Agroscope, ETH Zürich

Biodiversitätsindikatoren für ergebnisorientierte Agrarumweltprogramme: ein Überblick

Wer Biodiversität in der Landwirtschaft mittels ergebnisorientierter Programme fördern will, braucht aussagekräftige Indikatoren. Ein Überblick über vorgeschlagene und verwendete Indikatoren zeigt Entwicklungen und Herausforderungen auf.

Agrarumweltprogramme, an denen Landwirtinnen und Landwirte teilnehmen können und dafür Direktzahlungen erhalten, sind ein Kernelement der Agrarpolitik, um Biodiversität zu fördern. Dabei gibt es handlungsorientierte und ergebnisorientierte Agrarumweltprogramme.

Bei handlungsorientierten Programmen werden Landwirtinnen und Landwirte bezahlt, wenn sie bestimmte Massnahmen umsetzen (z. B. weniger Düngung und Schnitte im Grünland). Bei ergebnisorientierten Programmen hingegen werden sie unterstützt, wenn sie bestimmte Ergebnisse erreichen. Letztere Programme bieten verschiedene Vorteile, zum Beispiel, weniger Vorschriften und eine höhere Flexibilität für Landwirtinnen und Landwirte. Jedoch hängt der Erfolg von ergebnisorientierten Programmen entscheidend von den Indikatoren ab, die zur Messung der Biodiversität verwendet werden.

Wissenschaftsbasierte versus in der Praxis verwendete Indikatoren

Ziel unserer Studie war es besser zu verstehen, wie und wann Biodiversitätsindikatoren für ergebnisorientierte Agrarumweltprogramme eingesetzt werden können. Dazu haben wir: a) einen systematischen Überblick über von der Wissenschaft vorgeschlagene und in der Praxis verwendete Biodiversitätsindikatoren in Europa erstellt und b) darauf basierend Zukunftsaussichten dieser auf Biodiversitätsindikatoren gestützten ergebnisorientierten Agrarumweltprogramme skizziert.

Am häufigsten: Pflanzenarten als Indikatoren für Biodiversität im Grünland

Unsere Analyse der vorgeschlagenen Biodiversitätsindikatoren zeigt, dass die meisten in wissenschaftlichen Studien vorgeschlagenen Agrarumweltprogramme Gefässpflanzen als Indikatoren verwenden, welche die Pflanzenartenvielfalt im Grünland repräsentieren sollen (Abb. 1). Diese Indikatoren (zusammengefasst zu Indikatorenlisten) werden meist einheitlich für grosse Regionen wie Bundesländer oder Länder entwickelt. In neueren wissenschaftlichen Studien werden hingegen häufiger Indikatorenlisten und Sets bestehend aus verschiedenen Indikatorenlisten vorgeschlagen, die mehr Aspekte der Biodiversität berücksichtigen (beispielsweise bedrohte Pflanzenarten und Pflanzenarten des extensiven Grünlandes oder verschiedene Taxa), an kleinräumigere Bedingungen angepasst sind und andere Agrarökosysteme als das Grünland berücksichtigen. Bei den derzeit existierenden Programmen beobachten wir ähnliche Muster: Ältere Programme verwenden hauptsächlich Pflanzenarten im Grünland als Indikatoren. Zudem sind sie oft nicht an kleinere regionale Bedingungen angepasst. In jüngerer Zeit eingeführte Systeme basieren auf breiteren Indikatoren und berücksichtigen auch kleinräumige Dimensionen.

Abb. 1. Überblick der vorgeschlagenen und verwendeten ergebnisorientierten Indikatoren pro Land. Quelle: Elmiger et al. (2023).

Die Schweiz hat verhältnismässig viele ergebnisorientiere Programme (in der Schweiz auch bekannt als QII), beispielsweise um Biodiversität im Grünland und in Rebflächen zu fördern. Die Zahlungen an Landwirtinnen und Landwirte in diesen Programmen wurden zudem in den letzten Jahren erhöht. Auf EU-Ebene planen verschiedene Mitgliedsstaaten neue ergebnisorientierte Programme unter der europäischen Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (2023−2027). Irland will beispielsweise auf unterschiedliche Indikatoren-Sets für intensiv und wenig intensiv bewirtschaftetes Grünland setzen, um biodiverse Flächen zu identifizieren.

Biodiversität mittels neuer Technologien einfacher messen

Verschiedene technologische Weiterentwicklungen könnten potentiell die Nutzung von Biodiversitätsindikatoren in Agrarumweltprogrammen erleichtern und Kosten sowie Zeit einsparen. Beispiele für solche Technologien sind Simulationsmodelle, digitale Lösungen (z. B. Smartphone-Apps, Drohnen und Satelliten) und genetische Marker (eDNA-Barcodierung). Allerdings sind die meisten dieser Technologien heute noch nicht einsetzbar. So stehen zwar bereits Smartphone-Apps zur Verfügung um Pflanzenarten zu bestimmen, aber diese sind noch nicht auf die Messung von Indikatoren ausgerichtet oder werden dafür noch nicht eingesetzt.

Fazit

  • Bestehende Indikatoren – sowohl von der Wissenschaft vorgeschlagene wie auch in der Praxis eingesetzte − basieren meistens auf Listen von Gefässpflanzen im Grünland. Es fehlen oftmals Indikatoren für andere Agrarökosysteme.
  • Die Auswahl von Biodiversitätsindikatoren und die Gestaltung von ergebnisorientierten Agrarumweltprogrammen sollten auf den Zielen der Biodiversitätsförderung basieren. Zudem ist eine Abwägung zwischen dem Nutzen und den Kosten der Biodiversitätsförderung nötig.
  • Die Wahl der Indikatorenlisten gibt politischen Entscheidungsträgern die Möglichkeit, verschiedene Aspekte der Biodiversität kosteneffizient zu berücksichtigen und zu fördern.
  • In Zukunft werden auch neue Technologien potentiell dazu beitragen können, die Gestaltung und Erfassung von Biodiversitätsindikatoren zu verbessern.
Zum kompletten Archiv