Agroscope

Mit optimaler Bestäubung zu mehr Kirschen und grösseren Äpfeln

Agroscope Science  |  Nr. 127, 1−48, 2021

Bestimmte Kulturen in der Schweiz können von arten- und individuenreicheren Wildbienengemeinschaften profitieren. Ein Bericht von Agroscope zeigt auf, wie dies erreicht werden könnte.

Im Jahr 2014 beschloss der Bundesrat den Nationalen Massnahmenplan für die Gesundheit der Bienen in der Schweiz. Nun fasst ein Bericht die u. a. vom Bundesamt für Landwirtschaft in Auftrag gegebenen Arbeiten von Agroscope und ihren Forschungspartnern zur Verbesserung der Datenlage, zu neuen Kenntnisse zu diesem Fragenkomplex und zu möglichen Massnahmen zur Förderung von Bienen und Bestäubungsleistungen zusammen.

Höherer Ertrag oder bessere Qualität möglich

Im Durchschnitt der Beobachtungen war die Bestäubung durch Wild- und Honigbienen in den meisten untersuchten Kulturen (Apfel, Kirsche, Raps, Ackerbohne, Himbeere) relativ gut. In einzelnen Kulturen sind jedoch teils signifikante Produktionssteigerungen durch verbesserte Insektenbestäubung möglich. Dazu gehört z. B. eine Erhöhung des mittleren Ertrags von Kirschen um 10 % oder die Erhöhung der Qualität des Ernteguts (z. B. 10 % grössere Äpfel der Sorte Gala; weniger deformierte Himbeeren), was wirtschaftlich für die Produzenten sehr relevant ist.

Die Honigbiene war in einigen Kulturen, insbesondere Apfel und Raps, die häufigste Bestäuberart, und sie war im Durchschnitt für ca. 50 % der Blütenbesuche verantwortlich. Hummeln waren mit Abstand die wichtigsten Bestäuber von Ackerbohnen und generell wichtige Bestäuber vieler Kulturen, dank ihrer meist hohen Bestäubungseffizienz und der Erbringung von Bestäubungsleistungen auch bei tiefen Temperaturen und schlechter Witterung.

Kirschen und Äpfel profitieren von Wildbienenvielfalt

Für die genauer untersuchten Kulturen Apfel und Kirsche zeigen die Untersuchungen, dass eine optimale Bestäubung hinsichtlich Ertrag und Qualität durch die Komplementarität von Honigbienen mit Arten- und individuenreichen Wildbienengemeinschaften erreicht wird. In der Kirschenproduktion wurden an Standorten mit einer hohen Anzahl von verschiedenen Wildbienengruppen und hoher Wildbienendiversität die höchsten Erträge erzielt, weil die Bestäubergemeinschaften dadurch Temperaturnischen optimal abdeckten.

Wildbienen können mit Hilfe von Blühstreifen gefördert werden. Die im Zuge des Nationalen Massnahmenplans für die Gesundheit der Bienen (2014, 2016) eingeführten Blühstreifen für Bestäuber werden hauptsächlich von polylektischen (generalistischen) Wildbienen und von Honigbienen als Nahrungsquelle genutzt. Sie können nachweislich den Reproduktionserfolg solcher Wildbienenarten fördern.

Frühes Blühangebot…

Für die meisten Wildbienenarten ist ein frühes Blühangebot im Jahr wichtig, was jedoch durch einjährige, im Frühjahr angesäte Blühstreifen kaum erreicht werden kann. Solche Blühstreifen sind vielmehr zur Reduktion der Trachtlücke im Sommer geeignet. Mehrjährige Blühstreifen und allenfalls im Herbst des Vorjahres angesäte Blühstreifen sind grundsätzlich besser geeignet, um ein frühes Blühangebot zu erreichen.

…und vielfältige Agrarlandschaft essenziell

Des Weiteren zeigen verschiedene Studien die Wichtigkeit vielfältiger Agrarlandschaften mit einem hohen Anteil an verschiedenen gehölzreichen, halb-natürlichen Habitaten wie artenreiche Waldränder und Hecken zusammen mit krautigen, blütenreichen Lebensräumen wie extensiv genutzte Wiesen, Buntbrachen oder Blühstreifen für Bestäuber.

Hilfreich wären robuste Vorhersagen von Bestäubern, Bestäubungsleistungen oder dem bestäubungsabhängigen Ertragssteigerungspotential in landwirtschaftlichen Kulturen mit Hilfe von räumlichen Modellen. Doch diese sind mit den zur Verfügung stehenden Daten und aufgrund der Komplexität an Einflussfaktoren nicht verlässlich möglich. Der Ansatz der räumlichen Modellierung wird deshalb für eine Vorhersage von Wildbienen und deren Bestäubungsleistungen nicht empfohlen. Direkte Datenerhebungen in Feld sind dafür unerlässlich.

Fazit

  • In einzelnen Kulturen, z. B. Kirschen, Äpfeln und Himbeeren, kann eine optimale Bestäubung den Ertrag oder die Qualität deutlich verbessern.
  • Die bestehenden einjährigen Blühstreifen für Bestäuber fördern den Reproduktionserfolg von generalisierten Wildbienenarten. Sie weisen aber kaum frühblühende Arten auf, die für die meisten, spezialisierten Wildbienenarten wichtig wären.
  • Ein frühes Blühangebot kann durch mehrjährige oder im Herbst angesäte Blühstreifen erreicht werden, die mit früh blühenden Pflanzenarten ergänzt werden.
  • Eine vielfältige Agrarlandschaft mit gehölz- und blütenreichen Lebensräumen ist für die Bestäubervielfalt essenziell.
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