Agroscope, IP-SUISSE

Mit Pflanzenschutz im Gemüsebau punkten

Agroscope hat ein Punktesystem für den Pflanzenschutz im Gemüsebau entwickelt. Damit können Anreize geschaffen werden, den Einsatz und die Umweltrisiken von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren und vorbeugende und nicht-chemische Massnahmen zu fördern.

Der Pflanzenschutz im Schweizer Freilandgemüsebau ist anspruchsvoll, da viele Gemüsekulturen anfällig für Krankheiten und Schädlinge sind und zudem hohe Qualitätsansprüche von Seiten des Handels sowie der Konsumentinnen und Konsumenten bestehen. Daher werden in den meisten Gemüsekulturen deutlich mehr Pflanzenschutzmittel (PSM) eingesetzt als in Ackerkulturen.

Mit einem Punktesystem – analog zum bereits etablierten Biodiversitäts-Punktesystem von IP-SUISSE – könnten Anreize geschaffen werden, den Einsatz und die Umweltrisiken von PSM im Gemüsebau zu reduzieren, indem die Pflanzen vermehrt mit vorbeugenden und nicht-chemischen Massnahmen geschützt werden. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurden im Austausch mit IP-SUISSE die wissenschaftlichen Grundlagen für ein solches Punktesystem geschaffen, das künftig beispielsweise im Gemüseanbau von IP-SUISSE angewendet werden könnte.

Punktesystem besteht aus drei Teilen

Das Punktesystem sieht vor, dass ein Betrieb in jedem von drei bewerteten Bereichen separat Punkte sammelt:

1. vorbeugende und nicht-chemische Pflanzenschutzmassnahmen

2. Umweltrisiken von Pflanzenschutzmitteln

3. Massnahmen zur Risikominderung

Massnahmen im Bereich des vorbeugenden und nicht-chemischen Pflanzenschutzes sowie der Risikominderung beim Einsatz von PSM werden positiv bewertet. Je wirksamer die umgesetzten Massnahmen sind, desto mehr Punkte können damit erreicht werden. Der Einsatz von PSM und die damit verbundenen Umweltrisiken werden negativ bewertet. Je höher die potentiellen Risiken der eingesetzten Wirkstoffe sind, desto grösser ist die Anzahl der Negativpunkte. Wie hoch die Punkteanforderungen für jeden Bereich sein sollen, müsste vor einer allfälligen Implementierung eines solchen Punktesystems, zum Beispiel im Label der IP-SUISSE, definiert werden.

Für die Entwicklung des Punktesystems wurden die einzelnen vorbeugenden und nicht-chemischen Pflanzenschutzmassnahmen in einem mehrstufigen Prozess bewertet. 29 Massnahmen für 13 Gemüsekulturen wurden von Experten beurteilt und je nach ihrer Wirksamkeit mit einer Punktzahl von eins bis acht versehen. Zudem wurden für schwierig umsetzbare Massnahmen bis zu zwei Zusatzpunkte vergeben.

Um die Umweltrisiken von PSM zu bewerten, wurden Negativpunkte für PSM-Wirkstoffe berechnet. Hierzu wurden die Risikoscores für Oberflächengewässer, naturnahe Lebensräume und Grundwasser verwendet, die Agroscope bereits für andere agrarpolitische Fragestellungen entwickelt hat. Für jedes der drei Umweltkompartimente wurde der Wirkstoff mit den höchsten Risiken mit 10 Negativpunkten bewertet, die anderen Wirkstoffe entsprechend mit weniger Punkten. Anschliessend wurden pro Wirkstoff die Negativpunkte aus den drei Umweltkompartimenten addiert. Für Wirkstoffe mit den geringsten Risikopotentialen wurde schliesslich eine Untergrenze von 0,5 Negativpunkten eingeführt.

Zusätzlich wurden 20 mögliche Massnahmen zur Risikominderung bei der Anwendung von PSM im Gemüsebau zusammengestellt. Dazu gehören allgemeingültige (z. B. abdriftmindernde Düsen) sowie parzellenspezifische Massnahmen (z. B. Pufferstreifen im Feld neben Gewässern). Für die Umsetzung wurden je nach Wirksamkeit einer Massnahme 0,5 bis drei Punkte vergeben. Ebenfalls wurden hier für Massnahmen, die im Gemüsebau besonders schwierig umzusetzen sind, bis zu zwei zusätzliche Punkte vergeben.

Umweltrisiken gezielt reduzieren

Das Punktesystem wurde getestet, indem für 22 IP-SUISSE-Gemüsebaubetriebe die Punkte für den chemischen und nicht-chemischen Pflanzenschutz berechnet wurden. Es zeigte sich, dass zwar bereits verschiedene vorbeugende und nicht-chemische Massnahmen umgesetzt wurden, aber Potential besteht um solche Massnahmen mit einem Punktesystem gezielt zu fördern. Zudem wurden in Betrieben, die schon viele vorbeugende und nicht-chemische Massnahmen umsetzten, nicht unbedingt ein geringerer Einsatz von PSM und ein tieferes Umweltrisiko beobachtet. Auch hier könnte ein Punktesystem dazu beitragen, die Risiken der PSM-Anwendung gezielt zu reduzieren.

Neben einer wissenschaftlichen Publikation wurden zudem Informationsblätter für Beratungsdienste und Betriebe zur Wirksamkeit von vorbeugenden und nicht-chemischen Massnahmen im Gemüsebau erstellt.

Fazit

  • Das Punktesystem dient dazu, Anreize zu setzen, die Kulturen verstärkt durch vorbeugende und nicht-chemische Massnahmen zu schützen, den Einsatz von besonders risikoreichen PSM zu vermeiden und das Umweltrisiko des verbleibenden PSM-Einsatzes durch Risikominderungsmassnahmen zu verringern.
  • Das Punktesystem sieht vor, dass ein Betrieb durch eine flexible Auswahl von Massnahmen in jedem der folgenden drei Bereiche separat Punkte sammelt: vorbeugende und nicht-chemische Massnahmen, Umweltrisiken von PSM und Massnahmen zur Risikominderung.
  • Eine Umfrage bei 22 Gemüsebaubetrieben ergab, dass Potential besteht, mit einem Punktesystem vorbeugende und nicht-chemische Massnahmen zu fördern und die Risiken gezielt zu senken, selbst bei Betrieben, welche bereits zahlreiche nicht-chemischen Massnahmen verwenden.  
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