Agroscope

Zunehmende Herausforderungen für die Ernährungssicherheit der Schweiz

Agroscope Science  |  Nr. 124 , 1-25, 2021

Agroscope analysiert im Auftrag des Bundesamtes für wirtschaftliche Landesversorgung BWL jährlich die Gefährdungen der Nahrungsmittelversorgung. Im Jahr 2021 wurden als besondere Risiken eine Strommangellage, die Saatgutimporte und der Klimawandel thematisiert.

Mit der jährlichen Beurteilung soll die Ernährungssicherheit in schweren Mangellagen bei lebenswichtigen Gütern in einem sich stetig verändernden Umfeld vorausschauend gesichert werden.

Produktionsrückgang und wachsende Bevölkerung

Die globale Nahrungsmittelproduktion kann gemäss Prognosen mittelfristig mit dem Bevölkerungswachstum mithalten. In der Schweiz ist dies hingegen nicht mehr der Fall: Während die Bevölkerungszahl weiter steigt, ist der Trend der Inlandproduktion seit einigen Jahren leicht rückläufig. Deshalb nimmt der Bedarf an Nahrungsmittelimporten tendenziell zu, obwohl der Pro-Kopf-Konsum im gleichen Zeitraum leicht gesunken ist.

Ernährungswirtschaft bleibt auch während der Pandemie resilient

Im Jahr 2020 hat die COVID-19-Pandemie in der Land- und Ernährungswirtschaft zu zahlreichen signifikanten Veränderungen der Warenflüsse im In- und Ausland geführt. Die internationalen Märkte erwiesen sich trotz logistischer Herausforderungen und Ausfuhr-Beschränkungen einzelner Länder als resilient, jedoch verschlechterte sich für ärmere Personen der Zugang zu einer ausreichenden Ernährung infolge ansteigender Nahrungsmittelpreise. In der Schweiz blieb die Versorgung mit lebenswichtigen Nahrungsmitteln durchgehend gewährleistet. Die Gastronomie erlitt aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen Einbussen von 20 bis 30 Prozent, während der Detailhandel Rekordumsätze verzeichnete. Der Fachbereich Ernährung der wirtschaftlichen Landesversorgung betrieb ab Februar 2020 ein ständiges Monitoring, um allfällige Anzeichen für eine drohende Mangellage bei wichtigen Nahrungs- oder Produktionsmitteln rasch erkennen zu können. Eine Notwendigkeit für ernährungsspezifische Massnahmen trat jedoch nicht ein.

Unsicherheiten und multiple Risiken nehmen zu

Die Land- und Ernährungswirtschaft bewegt sich in einem komplexer werdenden Umfeld. Einige der vielfältigen Gefährdungen für die Versorgungssicherheit könnten zukünftig an Bedeutung gewinnen:

Strommangellage: Sowohl die Wahrscheinlichkeit als auch das Schadensausmass einer schweren Strommangellage sind im Vergleich zu anderen Risiken besonders hoch. Die Versorgung mit lebensnotwendigen Nahrungsmitteln wäre massiv betroffen. Die Auswirkungen wären vielfältig und mit den heutigen Massnahmen des Fachbereichs Ernährung der wirtschaftlichen Landesversorgung nicht innert kurzer Frist überwindbar. Entsprechend kommt dem Notvorrat in den Haushalten grosse Bedeutung zu.

Produktionsmittel: Die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft ist auf die Verfügbarkeit von Produktionsmitteln angewiesen. Besonders hoch ist die Verletzlichkeit im Falle von Nahrungsmitteln bzw. Kulturen, deren Anbau mehrheitlich oder vollständig auf Saatgutimporten basiert.

Klimawandel: Wegen des Klimawandels wird in der landwirtschaftlichen Produktion eine erhöhte Volatilität erwartet.

Die aktuellen und zukünftigen Risiken für die Versorgungssicherheit werden Ende 2021 Gegenstand der alle vier Jahre erscheinenden Gefährdungsanalyse der wirtschaftlichen Landesversorgung sein.

Fazit

  • Die COVID-19-Pandemie bestätigte die – auch in Krisensituationen – hohe Ernährungssicherheit in der Schweiz.
  • Um die Versorgung in einer schweren Mangellage sicherzustellen, ist die Schweiz auf substanzielle Importe und damit auf die möglichst weitgehende Aufrechterhaltung der Handels- und Transportprozesse angewiesen.
  • Die Massnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit sind vorausschauend hinsichtlich der komplexer werdenden Gefährdungen zu überprüfen.
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