Agroscope

Charakterisierung von Walliser Raclette GUB

Agroscope Science, 115, 2021, 1-47

Agroscope hat die Sorte Walliser Raclette GUB (geschützte Ursprungsbezeichnung) umfassend charakterisiert. Anhand der gewonnenen Referenzwerte kann die Käsereiberatung in Zukunft Käsefehlern leichter auf die Spur kommen.

Walliser Raclette ist ein schmieregereifter, vollfetter Halbhartkäse, der aus Rohmilch hergestellt und hauptsächlich in geschmolzenem Zustand konsumiert wird. Seit 2007 ist die Käsesorte als geschützte Ursprungsbezeichnung (GUB) eingetragen. Der grössere Teil der jährlichen Produktion von ca. 2300 Tonnen wird in etwa 20 gewerblichen Käsereien produziert, die insbesondere im absatzstarken Winterhalbjahr die Nachfrage abdecken. Während der Sömmerungszeit wird Walliser Raclette GUB auch auf über 100 Alpbetrieben fabriziert. Teile der Produktion werden in kalter Form als halbharter Schnittkäse konsumiert oder über eine Dauer von mindestens neun Monaten zu extra-hartem Hobelkäse trockengereift.

Wie charakterisiert man eine Käsesorte?

Als Konsumentinnen und Konsumenten denken wir wohl in erster Linie an die sensorischen Eigenschaften dieses beliebten Käses, der oft auch Erinnerungen an vergangene Ferienaufenthalte im Wallis weckt. Für die Käseexpertinnen und -experten geht es bei einer Charakterisierung darum, eine Käsesorte anhand von verschiedensten sensorischen, chemischen, physikalischen und mikrobiologischen Merkmalen möglichst umfassend zu beschreiben.

Erstmalige Charakterisierung des bakteriellen Mikrobioms

Für die Charakterisierung wurde je ein ganzer Laib Käse von 21 verschiedenen Käsereien beschafft, die ganzjährig diesen Käse produzieren. Im Rahmen der chemischen und biochemischen Untersuchungen wurden die Zusammensetzung, verschiedene Gärungsparameter, Reifungsparameter, biogene Amine, flüchtige Carbonsäuren und das Fettsäuremuster bestimmt. Die physikalische Charakterisierung erfolgte anhand der Bestimmung der Teig- und Schmelzeigenschaften. Weiter wurden das Aromaprofil sowie die sensorischen Eigenschaften der Käse in kaltem und geschmolzenen Zustand erfasst. Dank den in den letzten Jahren erzielten methodischen Fortschritten konnte erstmals auch das bakterielle Mikrobiom von Walliser Raclette GUB umfassend charakterisiert werden, wobei sowohl das Mikrobiom im Käseteig als auch das Rindenmikrobiom analysiert wurde. Ein Teil der gefundenen Unterschiede erklärt sich über die betriebsspezifischen Starterkulturen. Aber auch terroirspezifische Mikrobiota finden ihren Eingang über die Rohmilch in den Käse und tragen so zum Charakter dieses traditionellen Lebensmittels bei.

Das Mikrobiom im Teig der 21 untersuchten Käselaibe bestand zur Hauptsache aus zwölf Bakterienarten, deren relative Häufigkeit in den einzelnen Käse stark variierte (dargestellt sind nur jene 12 Bakterienarten, die in mindestens einem der 21 untersuchten Käse eine relative Häufigkeit von ≥ 1% aufwiesen).

Grosser Nutzen für die Praxis

Im Rahmen der durchgeführten Charakterisierung wurde eine Vielzahl von sortenspezifischen Referenzwerten erarbeitet. Solche Referenzwerte sind eine wertvolle Grundlage für die Käsereiberatung, wenn es darum geht, bei Qualitätsproblemen (z. B. Fehlgärungen durch unerwünschte Bakterien) die Ursachen für das Auftreten von Käsefehlern sicher zu identifizieren und Lösungsansätze für die Verbesserung der Käsequalität vorzuschlagen.

Fazit

  • Erstmals konnte auch das Mikrobiom einer Schweizer Käsesorte detailliert untersucht werden. Im Käseteig waren total 46 verschiedene Bakterienarten nachweisbar, das Rindenmikrobiom war mit 203 Arten wesentlich komplexer zusammengesetzt. Die häufigsten 12 Arten deckten im Käseteig über 98% des bakteriellen Mikrobioms ab. Die Mikrobiome wiesen grosse betriebsspezifische Unterschiede auf.
  • Das Aromaprofil von Walliser Raclette GUB wurde erstmals analytisch anhand von 53 geruchsaktiven Verbindungen erfasst, die 7 Aromafamilien zugeordnet wurden. Das Aromaprofil wurde massgebend durch flüchtige Carbonsäuren geprägt, die viel zum käsigen Geschmack beitragen.
  • Während der Reifung von Käse können biogene Amine entstehen, die gesundheitliche Probleme verursachen können. Erfreulicherweise wurden in den 21 untersuchten Walliser Raclette GUB nur moderate Gehalte an biogenen Aminen gefunden.
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