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Wie sich Treibhausgasemissionen in der Milchviehhaltung aufteilen lassen

Auch die Milchbranche ist gefordert, negative Umweltwirkungen zu reduzieren. Je nach Produktionssystem und Kuhrasse entsteht neben der Milch auch mehr oder weniger Fleisch als Koppelprodukt. Wie lassen sich die Treibhausgasemissionen auf Milch und Fleisch aufteilen?

Milchkühe emittieren einen bedeutenden Teil der weltweiten Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft, wobei über die Hälfte der Klimawirkung auf Methan aus der mikrobiellen Verdauung im Pansen zurückzuführen ist. Die Milchbranche ist deshalb gefordert, Massnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen zu ergreifen. Allerdings können nicht sämtliche Treibausgasemissionen der Milch angelastet werden, weil als Koppelprodukt der Milchproduktion stets auch Fleisch anfällt – und das in nicht unerheblichem Masse: Die mit der Milchproduktion verbundenen Fleischmengen bzw. Tiere tragen je nach Weltregion bis zu 90 % zur Rindfleischproduktion bei. Deshalb stellt sich die Frage, welcher Anteil der Treibhausgasemissionen der Milch bzw. dem Koppelprodukt Fleisch angerechnet (alloziert) werden soll. Dazu werden in der Ökobilanzierung verschiedene Methoden angewandt. Am weitesten verbreitet und als Industriestandard empfohlen ist die biophysikalische Methode. Im speziellen Fall der Milchproduktion werden die Emissionen proportional auf Milch und Fleisch verteilt, in dem die benötigte Futterenergie für die Laktation (Milch) bzw. den Körpermassenaufbau beim Rind (Fleisch) berücksichtigt wird.

Ein neuer Allokationsansatz

Der von der International Dairy Federation (IDF) vorgegebene Industriestandard wurde empirisch anhand eines US-amerikanischen Datensatzes von spezialisierten Milchviehbetrieben entwickelt. Der Anteil des Koppelproduktes Fleisch war bei diesen Betrieben äussert tief und ist daher nicht repräsentativ für in der Schweiz vorherrschende Produktionssysteme. Wir zeigen auf, dass mit dem bestehenden Allokationsansatz Betriebe mit höheren Anteilen des Koppelproduktes Fleisch (wie etwa in der Schweiz verbreitete Zweinutzungsrassen) ungenügend abgebildet werden. Anhand eines internationalen Datensatzes entwickelten wir einen alternativen Allokationsansatz, der auch höhere Anteile des Koppelproduktes Fleisch – was mit einem hohen Milch-zu-Fleisch-Verhältnis ausgedrückt wird – adäquat abbildet.

Die Allokationsmethodik kann aber auch bedeutend sein, wenn die Wirksamkeit von Treibhausgasreduktionsmassnahmen in der Milchproduktion beurteilt werden soll. Einige Reduktionsmassnahmen zielen darauf ab, durch eine Erhöhung des Koppelproduktes Fleisch die dem Produkt Milch angelasteten Emissionen zu senken. Eine häufig propagierte Reduktionsmassnahme ist die Verlängerung der Nutzungsdauer der Milchkühe, weil dadurch anteilmässig die «unproduktive» Lebensphase der Aufzucht und die damit verbundenen Treibhausgasemissionen reduziert werden können. Allerdings bedeutet eine längere Nutzung der Milchkühe auch weniger Fleisch als Koppelprodukt im Verhältnis zur Milchmenge, da zwar mehr Kälber für die Mast/Schlachtung anfallen aber weniger Altkühe geschlachtet werden. Mit der bisher von der IDF vorgegeben Allokationsmethodik bewirkt eine um ein Jahr verlängerte Nutzungsdauer keine Emissionsreduktion. Wird hingegen die neu entwickelte Allokationsmethodik angewandt, sinken die Treibhausgasemissionen pro kg Milch leicht, wenn die Kühe ein Jahr länger genutzt werden.

Fazit

  • Der international anerkannte Branchenstandard zur Aufteilung (Allokation) der Treibhausgasemissionen aus der Milchproduktion ist nicht geeignet, um Zweinutzungssysteme (Milch und Fleisch) abzubilden.
  • Die von uns vorgeschlagene Methodik ist besser geeignet, um produktbezogene Emissionsminderungsmassnahmen abzubilden, die das Milch-zu-Fleisch-Verhältnis beeinflussen. 
  • Der international anerkannte Branchenstandard zur Allokationsmethodik in der Milchproduktion wurde unter anderem als Reaktion auf unsere Forschung angepasst.  Damit kann die Wirksamkeit von Treibhausgasreduktionsmassnahmen in der Milchproduktion besser beurteilt werden.
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