Agroscope

Biopreservation – die vergessene Rolle der Fermentation

Ausgewählte Mikroorganismen verlängern die Haltbarkeit von Lebensmitteln und tragen so zur Reduktion von Food-Waste bei. Agroscope hat in einer Literaturstudie die wichtige Rolle von Schutzkulturen und Fermentation aufgezeigt.

Die Konservierung von Lebensmitteln durch Fermentation ist wohl die älteste Methode um deren Haltbarkeit zu verlängern. Sie wird seit Jahrtausenden durch die Menschen angewandt. Zu Beginn entstanden die konservierten Lebensmittel durch spontane Gärung. Neben der Verlängerung der Haltbarkeit wurden dadurch auch die texturellen und sensorischen Eigenschaften verändert.

Fermentation macht Lebensmittel bekömmlicher und nährstoffreicher

Ein weiterer Nebeneffekt dieser Fermentation war, dass anti-nutritive Eigenschaften reduziert wurden und die Lebensmittel so bekömmlicher wurden. Daneben bildeten diese Mikroorganismen auch wertvolle Metaboliten wie Vitamine.

Mit der Zeit lernte der Mensch, diese Fermentationen zu «kontrollieren» indem zunächst fermentiertes Material zum Start der nächsten Fermentation verwendet wurde (Back-Slopping). Nachdem Pasteur die Gärung auf Mikroorgansimen zurückführen konnte, begann man die verantwortlichen Mikroorganismen zu isolieren und es wurden gezielt Kulturen zur Fermentation hinzugefügt. Gleichzeitig wurden jedoch auch andere Methoden der Konservierung wie die Pasteurisation eingeführt und die Fermentation ging zum Zweck der reinen Haltbarmachung fast vergessen. Mikroorganismen wurden auch vermehrt als «schlecht» taxiert und sollten grundsätzlich vermieden werden.

Bioprotection und Biopreservation – Mikroorganismen schützen und bewahren unser Essen  

In den letzten Jahren kamen dann immer häufiger Begriffe wie Schutzkulturen, Bioprotection und Biopreservation auf. Unter diesen Begriffen versteht man, dass spezifische Mikroorganismen Lebensmitteln zugegeben werden, die schädliche Mikroorganismen wie Listerien oder Salmonellen, aber auch Clostridien, in Lebensmitteln hemmen. Diese Kulturen werden spezifisch ausgewählt, um solche Schad-Bakterien zu hemmen, ohne jedoch die Eigenschaften des Lebensmittels zu verändern. Diese letzte Eigenschaft ist der einzige Unterschied zum klassischen Verständnis der Fermentation. Die so eingesetzten Kulturen sind Teil des Hürdenkonzeptes* und in der Regel aus den entsprechenden Lebensmitteln isoliert. Das heisst, man kann diese auch in der natürlichen Umgebung finden.

Schutzkulturen für Roh- und Ready-To-Eat-Produkte

Im Unterschied zu früher, werden heute solche Schutzkulturen aber auch in traditionell als nicht fermentiert geltenden Lebensmitteln zum Einsatz vorgeschlagen. Dies betrifft insbesondere Roh- und Ready-To-Eat-Produkte. Der Einsatz von Schutzkulturen soll hier den Verderb verzögern beziehungsweise verhindern oder das Wachstum von pathogenen Keimen unterbinden ohne das Produkt zu verändern.

In der Studie wird auf das Thema «Biopreservation» näher eingegangen und auch die möglichen Wirkmechanismen aufgezeigt. Zudem werden auch einige bereits kommerziell erhältliche Schutzkulturen beschrieben.

*Das Hürdenkonzept wurde als Begriff für den kumulativen Hemmeffekt eingeführt, der bei der Konservierung von Lebensmitteln durch die Kombination mehrerer Konservierungsmassnahmen (chemisch, physikalisch, biologisch) erreicht wird.

Fazit

  • Schutzkulturen sind gezielt eingesetzte Mikroorganismen. Sie schützen Lebensmittel vor dem Verderben.
  • In der Regel werden Isolate aus der natürlichen Mikroflora der betroffenen Lebensmittel eingesetzt.
  • Durch den Einsatz von Schutzkulturen kann Food-Waste reduziert werden.
  • Die Aktivität der Mikroflora roher Lebensmittel kann ebenfalls als Fermentation bezeichnet werden, die durch gezielte Zugabe von Schutzkulturen günstig beeinflusst werden kann.
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