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Pflanzenschutzmittel im Ackerbau: Welche Alternativen haben Potential?

Welche Massnahmen eignen sich, um Pestizide im Ackerbau deutlich zu reduzieren? Im Projekt PestiRed bewerten Landwirtinnen und Landwirte die umgesetzten Massnahmen als mehrheitlich positiv; mit differenzierter Bilanz für die Wirtschaftlichkeit.

Im Projekt PestiRed soll durch eine konsequente Anwendung sowie Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln (PSM) im Ackerbau deutlich reduziert werden. Zielsetzung ist die Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes um 75 %, wobei sich die Wirtschaftlichkeit um maximal 10 % verschlechtern darf.

PestiRed wird im Rahmen des Ressourcenprogramms vom Bundesamt für Landwirtschaft gefördert. Am Projekt beteiligt sind 67 Betriebe aus den Kantonen Genf (GE), Waadt (VD) und Solothurn (SO). Getragen wird das Projekt von IP-SUISSE, den Landwirtschaftsämtern der Kantone SO, VD und GE sowie landwirtschaftlichen Beratungsorganisationen.

Befragung der beteiligten Landwirtinnen und Landwirte

Um die Akzeptanz der Massnahmen zu prüfen und um sie weiterzuentwickeln, werden die am Projekt beteiligten Landwirtinnen und Landwirte jährlich nach Abschluss der Anbausaison befragt. Nun liegen die Ergebnisse der Befragungen der ersten beiden Anbaujahre 2019−2020 (Erntejahr 2020) sowie 2020−2021 (Erntejahr 2021) vor.

Alle Landwirtinnen und Landwirte setzen im Projekt PestiRed fünf Grundmassnahmen um:

  • Resistentere Sorten
  • Angepasster Stickstoffeinsatz
  • Optimierung der Saat
  • Bekämpfungsschwellen und Prognosesysteme
  • Abdriftminderung

Daneben können die Betriebe weitere, spezifische Massnahmen wählen.

Die Massnahmen werden in vier Bereiche eingeteilt:

A − Reduktion von initialen Schadorganismen (präventiv)

B – Vorbeugende Massnahmen (präventiv)

C − Nicht-chemische Bekämpfung (kurativ)

D − Chemische Bekämpfung (kurativ)

Der Aufwand (Kosten für Maschinen, Arbeit, Saatgut) zur Umsetzung dieser Massnahmen wird über das Ressourcenprogramm PestiRed entschädigt.

Massnahmen zur Herbizidreduktion am positivsten beurteilt

Die Landwirtinnen und Landwirte bewerten die alternativen Pflanzenschutzmassnahmen hinsichtlich ihres Reduktionspotenzials von chemischen Pflanzenschutzmitteln überwiegend als eher positiv bzw. positiv (Tab. 1). Einzelne Massnahmen liegen im Bereich neutral bis eher positiv.

Nicht-chemische Bekämpfungsmethoden nehmen die Landwirte als relativ effektiv wahr, um den Einsatz von chemischen PSM zu verringern. Am positivsten werden Massnahmen beurteilt, die den Herbizideinsatz reduzieren. Insbesondere die mechanische Unkrautbekämpfung wird als effektiv erachtet, um Herbizide einzusparen.

Im oberen mittleren Bereich liegen die Grundmassnahmen Sortenwahl und Bekämpfungsschwellen/Prognosesysteme. Massnahmen der Bereiche A (Reduktion initialer Schadorganismen) und D (chemische Bekämpfung, z.B. Teilflächenbehandlung und abdriftmindernde PSM-Techniken) werden auch als vergleichsweise effektiv wahrgenommen.

Als weniger zielführend, aber mit einer positiven Tendenz hinsichtlich ihres Reduktionspotentials von PSM werden Untersaaten, die Optimierung von Saat und Stickstoffeinsatz, Mischungen von Sorten und insbesondere Nützlingsblühstreifen angesehen.

Tab. 1: Bewertung der Massnahmen nach ihrem Potenzial, den Einsatz von PSM zu reduzieren (Reduktion PSM – absteigend sortiert) sowie ihrer Wirtschaftlichkeit. Dargestellt sind Mittelwerte einer 7-stufigen Skala von 1 – sehr negativ, 4 – neutral bis 7 – sehr positiv. Aufgeführt sind nur Massnahmen mit mindestens 10 Rückmeldungen (N).

Massnahmenbereiche: A – Massnahmen zur Reduktion von initialen Schadorganismen;
B – Vermeidungsmassnahmen; C – Nicht-chemische Bekämpfung; D – Chemische Bekämpfung.

Wirtschaftlichkeit wird kritischer bewertet

Die Wirtschaftlichkeit der Massnahmen wird – trotz der massnahmenspezifischen Projektbeiträge, die dazu dienen sollen, die Mehrkosten auszugleichen – durch die Landwirtinnen und Landwirte kritischer bewertet. Im Vergleich zur Bewertung des PSM-Einsparpotentials wird die Wirtschaftlichkeit mit einer Ausnahme jeweils schlechter beurteilt (Tab. 1). Die Wirtschaftlichkeit eines Produktionsverfahrens und der angewandten Massnahmen hängt von den erzielten Leistungen sowie den Kosten ab. Letztere werden mehrheitlich eher negativ beurteilt.

Beurteilung der Massnahmenbereiche

Vergleicht man die vier Massnahmen-Bereiche hinsichtlich ihrer Beurteilung zur Verringerung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, so zeigt sich folgende Rangfolge:

  1. nicht-chemische Verfahren
  2. Massnahmen zur Reduktion initialer Schadorganismen
  3. chemische Bekämpfung
  4. vorbeugenden Massnahmen

Bezüglich Wirtschaftlichkeit ist die Rangfolge genau umgekehrt.

Massnahmen gemeinsam mit Projektpartnern optimieren

Die Zwischenergebnisse des PestiRed-Projekts sollen den ko-innovativen Charakter des Projekts fördern. Durch die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen Praxis, Beratung und Forschung sollen bestehende Massnahmen optimiert und neue alternative Massnahmen entwickelt werden.

Fazit

  • Nicht-chemische Bekämpfungsmethoden nehmen die Landwirtinnen und Landwirte als relativ effektiv wahr, um den Einsatz von PSM zu verringern. Insbesondere Massnahmen zur Einsparung von Herbiziden, etwa die mechanische Unkrautbekämpfung, werden hinsichtlich ihres Reduktionspotenzials als gut bewertet.
  • Trotz Direktzahlungen und massnahmenspezifischer Beiträge aus dem Projekt wird die Wirtschaftlichkeit neutral bzw. teils (eher) negativ bewertet.
  • Gewisse präventive Massnahmen wie die Wahl resistenter Sorten, die Anwendung von Bekämpfungsschwellen und Prognosesystemen oder ein optimierter Zwischenfruchtanbau werden sowohl hinsichtlich Einsparpotenzial von PSM als auch ihrer Wirtschaftlichkeit als eher gut beurteilt.
  • Je effektiver die Massnahmenbereiche bezüglich ihres Potentials, PSM zu reduzieren, beurteilt werden, desto schlechter wird die Wirtschaftlichkeit dieses Bereichs im Mittel bewertet.
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