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Pflanzenschutz im Apfelanbau: ökologische und ökonomische Auswirkungen verschiedener Strategien

Agroscope hat Pflanzenschutzstrategien im Apfelanbau verglichen. Durch die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln verminderten sich die lokalen ökotoxikologischen Risiken, es ergaben sich aber andere Zielkonflikte bezüglich Umwelt und Wirtschaftlichkeit.

Pflanzenschutzmittel (PSM) werden eingesetzt, um Pflanzen vor Schadorganismen zu schützen und so Erträge und Qualität der Erntegüter zu sichern. Die Anwendung von PSM kann aber auch unerwünschte Auswirkungen auf die Umwelt haben. Apfelanlagen weisen hohe Erträge auf, Äpfel gehören aber auch zu den Kulturen mit der höchsten Behandlungsintensität und den höchsten pro Hektar ausgebrachten PSM-Mengen. Dies liegt zum einen daran, dass das Befallsrisiko bei mehrjährigen Kulturen erhöht ist und zum anderen daran, dass Tafeläpfel lange haltbar sein sollen, da sie mehrere Monate eingelagert werden. Andererseits bestehen hohe Qualitätsanforderungen seitens Handel und Konsum. Um den Einsatz und die Risiken von PSM im Apfelanbau verringern zu können, sind daher alternative Pflanzenschutzmassnahmen erforderlich. Neu entwickelte innovative Pflanzenschutzstrategien nutzen beispielsweise Folien, um Apfelplantagen vor Regen (und damit vor Pilzkrankheiten) zu schützen, und Insektennetze, um Schädlinge aus der Anlage fernzuhalten. Manche alternativen Pflanzenschutzmassnahmen verursachen jedoch einen höheren Einsatz von Material, Energie, Arbeit und finanziellen Mitteln. Dies kann potentiell zu anderen Umweltauswirkungen und höheren finanziellen Kosten führen. Darüber hinaus sind alternative Pflanzenschutzmassnahmen oft weniger wirksam als chemische Mittel, was zu geringeren Erträgen oder schlechterer Qualität der Früchte führen kann.

Zielkonflikte im Apfelanbau zwischen Ökologie und Ökonomie

Um mögliche Zielkonflikte im schweizerischen Apfelanbau zu identifizieren, wurden drei exemplarische Pflanzenschutzstrategien mit einer Referenzstrategie verglichen:

  • Referenzstrategie: durchschnittlicher Anbau in der Schweiz im Jahr 2018 nach den Richtlinien des ökologischen Leistungsnachweises (ÖLN),
  • Innovative Strategie: reduzierter PSM-Einsatz ohne Ertragseinbussen, unter Verwendung von robusten Sorten, Regenfolie, Insektennetz, alternativen PSM und mechanischer Unkrautbekämpfung,
  • Konventionelle Strategie: maximale Erträge mittels zusätzlichem Einsatz von PSM, Dünger und Bewässerung,
  • Biologische Strategie: Produktion nach Bio-Richtlinie bezüglich PSM-Einsatz und Düngung, mit rund einem Drittel tieferen Erträgen aber doppelt so hohen Produzentenpreisen für Äpfel.

Der Vergleich der Pflanzenschutzstrategien basiert auf der Berechnung von 13 Indikatoren, die sowohl ökotoxikologische Risiken als auch ökologische und wirtschaftliche Auswirkungen abdecken (Abb. 1).

  • Mit der innovativen Strategie liess sich im Vergleich zur Referenzstrategie der Einsatz und die Risiken von PSM reduzieren. Das führte aber zu höheren Treibhausgasemissionen und einem geringeren Arbeitseinkommen, vor allem aufgrund von Kosten und Emissionen verbunden mit der Regenfolie und dem Insektennetz.
  • Mit der konventionellen Strategie wurde ein höheres Arbeitseinkommen erzielt, aber auch höhere Treibhausgasemissionen verursacht (vor allem durch die Bewässerung) und die Biodiversität reduziert.
  • Mit der biologischen Strategie konnten der Einsatz und die Risiken von PSM reduziert und ein höheres Arbeitseinkommen erzielt werden. Dies führte jedoch zu höheren Umweltauswirkungen pro kg Apfel, vor allem wegen der geringeren Erträge.
Abbildung 1: Multikriterielle Bewertung: Abschneiden der Strategien im Vergleich zur Referenzstrategie (pinker Kreis) für die 13 untersuchten Indikatoren aus den vier Bereichen PSM-Einsatz, lokale Risiken, Ökobilanzierung und Ökonomie. Jeder Kreis steht für eine Stufe des relativen Vergleichs mit der Referenzstrategie, je länger das Segment, desto besser schneidet die Strategie ab. Grauer und weisser Bereich stehen für schlechteres bzw. besseres Abschneiden im Vergleich zur Referenzstrategie.

Fazit

  • Die untersuchten Pflanzenschutzstrategien im Apfelanbau zeigten verschiedene Vor- und Nachteile bezüglich ökotoxikologischer Risiken, globaler Umweltauswirkungen und Wirtschaftlichkeit.
  • Keine der untersuchten Pflanzenschutzstrategien schnitt bei allen berücksichtigten Indikatoren besser ab als alle anderen Strategien.
  • Der multikriterielle Bewertungsansatz zeigt auf, welche Indikatoren in den einzelnen Strategien verbessert werden müssen, damit der Pflanzenschutz von Äpfeln nachhaltiger wird.
  • In der innovativen und der biologischen Strategie können die lokalen ökotoxikologischen Risiken stark reduziert werden, aber zum Teil auf Kosten anderer Umweltauswirkungen und der ökonomischen Performance.
  • Eine Reduktion des PSM-Einsatzes mit Hilfe von Regendach und Insektennetz (Innovative Strategie) rentiert betriebswirtschaftlich nur mit zusätzlichen Anreizen, wie höheren Verkaufspreisen für Äpfel.
  • Ein Verzicht auf fossile Brennstoffe könnte die Treibhausgasemissionen der innovativen Strategie deutlich reduzieren.
  • Grundsätzlich ist es sinnvoll, bei der Optimierung von Pflanzenschutzstrategien verschiedene Kriterien zu berücksichtigen statt auf einzelne Aspekte zu fokussieren.
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