Agroscope

Klimawandel führt zu längerer Vegetationszeit und begünstigt höher gelegene Anbauflächen

Mit der Zunahme der globalen und regionalen Temperatur hat sich die Vegetationszeit auch in der     Schweiz deutlich verlängert. Agroscope zeigt mit Daten des Bundesamtes für Meteorologie und Klimatologie die Entwicklung der Vegetationsperiode seit Beginn des letzten Jahrhunderts.

Die thermische Vegetationsperiode ist die Zeit des Jahres, in der die Temperaturbedingungen das Wachstum der Pflanzen ermöglichen.

Seit 1900 hat sich die Vegetationsperiode um rund 30 Tage verlängert

Eine systematische Analyse der räumlichen Temperaturdaten des Bundesamtes für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSchweiz) zeigt, dass sich die Vegetationsperiode seit Beginn des letzten Jahrhunderts um rund dreissig Tage verlängert hat (Abb. 1), wobei diese Entwicklung vor allem in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts und nach 1980 stattfand. Der frühere Beginn und das spätere Ende der Vegetationsperiode sind auch durch Beobachtungen phänologischer Ereignisse gut dokumentiert und haben bereits zu Anpassungen in der Praxis geführt, wie zum Beispiel einem früheren Beginn der Heuernte.

Abb. 1. Höhenabhängigkeit der Dauer der thermischen Vegetationsperiode zu Beginn des letzten Jahrhunderts (1901-1930; grau) und unter aktuellen Klimaverhältnissen (1991-2020; grün).

Längere Vegetationszeit bringt höhere Temperatursummen mit sich

Die Zunahme der verfügbaren Vegetationstage hat eine deutliche Erhöhung der Temperatursummen zur Folge gehabt, d.h. der für die Pflanzenentwicklung verwendbaren Wärmemengen (Abb. 2). Für den Ackerbau ist dies mit positiven, aber auch mit negativen Auswirkungen verbunden. Positiv zu vermerken ist, dass es eine grössere Auswahl an Möglichkeiten gibt, sowohl bei der Wahl der Kulturen und/oder Sorten als auch bei der Festlegung und Umsetzung von Fruchtfolgen. Dennoch führen steigende Temperaturen zu einem schnelleren Wachstum, was sich in immer früheren Ernteterminen zeigt. Dies ist nicht unbedingt von Vorteil, da es weniger Zeit für die Ertragsbildung bedeuten kann.

Abb. 2. Räumliche Verteilung der verfügbaren Temperatursummen (C-Tage) zu Beginn des letzten Jahrhunderts (links) und aktuell (rechts). Die durch den Klimawandel verursachten Entwicklung in Richtung deutlich höherer Temperatursummen ist in den Karten gut zu erkennen.

Höhenverschiebung der Gunstzonen?

Stellt man die Dauer der Vegetationsperiode in Abhängigkeit von der Höhenlage dar, wie dies in Abbildung 1 der Fall ist, wird deutlich, dass eine längere Vegetationsperiode auch als Höhenverschiebung verstanden werden kann. Dies wirft die Frage auf, inwieweit sich die für den Pflanzenbau günstigen Zonen bereits in die Höhe verlagert haben. In der Tat belegen zahlreiche Beobachtungen eine Höhenverschiebung der Verbreitungsgebiete von Pflanzen und Tieren in den letzten Jahrzehnten.  In praktisch allen Fällen ist die tatsächliche Verschiebung jedoch geringer, als Abbildung 1 vermuten lässt, da neben der Temperatur noch andere Elemente mitbestimmend sind. Insbesondere können sich landwirtschaftlich günstige Gebiete nur dann herausbilden, wenn ein geeignetes Zusammenspiel von Klima, Topographie und Boden gewährleistet ist. Folgestudien sollten sich mit der Frage der Faktoren befassen, die wichtig sind für einen Anbau von Kulturen in höheren Lagen.

Fazit

  • Die Vegetationszeit hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte in allen Höhenlagen deutlich verlängert. Dies gilt ebenso für die verfügbaren Wärmesummen innerhalb der Vegetationszeit.
  • Der frühere Beginn und spätere Ende der Vegetationszeit haben bereits Spuren sowohl im Futterbau (die Heuernte findet heute rund 10 Tage früher als dies noch 1980 der Fall war) als auch im Ackerbau (frühere Erntedaten, z.B. bei Weizen) hinterlassen.
  • Es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklungen sich auch in Zukunft fortsetzen werden. Dies wird weitere Anpassungen der Praxis erfordern.
  • Der Temperaturanstieg und die Verlängerung der Vegetationsperiode führen möglicherweise zu einer Höhenverschiebung der günstigen Anbaulagen. Das Ausmass, in dem dieses Potenzial realisiert werden kann, hängt jedoch von vielen anderen standortbestimmenden Faktoren wie Topographie und Boden ab.
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