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Das Konzept Freiluftkalb senkt den Antibiotikaverbrauch – ist es auch wirtschaftlich?

Eine Vetsuisse-Studie zeigt, dass mit dem Konzept Freiluftkalb der Antibiotikaverbrauch in der Kälbermast um 80 % reduziert wird. AGRIDEA hat die Wirtschaftlichkeit der Freiluftkalbhaltung geprüft und festgestellt, dass sie nicht mit der herkömmlichen Kälbermast mithalten kann.

Das von der Wiederkäuerklinik der Vetsuisse entwickelte Konzept Freiluftkalb (FLK) sieht im Wesentlichen vor, dass Mastremonten direkt bei benachbarten Produzentinnen und Produzenten gekauft und selbst auf den Mastbetrieb transportiert werden, dass sie dort zuerst geimpft werden und mindestens drei Wochen Quarantäne in Einzeliglus durchlaufen und anschliessend in Mastgruppen von maximal zehn Tieren in Freiluftställen (überdachter Auslauf mit Gruppeniglu) ausgemästet werden.

Ergebnisse der Vetsuisse-Studie

Zwischen Herbst 2016 und Sommer 2018 hat die Vetsuisse auf insgesamt 38 Kälbermastbetrieben Daten erhoben. Die Hälfte dieser Betriebe hat das Konzept FLK befolgt, die anderen 19 Betriebe dienten als Kontrolle und haben nach traditioneller Methode gemäss IP-Suisse Richtlinien gemästet (TKM). Die Auswertung dieses Versuchs hat ergeben, dass sich mit dem Konzept FLK der Verbrauch von Antibiotika im Vergleich zur TKM-Haltung um 80 % und die Kälbersterblichkeit um 50 % senken lassen.

Prüfung der Wirtschaftlichkeit

Nach Publikation dieser Studienergebnisse hat die AGRIDEA anhand der Versuchsdaten von Vetsuisse die Wirtschaftlichkeit der beiden Versuchsgruppen berechnet und verglichen. Als Vergleichskriterium wurde ein erweiterter Deckungsbeitrag (DB) herangezogen (Schema siehe Tabelle 1). Als weitere Kennzahl wurde auch ein DB inkl. Maschinen, Einrichtungen, Bauten und Beiträge je Arbeitsstunde errechnet.

Weil die Erhebung der Vetsuisse bei betriebswirtschaftlichen Grunddaten Lücken aufweist, mussten für die Berechnung der Vergleichszahlen diverse Annahmen getroffen respektive statistische Werte eingesetzt werden.

Freiluftkalb weniger wirtschaftlich

Der DB-Vergleich mit den Versuchsergebnissen (Tabelle 1) hat ergeben, dass das Konzept Freiluftkalb weniger wirtschaftlich ist als die traditionelle Kälbermast.

Zwar zeigt die FLK-Haltung dank weniger Tierverlusten sowie tieferen Remontierungs- und Gesundheitskosten Vorteile, diese werden aber durch eine reduzierte Leistung und deutlich höhere Arbeitskosten mehr als aufgewogen. Auch beim Vergleich des Deckungsbeitrags pro Arbeitseinsatz erzielt das Konzept FLK ein wirtschaftlich weniger gutes Resultat.

Fazit

  • Beim vergleichbaren Deckungsbeitrag erzielt das Konzept Freiluftkalb ein besseres Ergebnis als die traditionelle Kälbermast.
  • Beim erweiterten Deckungsbeitrag, der auch die Kosten für Maschinen, Einrichtungen, Bauten und Arbeit in Abzug bringt, zeigt das Konzept Freiluftkalb ein wirtschaftlich klar schlechteres Resultat.
  • Wird der erweiterte Deckungsbeitrag pro Arbeitseinsatz der beiden Kälbermastkonzepte verglichen, so schneidet die Freiluftkalbhaltung ökonomisch schlechter ab als die traditionelle Kälbermast.
  • Das Konzept Freiluftkalb dürfte deshalb in der Praxis nur eine Chance haben, wenn es durch wirtschaftliche Anreize gefördert oder mithilfe von gesetzlichen Geboten durchgesetzt wird.


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