Agroscope, Global Alliance for Improved Nutrition, University of California, Stanford University School of Medicine, Cornell University, Washington University, FAO

Wie tierische Lebensmittel zu einer gesunden, nachhaltigen Ernährung beitragen können

Sind tierische Lebensmittel Freund oder Feind? Dies hängt von den Bedürfnissen der Konsumierenden und von den lokalen Produktionsbedingungen ab, wie eine grosse Übersichtsstudie mit Beteiligung von Agroscope aufzeigt.

Wissenschaftliche und politische Diskussionen über die Rolle von tierischen Lebensmitteln in einer gesunden und nachhaltigen Ernährung sind oft polarisierend. Mit der Aufarbeitung der bestehenden Daten und Studien möchten wir die Vorteile und Risiken der Nutztierhaltung zu Handen von Forschung, Politik und Gesellschaft aufzeigen.

Hoher Nährwert von tierischen Lebensmitteln

Ein wichtiger Vorteil von tierischen Lebensmitteln – dazu gehören Fleisch, Fisch und andere Wassertiere, Eier sowie Milchprodukte − ist ihr Gehalt an biologisch leicht verfügbaren Nährstoffen wie Eisen, Zink, Kalzium, Vitamin B12, Vitamin D, Cholin, Omega-3-Fettsäuren und essenziellen Aminosäuren. Bevölkerungsgruppen mit Mangelernährung, etwa in Afrika südlich der Sahara sowie in Südasien, würden von einem erhöhten Verzehr tierischer Lebensmittel profitieren. Dies gilt auch für schwangere und stillende Frauen, Kinder und Jugendliche sowie ältere Personen, die alle einen erhöhten Nährstoffbedarf haben.

Gesundheitsrisiken eines übermässigen Konsums

Ein übermässiger Konsum von verarbeitetem Fleisch, rotem Fleisch und gesättigten Fetten kann jedoch die Gesundheit belasten. Bei übermässigem Konsum muss auf Mässigung geachtet werden. Besonders Fleisch, das durch Salzen, Pökeln, Fermentieren, Räuchern oder andere Verfahren haltbar gemacht wurde, ist problematisch. Je mehr ein Mensch davon im Durchschnitt verzehrt, desto höher ist sein Risiko an einer Herz-Kreislauf-Krankheit, Krebs oder Diabetes zu erkranken.

Gesättigte Fette, die in tierischen Lebensmitteln, insbesondere in rotem Fleisch und Milchprodukten vorhanden sind, erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch ein übermässiger Konsum von rotem Fleisch belastet die Gesundheit, vor allem wenn er nicht im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung geschieht.

Umweltauswirkungen sind stark vom Management abhängig

Nicht nur die Auswirkungen auf die Gesundheit, sondern auch jene auf die Umwelt werden in Forschung, Politik und Gesellschaft heftig diskutiert. Auf fünf Bereiche gehen wir im Detail ein: Landnutzung, Klimawandel, Boden, Wasser und Biodiversität. In allen Bereichen zeigen sich sowohl positive wie auch negative Umweltwirkungen.

