Agroscope

Pflanzenschutzroboter im Gemüsebau: Arbeit, Kosten, Soziales und Ökologie

Mit Hilfe eines Hack- und Spotsprayinggeräts lässt sich ein Grossteil der Pflanzenschutzmittel einsparen. Zwar sind die Kosten höher als bei herkömmlichen Pflanzenschutzgeräten, aber motivierte Betriebsleitende geben dieser innovativen Technologie eine Perspektive.

Digitale Technologien im Pflanzenschutz sollen Landwirtinnen und Landwirte unter anderem darin unterstützen, durch präzise Applikationsmethoden wie das sogenannte Spotspraying Pflanzenschutzmittel (PSM) gezielt anzuwenden und so die Ausbringmenge zu reduzieren. In einem von AgriQNet* unterstützten Projekt wurde ein kameragesteuertes Pflanzenschutzgerät für den Gemüsebau entwickelt. Das vom Traktor gezogene Anbaugerät appliziert nicht nur PSM mittels Spotspraying-Technologie, sondern kann auch innerhalb und zwischen den Pflanzreihen hacken. Somit kann auf Herbizidanwendungen verzichtet werden. Pestizideinsparungen von rund 75 % sind möglich.

Fallstudie

Agroscope hat in einer Fallstudie auf einem Pilotbetrieb mit Feldanbau von Salat untersucht, welchen Nutzen aus wirtschaftlicher, arbeitsorganisatorischer und ökologischer Sicht eine innovative Technologie wie ein Pflanzenschutzroboter für einen Landwirtschaftsbetrieb hat, und was eine betriebsleitende Person mitbringen muss, damit die Technologie erfolgreich eingesetzt werden kann. In Zeitstudien, die während des Prototyp-Einsatzes im Feld stattfanden, wurden die Arbeitsabläufe erfasst und der Arbeitszeitbedarf für eine standardisierte Parzelle nach arbeitswirtschaftlicher Methode modelliert. Die Kalkulationsmodelle dienten ausserdem der Untersuchung von Änderungen technischer Faktoren wie beispielsweise Fahrgeschwindigkeit und Arbeitsbreite und deren Auswirkungen auf den Zeitbedarf. Die Wirtschaftlichkeit des Prototyps wurde in einer Teilkostenanalyse und einem Vergleich mit einer konventionellen Pflanzenschutzstrategie untersucht. Der Betriebsleiter äusserte sich in einem ausführlichen Interview zu verschiedenen Aspekten der persönlichen Einstellung, die gemäss Literaturstudie die Technologieadaption positiv beeinflussen.

Zeitbedarf höher

Mit dem Prototyp muss der Produzent/die Produzentin deutlich mehr Zeit einplanen als mit konventionellen Methoden wie Feldspritze und Hackgerät. Der Arbeitszeitbedarf für den Pflanzenschutz steigt von 0,65 h/ha mit der konventionellen Methode auf 3,83 h/ha mit dem Prototypen. Die Gründe dafür sind hauptsächlich technischer Natur: die tiefere Fahrgeschwindigkeit von 1,2 statt 6,5 km/h, sowie die geringere Arbeitsbreite von 1,5 statt 3 m. Aber auch im Arbeitsablauf gibt es Änderungen. Derzeit fahren zwei Personen zur Parzelle, um zu Arbeitsbeginn die Einstellungen am Spritzrahmen des Prototyps vorzunehmen.

Kosten für Pflanzenschutzmittel 50 % tiefer, Maschinenkosten hoch

Dank der digitalen Applikationstechnologie, kombiniert mit Hacken zwischen und innerhalb der Pflanzreihen, können die Ausgaben für PSM in Salat um 50 % gesenkt werden, von 829 auf 411 Franken pro Hektar.Dafür treibt der Anschaffungspreis des Roboters von 135’000 Franken die Maschinenkosten in die Höhe und verhindert aktuell die Wirtschaftlichkeit der Spotspraying-Technologie. Würde der Roboter aber auf 80 ha statt nur 20 ha pro Jahr, d.h. auf einem grösseren Betrieb oder überbetrieblich eingesetzt, so könnten die Kosten um 45 %, d.h. von 4625 auf 2757 Franken pro Hektar gesenkt werden. Auch technische Weiterentwicklungen, z.B. eine höhere Fahrgeschwindigkeit von 2 km/h oder eine Verdoppelung der Arbeitsbreite auf 3 m bewirken deutliche Kostenreduktionen.

Proaktive und technologieaffine Betriebsleitung erforderlich

Ein Schwerpunkt der Fallstudie war die Untersuchung von Faktoren, die die erfolgreiche Einführung neuer Technologien begünstigen, insbesondere die Einstellung des Betriebsleiters. Neben der generellen Haltung zu technischen Entwicklungen und Digitalisierung, standen u.a. auch Lernbereitschaft, Risikobereitschaft, Fertigkeiten im Umgang mit neuen Technologien und der Umgang mit Schwierigkeiten im Mittelpunkt. Nach Meinung des Betriebsleiters ist eine technologieaffine Haltung und grundsätzliches Interesse an digitalen Entwicklungen unerlässlich. Auch ein unkomplizierter und schnell verfügbarer technischer Support spielt eine wichtige Rolle.

* AgriQnet: Netzwerk aus Schweizer Bauernverband, Swiss Food Research, dem Verein Qualitätsstrategie und dem Bundesamt für Landwirtschaft zur Förderung innovativer Landwirtschaftsprojekte.

Fazit

  • Ein sensor- und kameragesteuertes Hack- und Spotsprayinggerät kann im Lauf einer Salatsaison 75 % der üblicherweise eingesetzten Pestizide und 100 % Herbizide einsparen.
  • Der Prototyp in seiner derzeitigen Form erfordert sowohl höhere Investitionen als auch einen höheren Arbeitseinsatz pro Hektar als herkömmliche Pflanzenschutzgeräte.
  • Eine neue Perspektive bekommt der Einsatz des Prototyps, wenn damit manuelle Hackarbeit ersetzt werden kann, wie beispielsweise im biologischen Anbau.
  • Der Einsatz dieser neuen Technologie könnte sich ausserdem als attraktiv erweisen, wenn Konsumentinnen und Konsumenten bereit sind, für eine umweltschonendere Produktion einen Mehrpreis zu zahlen oder wenn der Staat diese ökologischen Leistungen speziell vergütet.
  • Es erfordert darüber hinaus die Begeisterung der betriebsleitenden Person für technische Entwicklungen und einen guten technischen Support, um neue digitale Technologien erfolgreich in die Praxis einzuführen.
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