BFH-HAFL, Agridea

Wie Milchproduzentinnen und Milchproduzenten ihre Lebensqualität verbessern

Milchproduzentinnen und Milchproduzenten haben individuelle Strategien entwickelt, um ihre Lebensqualität zu erhalten oder zu verbessern. In einem Projekt der BFH-HAFL wurden diese vielfältigen Strategien erhoben und analysiert.

Schweizer Milchwirtschaftsbetriebe haben durch die Umstrukturierung des Sektors verschiedenartige Belastungen erlebt. Wie sich dies auf die Lebensqualität der betroffenen Bauernfamilien und somit auf die nachhaltige Entwicklung ihrer Betriebe auswirkt, wurde bisher kaum erforscht. Die BFH-HAFL untersuchte in Zusammenarbeit mit der AGRIDEA, welche Strategien Milchproduzentinnen und Milchproduzenten zur Verbesserung der Lebensqualität entwickelt haben.

Vielfältige Strategien

Die Interviews und Fokusgruppengespräche mit Personen von 16 Milchwirtschaftsbetrieben ergaben Strategien in fünf Bereichen:

  • Strategien im Bereich Arbeitsgestaltung bezwecken mehr freie Zeit für Erholung, Familie oder Planung, mehr Flexibilität oder weniger Angebundensein. Dies wird beispielsweise mit einer guten Stalleinrichtung, regelmässigen freien Tagen, einer guten Personenkonstellation auf dem Betrieb oder durch überbetriebliche Zusammenarbeit erreicht.
  • Im Bereich Arbeitserleichterung steht die sinnvolle Mechanisierung und Automatisierung des Betriebs oder des Haushalts im Vordergrund mit dem Ziel, körperlich anstrengende Arbeit zu reduzieren oder Zeit zu sparen.
  • Abgrenzung von der Arbeit und mehr Privatsphäre wird einerseits durch bauliche Massnahmen möglich (z. B. separater Wohnbereich für Lernende), andererseits durch organisatorische Massnahmen wie zeitweise räumliche Distanz zum Betrieb oder die reduzierte Erreichbarkeit in den Ferien.
  • Die Pflege sozialer Kontakte oder der Besuch von Arbeitskreisen sind Strategien der Horizonterweiterung, die der Betriebsblindheit entgegenwirken und die Selbstreflexion anregen.
  • Eine Anpassung der Betriebsausrichtung dient dazu, die Freude an der Arbeit zu erhalten sowie mehr Wertschätzung und/oder Rentabilität zu erreichen. Als Strategien wurden u.a. die Umstellung auf Bioproduktion oder die Reduktion, Auslagerung oder Aufgabe eines Betriebszweigs genannt.

Einige Strategien, die sich aus Sicht der Milchproduzierenden bewährten, sind einfach umsetzbar, andere verlangen viel Planungs- und Ressourcenaufwand. Die erhobenen Strategien können auch über den Milchwirtschaftssektor hinaus als Ideenkatalog dienen. Jede Produzentenfamilie muss jedoch ihre individuell passende Strategie finden. Darin kann die Beratung sie unterstützen.

Lebensqualität in der Beratung

Einige Beratungspersonen stellen in Beratungsgesprächen konsequent Fragen zur Lebensqualität, andere fühlen sich im Umgang mit dem Thema zu unerfahren. Dies zeigten Fokusgruppengespräche mit 15 landwirtschaftlichen Beratungspersonen. Die Lebensqualität ist mit vielen Aspekten auf betrieblicher, familiärer und persönlicher Ebene verbunden. Das Projekt empfiehlt deshalb, die Lebensqualität bei strategischen Entscheiden sowie in den Fachberatungen zu unterschiedlichen Themen gezielt einzubeziehen.

Fazit

  • Milchproduzentinnen und Milchproduzenten verbessern ihre Lebensqualität durch vielfältige Massnahmen in unterschiedlichen Bereichen.
  • Die Strategien reichen von kleinen Anpassungen, wie regelmässigen Pausen oder freien Wochenenden, über verschiedene überbetriebliche Zusammenarbeitsformen bis hin zur Anpassung der Betriebsstrategie, beispielsweise zum Vollweidesystem mit saisonaler Abkalbung.
  • Die Beratungsangebote und Erfahrungen zum Thema Lebensqualität variieren je nach Beratungsinstitution und Beratungsperson.
  • Um der wichtigen, aber individuellen Thematik Lebensqualität gerecht zu werden, sollte sie in Zukunft konsequent in jede Art der landwirtschaftlichen Beratung integriert werden. Kombiniert mit Fachthemen können die Angebote attraktiver gestaltet und Produzentinnen und Produzenten besser erreicht werden als heute.
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