BFH-HAFL, Vetsuisse-Fakultät Universität Bern, IG Arbeitspferde Schweiz

Pferdenutzung: Leistung und Wohlbefinden bei Arbeitspferden – eine Pilotstudie

Pferdeheilkunde – Equine Medicine

Sowohl im Sport als auch in der alternativen Landwirtschaft werden Pferde wieder vermehrt als Zugtiere eingesetzt. Auch bei Zugpferden kommt der effizienten Kraftübertragung eine wichtige Rolle hinsichtlich des Wohlbefindens zu.

Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) kommt in Industrieländern auf 26 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche tierische Zugkraft zum Einsatz, in Entwicklungsländern beläuft sich dieser Wert auf 52 %. Mit der Nutzung des Pferdes auf landwirtschaftlichen Betrieben stellen sich Fragen zur Gesundheit und zum Wohlbefinden der Tiere. Zu diesen Fragestellungen wurden Evaluationssysteme erarbeitet. Es ist bekannt, dass gesunde Arbeitstiere mit gutem Wohlbefinden nachhaltiger zum Lebensunterhalt ihrer Besitzerinnen und Besitzer beitragen als Arbeitstiere mit geringem Gesundheits- und Tierwohlstatus. Bei Zugtieren führt die effiziente Kraftübertragung zu mehr Tierwohl, weil die Tiere dadurch weniger schnell ermüden.

Ziel der Untersuchung war die Einstufung der Leistung von Arbeitspferden im Hinblick auf ihre physische und psychische Belastung. Zwei definierte Zugkraftstärken (1300 N und 2600 N = SOLL) wurden bei zwei Zweiergespannen mit Freibergern am gebremsten und geladenen Wagen (Titelfoto) kontinuierlich während einer je 30 Minuten andauernden Belastung aufgezeichnet und die geleistete Arbeit der Pferde beurteilt.

Abb. 1: Die Zugkraft wurde über einen Zugkraftsensor auf dem Wagen und die Geschwindigkeit über GPS kontinuierlich gemessen und aufgezeichnet. (Foto: Conny Herholz, BFH-HAFL)

Leistungscheck bei zwei Freibergergespannen

Für den Arbeitseinsatz wurden vier Freibergerpferde verwendet, die regelmässig zu landwirtschaftlichen Arbeiten eingesetzt werden. Das erste Gespann (Gespann 1/2) bestand aus den beiden Stuten Hamira (8 Jahre, 560 kg KGW) und Laiana (6 Jahre, 600 kg KGW), das zweite Gespann (Gespann 3/4) aus dem Wallach Quinto (11 Jahre, 550 kg KGW) und der Stute Gana (16 Jahre, 600 kg KGW). Die Zugkraft (N) wurde über einen Zugkraftsensor auf dem Wagen (Abb. 1) und die Geschwindigkeit (m/s) über GPS kontinuierlich gemessen und mit einem Computer aufgezeichnet. Die Herzfrequenzen der Pferde wurden kontinuierlich mit Pulsuhren gemessen und anschliessend ausgewertet (Polar, V800, Abb. 2). Nach Ende der jeweiligen Zugleistungen wurden die Erholungsherzfrequenzen ebenfalls bestimmt. Zur Einschätzung der Belastung einschliesslich einer möglichen psychischen Komponente wurden vor, während und nach der Arbeit (0,15, 30 und 60 min) Blutproben entnommen und Cortisol, Glucose sowie freie Fettsäuren (FFS) analysiert.

Abb. 2: Die Herzfrequenzen der Pferde wurden kontinuierlich mit Pulsuhren gemessen und anschliessend ausgewertet. (Foto: Conny Herholz, BFH-HAFL)

Hauptergebnisse

  • Die durchschnittlichen aufgezeichneten Zugkräfte entsprachen den Sollwerten (1300 N bzw. 2600 N) zufriedenstellend, wobei der gemessene Ist-Durchschnittswert bei der ersten Belastungsstufe für Gespann 1/2 bei 1148 N (Soll 1300 N) lag bzw. bei 2543 N (Soll 2600 N). Bei Gespann 3/4 lag der gemessene Ist-Durchschnittswert bei 1246 N (1300 N Soll) und 2538 N (2600 N Soll).
  • Bei beiden Zugkraftstärken und bei beiden Gespannen lag die Geschwindigkeit im Durchschnitt gerundet zwischen 5 und 6 km/h.
  • Aus den Zugkräften und den Geschwindigkeiten ergaben sich pro Pferd Zugleistungen von 813 bzw. 2095 Watt (1,11 bzw. 2,85 PS) bei Gespann 1/2 und 919 bzw. 1934 Watt (1,25 bzw. 2,63 PS) pro Pferd bei Gespann 3/4.
  • Die erhobenen Herzfrequenzen wiesen auf mittlere bis hohe Arbeitsintensitäten hin.
  • Es konnten signifikante Korrelationen zwischen der Herzfrequenz und der Cortisolkonzentration (mmol/l) im Blut (r = 0,64, p < 0,05) sowie zwischen der Herzfrequenz und der Konzentration der FFS (mmol/l) im Blut (r = 0,53, p < 0,05) ermittelt werden.

Fazit

  • Die kontinuierliche Aufzeichnung der Zugkraft von 1300 N und 2600 N mit dem Dynamometer bei zwei Freibergergespannen erlaubte in Kombination mit der Herzfrequenzmessung und der Erhebung von Cortisol-, FFS- und Glucose-Werten im Blut die Einstufung der Leistung im Hinblick auf ihre physische und psychische Belastung.
  • Da Herzfrequenzen und Cortisol-, bzw. FFS-Werte positiv korreliert waren, konnte von einer ausgeglichenen Aktivierung des adrenergen Systems* und der HPA (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinde) -Achse ausgegangen werden, so dass eine psychische Belastungskomponente als unwahrscheinlich erschien.
  • Geringere Cortisolanstiege während der Belastung beim älteren Gespann weisen darauf hin, dass Erfahrung und Training mögliche psychische Stresssituationen reduzieren.

* Adrenerges System: Alle Nervenzellen, deren Botenstoffe  Noradrenalin oder Adrenalin sind.

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