Agroscope, Universität Bern, Thünen-Institut, Universität Bonn

Milchkühe: Schweizer Betriebe zur Trockenstellpraxis befragt

Hohe Milchleistungen vor dem Trockenstellen erhöhen das Risiko für Euterinfektionen in der Galtzeit. Eine Onlineumfrage zeigt auf, welche Trockenstellmethoden aktuell verwendet werden und wie die Landwirte den Ansatz des unvollständigen Melkens zur Verringerung der Milchleistung beurteilen.

Der Übergang von der Laktation in die Zeit des Trockenstehens ist eine empfindliche Phase für Milchkühe und geht einher mit einer erhöhten Anfälligkeit für Euterentzündungen. Da hohe Milchleistungen zum Zeitpunkt des Trockenstellens immer häufiger vorkommen, ist der Prozess mit einem erhöhten Risiko für die Gesundheit und das Wohlergehen der Kühe verbunden. Das unvollständige Melken in den letzten Tagen vor dem Trockenstellen ist ein Ansatz zur Reduzierung der Milchproduktion als Vorbereitung für die Galtphase.

Wie stellen Schweizer Milchviehbetriebe ihre Kühe trocken?

Agroscope hat zusammen mit der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern eine Online-Umfrage durchgeführt, um die derzeitige Praxis des Trockenstellens auf Schweizer Milchviehbetrieben zu ermitteln und das Potenzial für die Einführung des unvollständigen Melkens vor dem Trockenstellen zu bestimmen. Im März 2021 wurde eine Online-Umfrage an eine repräsentative Stichprobe von 1’974 Schweizer Milchviehhaltern verschickt. Insgesamt wurden 518 ausgefüllte Fragebögen ausgewertet.

Fünfunddreissig Prozent der Kühe produzierten beim Trockenstellen noch beträchtliche Milchmengen (>15 kg/d), und die Milchleistung zum Zeitpunkt des Trockenstellens stieg mit zunehmender Jahresmilchleistung.

Knapp die Hälfte der Betriebe stellt die Kühe abrupt trocken

Das abrupte Trockenstellen wurde in 45 % der Betriebe angewandt. Die Teilnehmenden berichteten über Verhaltensänderungen der Kühe, wie z. B. vermehrte Lautäusserungen und verringerte Liegezeiten im Zusammenhang mit dem Trockenstellen. Selektives Trockenstellen wurde in 74 % der Betriebe angewandt, und 44 % der Befragten gaben an, dass Antibiotika beim Trockenstellen “eher oft”, “oft” oder “immer” eingesetzt wurden.

Die Korrelationsanalyse ergab, dass mit steigender jährlicher Milchleistung auch die Häufigkeit der beobachteten Verhaltensänderungen und des Antibiotikaeinsatzes beim Trockenstellen zunahm. Daher werden Konzepte für das Trockenstellen benötigt, die die Milchproduktion vor der Galtphase reduzieren und gleichzeitig das Wohlergehen der Kühe unterstützen.

Landwirte interessieren sich für neue Ansätze beim Trockenstellen

Wir haben festgestellt, dass die Landwirte daran interessiert sind, den vorgestellten Ansatz des unvollständigen Ausmelkens zu testen. Darüber hinaus gaben die Landwirte an, dass sie eher bereit wären, das unvollständige Melken vor dem Trockenstellen zu testen, wenn es für den automatischen Einsatz in Melkständen oder Robotern verfügbar wäre. Unsicherheiten in Bezug auf die Eutergesundheit schienen das Haupthindernis für die Einführung dieses Ansatzes zu sein.

Fazit

  • Mit steigender jährlicher Milchleistung der Kühe nimmt auch die Häufigkeit der beobachteten Verhaltensänderungen und des Antibiotikaeinsatzes beim Trockenstellen zu.
  • Es besteht ein Bedarf an alternativen Ansätzen zur Reduzierung der Milchproduktion vor dem Trockenstellen bei gleichzeitiger Wahrung des Wohlbefindens der Kühe.
  • Die Landwirte zeigen Interesse an der Erprobung eines alternativen Ansatzes auf der Grundlage des unvollständigen Melkens, insbesondere wenn die Unsicherheiten hinsichtlich der Eutergesundheit beseitigt werden können.
  • Unvollständiges Melken kann dazu beitragen, die Milchproduktion vor der Galtphase zu reduzieren und somit den Antibiotikaeinsatz beim Trockenstellen zu verringern. Dies hilft, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Kühe zu erhalten.
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