Agroscope, BFH-HAFL

Bergmilchproduktion mit Zweinutzungskühen – alter Zopf oder wieder rentabel?

Auch in der Bergregion haben sich milchbetonte Kuhrassen durchgesetzt. Betriebe mit der Zweinutzungsrasse ‘Original-Simmentaler’ erweisen sich jedoch als wirtschaftlich interessant: Geringere Kosten und höhere Direktzahlungen kompensieren den kleineren Erlös aus der Milch.

In der Schweizer Bergregion wurden im Zuge des züchterischen Fortschritts zunehmend milchbetontere Kuhtypen gezüchtet, während Zweinutzungsrassen ins Hintertreffen gerieten. Mit dieser Entwicklung wurden sekundäre Leistungsmerkmale wie Fruchtbarkeit, Gesundheit und Nutzungsdauer als weniger wichtig erachtet. Mit dem geringeren Fleischansatz reduzierten sich auch die Körperreserven, welche bei kargen Futterverhältnissen etwa in Sömmerungsgebieten nützlich waren.

Die Studie untersuchte die Wirtschaftlichkeit der alten Zweinutzungsrasse Original-Simmentaler (OS). Hierzu wurden 19 zufällig auswählte (OS-)Betriebe anhand von mehrjährigen Buchhaltungsdaten (2018-2020) und Interviews einer detaillierten Betriebszweiganalyse unterzogen und einer Vergleichsgruppe von 56 (ZA-) Betrieben aus der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten (Agroscope) gegenübergestellt.

Höhere Nebenerlöse, tiefere Kosten, weniger Arbeit

Eine Original-Simmentaler Kuh gab in der Studie mit 5’559 kg pro Jahr fast 2’000 kg weniger Milch als der eher milchbetonte Kuhtyp der ZA-Betriebe (7’384 kg). Doch konnte auf den OS-Betrieben der entsprechende Mindererlös in der Milch durch höhere Nebenerlöse aus dem Tierverkauf und den Direktzahlungen mehr als kompensiert werden, wobei bei etwa gleich vielen Kühen und Kälbern deutlich weniger Milch für die Kälber abgezweigt wurde. Die höheren Direktzahlungen waren insbesondere auf deutlich höhere Biodiversitätsbeiträge zurückzuführen. Sowohl die absoluten Direktkosten wie auch die Strukturkosten lagen bei den OS-Betrieben um 22 % bzw. 12 % tiefer als bei den Vergleichsbetrieben. Dabei wendeten die OS-Betriebe im Durchschnitt pro Kuh und Jahr 52 Stunden (-19 %) weniger Arbeit auf.

Original-Simmentaler gut an die Bergregion angepasst

Die OS-Betriebe erreichten bei einem ähnlichen Deckungsbeitrag absolut ein um 60 % höheres Jahreseinkommen aus der Milchviehhaltung. Bezogen auf die Fläche generierten sie ein um 34 % höheres Flächeneinkommen (Fr. 2954 vs. Fr. 2198) und je Arbeitsstunde eine um 76 % höhere Arbeitsverwertung (Fr. 18.70 vs. Fr. 10.60). Die besseren Ergebnisse stehen zumindest indirekt auch in Zusammenhang mit dem Kuhtyp, da geringere Einzeltierleistungen bei gleichzeitig guten Fruchtbarkeits- und Fitnesseigenschaften eine standortangepasste Produktion mit extensivem Futterbau, Weidehaltung und saisonaler Abkalbung ermöglichen. Damit wurden die vorhandenen lokalen Ressourcen wie Sömmerungsflächen oder Biodiversität offensichtlich wirtschaftlich erfolgreich in Wert gesetzt.

Fazit

  • Die hohe Differenz in der Einzeltierleistung zwischen einer eher milchbetonten Kuh und einer Zweinutzungsrasse lässt den Schluss zu, dass in der Bergregion eine milchbetonte Kuh per se heute nicht mehr zu einer besseren Wirtschaftlichkeit beiträgt.
  • Die Zweinutzungsrasse ‘Original Simmentaler’ scheint eine wirtschaftlich interessante Option zu sein, indem ihre gute Anpassung an den Standort…
    • ein arbeitssparendes Management erlaubt;
    • mehr extensive Flächen ermöglicht, welche Biodiversitätszahlungen auslösen;
    • die Direktkosten tief hält.
  • Sekundäre Leistungsmerkmale wie Gesundheit und Fruchtbarkeit sollten in der Zuchtselektion erhalten oder gar weiter verstärkt werden, wobei auch das Kuhgewicht angesichts der topografischen Gegebenheiten im Auge behalten werden muss.
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