Agroscope

Das Bakterium Morganella morganii bildet biogene Amine in Raclette-Käse

Biogene Amine in Lebensmitteln stellen ein Gesundheitsrisiko dar. Forschende von Agroscope und INRAE untersuchten in Raclette-Käse die Bildung dieser unerwünschten Stoffe durch das Bakterium Morganella morganii.

Wenn die Wissenschaft die Vielfalt der Bakterien in Käse untersucht, findet sie neben anderen auch Morganella morganii. Dabei handelt es sich um ein gramnegatives Bakterium, das regelmässig in der Umwelt und im Darmtrakt von Säugetieren anzutreffen ist. In Fischprodukten ist es unerwünscht, da es hohe Mengen des biogenen Amins Histamin bildet. Diese Substanz kann bei Verzehr vergiftungsähnliche Symptome (z. B. Bauch- und Kopfschmerzen und Hautrötungen) hervorrufen. Forschende von Agroscope und dem französischen Forschungsinstitut INRAE sind der Frage nachgegangen, ob Morganellamorganii, welche aus Käse isoliert wurden, ebenfalls Histamin in Käse bilden können. Laborversuche im Reagenzglas zeigten, dass die Käse-Isolate Histamin aber auch Putrescin und Cadaverin bilden. Die beiden zuletzt genannten Substanzen gehören ebenfalls zu den biogenen Aminen und können die Wirkung von gleichzeitig verzehrtem Histamin verstärken.

Studie weist auf Gesundheitsrisiko von Morganella morganii in Käse hin

In den Versuchen stellten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schmieregereifte Raclette-Käse her. Für die Käseherstellung impften sie pasteurisierte Milch mit Morganella morganii an und verarbeiteten sie anschliessend zu Raclette-Käse. Zur Kontrolle stellten sie ebenfalls Raclette-Käse ohne Morganella morganii her. Während der Käsereifung, welche über 130 Tage erfolgte, entnahmen die Forschenden zu verschiedenen Zeitpunkten Probematerial von der Rinde und dem Teig. Darin ermittelten sie einerseits die Keimzahlen von Morganella morganii undandererseits die Menge biogener Amine.

Der Versuch zeigte, dass Morganella morganii den Verarbeitungsprozess überlebte und sich während der ersten 24 Stunden vervielfältigte. Am Ende der Reifung konnten die Forschenden nur noch in der Rinde lebende Zellen nachweisen. Im Gegensatz zu den Kontrollkäsen akkumulierten sich Putrescin und Cadaverin in den Käsen mit Morganella morganii. Die Cadaveringehalte waren in der Rinde (310 mg/kg) deutlich höher als im Käseinneren (160 mg/kg). Auch Histamin detektierten die Forschenden in den Käsen mit Morganella morganii, jedoch in niedrigen Konzentrationen (< 50 mg/kg).

Regelmässige Anwendung von spezifischen Nachweismethoden für Morganella morganii wäre sinnvoll

Auch wenn es keine Grenzwerte für biogene Amine in Käse gibt, ist auf Basis dieser Ergebnisse Morganella morganii als ein unerwünschtes Bakterium für Käse anzusehen. Es gibt bisher keine Daten über die Verbreitung dieses Bakteriums in Schweizer Käsen. Auf Selektivagar, der für den quantitativen Nachweis von Enterobakterien verwendet wird, wächst Morganella morganii sehr gut. Die Enterobakterien sind Hygieneindikatorbakterien in vielen Lebensmittel. Bei der Bestimmung der Keimzahlen dieser Bakterien in Käseprodukten, wird Morganella morganii bisher vermutlich oft übersehen. Die für die Studie entwickelten Nachweismethoden können eingesetzt werden, um Morganella morganii spezifisch und quantitativ in Käse nachzuweisen. So lässt sich einerseits die Verbreitung als auch der Ursprung von Morganella morganii in Milchprodukten künftig vertieft verfolgen und untersuchen.

Fazit

  • Das Bakterium Morganella morganii wächst gut in Käse.
  • Falls Morganella morganii in Käse vorhanden ist, kann es biogene Amine, vor allem Putrescin und Cadaverin, bilden.
  • Es braucht weitere Forschung, um die Kontaminationsquellen und die Verbreitung dieses Bakteriums in Käsereien zu kennen.
  • Um das Gesundheitsrisiko für die Konsumentinnen und Konsumenten besser beurteilen zu können, sollten zudem Sicherheitsfragen zu dieser Bakterienart abgeklärt werden.
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