Agroscope, Bundesamt für Umwelt BAFU

Treibhausgasinventar 2023: Neue Berechnungsgrundlagen ändern Gesamtbild für die Landwirtschaft kaum

Agroscope erstellt jährlich aktualisierte Inventare und Prognosen der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen der Schweiz. Mit dem Wechsel auf die Berichterstattung unter dem Übereinkommen von Paris müssen neue Berechnungsgrundlagen berücksichtigt werden. Dennoch ändert sich das Gesamtbild für die Landwirtschaft kaum.

Die Land- und Ernährungswirtschaft ist ein wichtiger Verursacher von Treibhausgasemissionen in der Schweiz. Gemäss der sektoralen Aufteilung für nationale Inventare betrug der Anteil der Landwirtschaft im Jahre 2020 13,3 %. In der zweiten Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls (2013-2020) lagen diese Emissionen um gut 10% tiefer als 1990. Um die langfristigen Klimaziele des Bundes zu erfüllen, braucht es verstärkte Anstrengungen, wozu die Inventarisierung wichtige Grundlagen liefert.

Neue internationale Berechnungsvorgaben

Unter der Klimarahmenkonvention fand dieses Jahr ein entscheidender Wechsel in der Berechnung der Treibhausgasinventare statt. Die bisherigen Vorgaben des Kyoto-Protokolls werden durch die entsprechenden Vorgaben unter dem Übereinkommen von Paris abgelöst. Zum einen werden deshalb die allgemeinen Vorgaben für die Berichterstattung angepasst. Darunter fällt auch der Wechsel auf die globalen Erwärmungspotentiale (GWP) des fünften Klimasachstandberichts, welche dem Methan eine etwas höhere und dem Lachgas eine etwas tiefere Bedeutung zukommen lassen als bisher. Andererseits findet auch ein Wechsel auf die aktualisierten Rahmenmethoden für die Berechnung der nationalen Treibhausgasinventare von 2019 statt.

Anpassung der Berechnung an Schweizer Verhältnisse

Aufgrund von kontinuierlicher Forschung zu landwirtschaftlichen Stoff- und Energieflüssen konnten in der Vergangenheit zahlreiche Methoden und Berechnungsfaktoren den Schweiz-spezifischen Verhältnissen angepasst und auf dem aktuellen Stand des Wissens gehalten werden. Die Berechnungsmodelle sind somit weniger abhängig von den Standardmethoden und -faktoren der internationalen Richtlinien. Dies erklärt, warum die neuen Vorgaben für den Landwirtschaftssektor im Schweizer Treibhausgasinventar nur kleine Anpassungen zur Folge haben. Dazu gehören folgende Veränderungen:

  • Lachgasemissionen von Tieren während dem Weiden sind deutlich tiefer als bisher berechnet
  • Indirekte Lachgasemissionen nach Stickstoffauswaschung oder -abschwemmung sind höher als bisher berechnet
  • Methanraten für die Verdauungsemissionen von Rindern und Kälbern wurden leicht nach unten angepasst
  • Die Futterverdaubarkeit von diversen Tierkategorien wurde höher angesetzt, wodurch die Methanemissionen aus der Hofdüngerlagerung leicht tiefer ausfallen
  • Aufgrund leicht höherer Normwerte für die Umgebungstemperaturen wurden etwas höhere Methanemissionen aus der Güllelagerung berechnet.

Tiefere Lachgasemissionen auf der Weide haben geringen Einfluss auf das Total

Als relevante Neuerung stechen allenfalls die wesentlich tieferen Lachgasemissionen auf den Weiden heraus. Bisher ist man davon ausgegangen, dass durch die Deposition von viel Stickstoff auf kleiner Fläche bei der Urinausscheidung auf der Weide sehr hohe Lachgasemissionen entstehen. Neuere Messungen haben nun aber gezeigt, dass die Emissionsfaktoren deutlich tiefer sind als die internationalen Standardfaktoren, welche bisher zur Berechnung verwendet wurden. Dadurch entschärft sich der bisherige Zielkonflikt zwischen den Ammoniak- und Lachgasemissionen auf der Weide. Der Einfluss auf das Gesamttotal der landwirtschaftlichen Emissionen ist aufgrund des relativ kleinen Beitrags der Weideemissionen jedoch gering (Abb. 1). Schlussfolgernd ergeben sich hinsichtlich der Empfehlungen für die landwirtschaftliche Praxis und Agrarpolitik kaum neue Erkenntnisse.

Abb. 1: Vergleich der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen zwischen der Methodik der Berichterstattung 2022 (bisherige Berechnungsweise) und 2023 (neue Berechnungsweise); exemplarisch werden hier die Emissionen des Jahres 2020 verglichen, wobei die Neuberechnung immer die gesamte Zeitreihe bis zurück nach 1990 betrifft. Anpassung der GWP-Werte: Die Erwärmungspotentiale (global warming potential, GWP) von Lachgas (N2O) und Methan (CH4) wurden 2023 aktualisiert.

Fazit

  • Trotz neuer Vorgaben und Rahmenmethoden für die Treibhausgasberichterstattung ergeben sich nur kleine Änderungen bei den landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen im nationalen Inventar.
  • Die grundsätzlichen Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen für die landwirtschaftliche Praxis und Agrarpolitik bleiben unverändert. Das nationale Inventar erweist sich somit als verlässliche Entscheidungsgrundlage für die Erstellung und Überprüfung von Reduktionsstrategien und -Zielen.
  • Mit den neuen globalen Erwärmungspotentialen (GWP) wird die Wirkung von Methan etwas höher und die von Lachgas etwas tiefer gewichtet.
  • Die Lachgasemissionen auf der Weide sind unter Berücksichtigung der neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse deutlich tiefer, wodurch sich der Zielkonflikt zwischen Ammoniak und Lachgas auf der Weide entschärft. Der entsprechende Einfluss auf die Gesamtemissionen ist allerdings gering
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