BereichPositive WirkungNegative Wirkung
LandnutzungMit Hilfe von Wiederkäuern werden 1,38 Mrd. ha Land, das für den Ackerbau ungeeignet ist, für die Nahrungsmittelproduktion genutzt.0,7 der 2 Mrd. ha Grünland, die derzeit für die Viehzucht genutzt werden, könnten auch für den Ackerbau verwendet werden (allerdings mit einem potenziellen Verlust an Ökosystemleistungen wie Kohlenstoffspeicherung, Erosionsschutz oder Biodiversität durch die Umwandlung). Darüber hinaus werden derzeit 0,55 Mrd. ha Ackerland – 40 % der weltweiten Ackerfläche − für den Anbau von Futtermitteln genutzt.
BodenTierischer Dünger im richtigen Mass versorgt Pflanzen mit Stickstoff und Phosphor und erhöht die organische Substanz im Boden. Dies fördert die Bodenfruchtbarkeit sowie die Wasserrückhaltefähigkeit.Übermässiger Eintrag von Mist und Gülle führt zu Nährstoffverlusten durch Gasemissionen, Auswaschung und Abfluss.
KlimawandelMit einer angepassten Beweidung und Düngung wird die organische Substanz im Boden erhöht und damit kann zusätzlicher Kohlenstoff im Boden gebunden. Treibhausgasemissionen, insbesondere Methan, können reduziert werden, wenn Tier- und Pflanzensysteme besser integriert und die Tiere effizienter werden.Die Nutztierhaltung und die Futtermittelproduktion emittieren Treibhausgase, darunter Methan und Lachgas.
WasserLokal angepasste Tierhaltung begünstigt die Versickerung sowie die Wasserqualität und -menge.Hoher Wasserverbrauch in bewässerten Systemen und Gefährdung von Süsswasserquellen durch Abfluss sowie Nährstoffverluste aus intensiver Viehhaltung.
BiodiversitätDie lange Geschichte der Viehwirtschaft in Europa führte zu Ökosystemtypen mit höchster Artenvielfalt, die durch angepasstes Weidemanagement erhalten werden kann.Überdüngung und Schadstoffe aus der Nutztierhaltung gefährden die Artenvielfalt.

Mit Kreislaufwirtschaft positive Wirkungen verstärken

Um die negativen Auswirkungen der Viehzucht auf den Klimawandel zu bekämpfen, hat die Welternährungsorganisation FAO drei Hauptstrategien identifiziert:

  1. Verbesserung der Effizienz und Produktivität der Nutztierhaltung
  2. Integration von Wiederkäuern in die Kreislaufwirtschaft
  3. Die Erhöhung des Kohlenstoffgehalts des Bodens durch angepasste Beweidung

Ein Fokus auf die Kreislaufwirtschaft hat dabei Priorität, um die positiven Wechselwirkungen zwischen Tierhaltung und Umwelt zu stärken. Dazu müssen die grossräumige, spezialisierte Pflanzen- und Tierproduktion über den Handel von Hofdünger und Futtermitteln miteinander verknüpft werden. Dies bedeutet z.B. ein höherer Anteil an Gras und Reststoffen aus der Nahrungsmittelproduktion an der Futterration von Wiederkäuern und die Nutzung von Hofdünger für die Düngung und Energiegewinnung.

Lokalen Kontext und Betroffene einbeziehen

Wer die Produktion und den Konsum von tierischen Lebensmitteln nachhaltig und positiv verändern möchte, sollte deshalb den lokalen Kontext mit den entsprechenden Ernährungs- und Umweltbedingungen berücksichtigen und die Interessengruppen, die von den Veränderungen betroffen sind, einbeziehen.

Überblick über die wichtigsten positiven und negativen Wechselwirkungen zwischen Tierhaltung und Umwelt. Die Kreislaufwirtschaft − durch den Kreis in der Mitte dargestellt − kann dazu beitragen, die positiven Auswirkungen zu verstärken.

Fazit

  • Tierische und pflanzliche Lebensmittel haben komplementäre Nährstoffprofile. Eine ausgewogene Ernährung, die beide Lebensmittelgruppen enthält, verringert das Risiko eines Nährstoffmangels.
  • Bevölkerungsgruppen mit einem hohen Fleischkonsum, insbesondere von verarbeitetem Fleisch, würden im Allgemeinen von einem geringeren Konsum profitieren. Dies hätte auch ökologische Vorteile.
  • Im Allgemeinen haben tierische Lebensmittel negative Umweltwirkungen in Bezug auf Landnutzung, Klimawandel, Bodengesundheit, Wassermenge und -qualität sowie Biodiversität. In all diesen Bereichen haben sie ebenso positive Wirkungen, die gestärkt werden können.
  • Durch die Verknüpfung der Tier- und Pflanzenproduktion im Rahmen der Kreislaufwirtschaft können Ressourcen geschont und Umweltwirkungen gemindert werden.
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