BFH-HAFL

Die Hofnachfolge ganzheitlich und frühzeitig angehen

In den kommenden Jahren wird die Hofnachfolge für viele Schweizer Bauernfamilien aktuell. Der Prozess ist jedoch anspruchsvoll. Ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt der BFH-HAFL zeigt Herausforderungen und Hilfsmittel auf.

Im Hofnachfolgeprozess werden die Weichen für die Zukunft des landwirtschaftlichen Betriebes und des Zusammenarbeitens sowie -lebens der abtretenden und nachfolgenden Generation gestellt. Der Prozess ist anspruchsvoll und läuft idealerweise über einen längeren Zeitraum. Ob die Hofnachfolgelösung langfristig nachhaltig ist, hängt entscheidend davon ab, wie der Prozess geplant und durchgeführt wird. In den kommenden Jahren wird die Hofnachfolge für viele Schweizer Bauernfamilien aktuell, da ein grosser Teil der Betriebsleitenden das Pensionsalter erreichen wird.

Je früher desto besser

Das partizipative Forschungs- und Entwicklungsprojekt «Hofübergabe360» legte den Fokus auf den Hofnachfolgeprozess in der Schweiz und insbesondere auf die zwischenmenschlichen Aspekte darin. Interviews und Fokusgruppengespräche mit Bauernfamilien sowie Fachpersonen aus der landwirtschaftlichen Beratung und Bildung zeigten, wie vielschichtig die Herausforderungen sind, welche dieser Prozess an die Betroffenen stellt. Die Beteiligten der abtretenden und der nachfolgenden Generation müssen sich einerseits ihrer eigenen Bedürfnisse, Werte, Fähigkeiten und Zukunftspläne bewusst werden. Andererseits müssen sie gemeinsam Lösungen finden, welche unter den betrieblichen, finanziellen und rechtlichen Voraussetzungen möglich und für beide Generationen stimmig sind. Dies wiederum bedingt, dass der Hofnachfolgeprozess frühzeitig angegangen wird.

Von den Beratungspersonen sind neben landwirtschaftlichem und rechtlichem Fachwissen auch soziale und psychologische Kompetenzen gefragt, um die Bauernfamilien auch bei emotionalen und zwischenmenschlichen Fragen begleiten zu können, damit diese auf und nicht unter den Familien- und Beratungstisch kommen. Denn die empirischen Resultate zeigen deutlich: der Prozess muss nicht nur frühzeitig, sondern auch umsichtig und ganzheitlich angegangen werden. Das heisst einerseits, dass die betroffenen Familienmitglieder rechtzeitig einbezogen werden müssen, auch Partnerinnen, Partner oder Geschwister. Andererseits muss persönlichen, emotionalen und zwischenschlichen Fragen genügend Raum gegeben werden, auch wenn finanzielle und rechtliche Aspekte dringender scheinen. Sowohl bei Bauernfamilien als auch Beratungspersonen ist mehr Bewusstsein darüber nötig, welche negativen Folgen die Vernachlässigung solcher Fragen u.U. lange nach der Hofnachfolge haben kann.

Neue Hilfsmittel

Um eine frühzeitige und ganzheitliche Hofnachfolgeplanung zu unterstützen, wurden empirisch basierte Hilfsmittel entwickelt. Auf einer neuen Website wurde der Hofnachfolgeprozess bestehend aus sieben Phasen beschrieben und visualisiert, um Bauernfamilien und Beratung den Überblick und den Einstieg in den Prozess zu erleichtern. Das Spiel «Parcours» sensibilisiert anhand vielfältiger Situationen für Schwierigkeiten, die während oder nach der Hofnachfolge entstehen können. Spielerisch wird ein Perspektivenwechsel angeregt, um das gegenseitige Verständnis und die gemeinsame Lösungssuche zu fördern.

Fazit

  • Der Prozess soll frühzeitig beginnen, denn die sieben Phasen, die gemeinsame Lösungssuche und Unvorhergesehenes brauchen Zeit.
  • Betriebsleitende sollen früh, fünf bis zehn Jahre vor der Hofübergabe, die eigenen Ziele, Wünsche und Werte reflektieren.
  • Die neue Website www.hofnachfolge-parcours.ch erklärt die sieben Phasen des Hofnachfolgeprozesses und bietet Orientierung zu deren Zielen, zentralen Themen, Herausforderungen und weiterführenden Informationen.
  • Emotionale und zwischenmenschliche Aspekte sowie eigene Werte, Wünsche und Vorstellungen müssen auf den Familien- und Beratungstisch. Dadurch kann späteren Problemen vorgebeugt werden.
  • Das Spiel «Parcours» thematisiert zwischenmenschliche Aspekte des Hofnachfolgeprozesses, des Zusammenlebens und -arbeitens. Es ermöglicht den Perspektivenwechsel und sensibilisiert für ein ganzheitliches Vorgehen.
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