Agrarpraktiker und Agrarpraktikerinnen

Ein Jahr später liegt die Beschäftigungsquote bei 95 %. Mehr als die Hälfte der Befragten (55%) befindet sich nun in der EFZ-Ausbildung zum Landwirt/zur Landwirtin. Von jenen Jugendlichen, die direkt in den Arbeitsmarkt eingestiegen waren, sind die Hälfte im erlernten und die andere in einem anderen Beruf (Bau- oder Holzbranche, Montage) tätig.

Ausbildungsreform gefährdet das Erfolgsmodell dieser Berufsausbildung

Obwohl die Ausbildung momentan noch ein Erfolgsmodell ist, könnte sich dies durch mögliche Ausbildungsreformen im Rahmen der Agrarpolitik (AP22+) verändern. Dort werden vermutlich die Anforderungen für die Direktzahlungsberechtigung erhöht: Betriebsleitende müssen zukünftig über ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis (EFZ) zum Landwirt/zur Landwirtin verfügen und drei Module Betriebswirtschaft absolvieren. Der Abschluss als Agrarpraktiker/Agrarpraktikerin EBA würde für die Auslösung von Direktzahlungen nicht mehr genügen.

Fazit

  • Die Ausbildung zum Agrarpraktiker/zur Agrarpraktikerin EBA ist momentan ein Erfolgsmodell. Die Absolvierenden haben gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, auch in anderen Berufsfeldern.
  • Ein beachtlicher Teil der Agrarpraktiker und Agrarpraktikerinnen arbeitet auf dem Betrieb der Eltern und hat das Ziel, einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen. Hier würden sich Verschärfungen im Rahmen der AP22+ bei der Vergabe von Direktzahlungen auswirken.
  • Die Einstiegslöhne liegen, verglichen mit anderen zweijährigen beruflichen Grundbildungen, im tiefen Bereich. Verbindliche Aussagen zum Lohnniveau sind allerdings nur mit einer schweizweiten Erhebung möglich.
  • Agrarpraktiker und Agrarpraktikerinnen, die eine dreijährige berufliche Grundbildung als Anschlusslösung wählen, zeigen schulische Defizite. Nur ein gutes Drittel besteht das Qualifikationsverfahren zum Landwirt/zur Landwirtin EFZ im Kanton Bern.
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