Agroscope

Mechanische Entlaubung der Reben vor der Blüte: Vorteile und Risiken

Das Entlauben der Reben vor der Blüte ist eine gängige Praxis im Weinbau. Damit lässt sich der Druck durch Pilzkrankheiten reduzieren, der Ertrag begrenzen und die Zusammensetzung der Trauben verbessern. Eine Studie von Agroscope zeigt, dass eine mechanische Entlaubung vor der Blüte den Arbeitsaufwand reduziert, aber auch Risiken birgt.

Das Entlauben der Reben im Bereich der Trauben ist in gemässigten und kalten Klimazonen eine verbreitete Praxis. In der Regel erfolgt das Entblättern zwischen Blüte und Traubenschluss. Ziel ist es, ein Mikroklima zu schaffen, das für die Erreger von Pilzkrankheiten nachteilig ist. Wenn es vor der Blüte durchgeführt wird, schränkt das Entlauben die Beerenbildung ein und reduziert den Ertrag, wodurch die Produktionsquoten eingehalten werden können. Ausserdem kann es sich positiv auf die Zusammensetzung der Beeren auswirken.

Eine vielversprechende Methode für Schweizer Verhältnisse

Eine frühere Studie von Agroscope zeigte, dass das Entlauben vor der Blüte unter den klimatischen Bedingungen in der Schweiz bei fünf Rebsorten einen positiven Effekt hatte. Der vorliegende Versuch, der fünf Jahre lang mit den Rebsorten Doral und Gamay durchgeführt wurde, bestätigt diese Ergebnisse. Ausserdem wurde untersucht, ob diese Arbeit mechanisiert werden kann. Dazu wurde ein Entlaubungsgerät mit doppeltem Niederdruck-Luftstrom (Abb. 1) im Vergleich zur manuellen Entlaubung getestet.

Abb. 1: Entlaubung von Gamay-Reben vor der Blüte mit einem Entlaubungsgerät mit doppeltem Niederdruck-Luftstrom (Collard, Bouzy, Frankreich). Photo: Thibaut Verdenal, Agroscope

Auswirkungen auf den Ertrag und die Qualität der Beeren

Im Vergleich zu einer Entlaubung nach der Blüte wirkte sich die Entblätterung vor der Blüte auf den Ertrag aus. In den Versuchen von Agroscope führte diese Methode jedes Jahr zu einem Rückgang der Anzahl Beeren pro Traube um 20 bis 30 % und zu einem entsprechenden Rückgang des geschätzten Ertrags (Abb. 2). Sie führte zu einem durchschnittlichen Anstieg der Zuckerkonzentration um 2 % und zu einem Rückgang des Gesamtsäuregehalts um 3 %, obwohl dieser Effekt nicht in jedem Jahr signifikant war. Da während des Versuchszeitraums der Erreger Botrytis cinerea nicht auftrat, konnte die Wirksamkeit der Entlaubung gegen Pilzkrankheiten nicht bestimmt werden.

Abb. 2: Geschätzter jährlicher Ertrag (oben) und Auslichten der Traubenzone (unten) bei Gamay. Es wurden drei Arten der Entlaubung verglichen: nach der Blüte und mechanisch bzw. manuell vor der Blüte. Werte mit unterschiedlichen Buchstaben unterscheiden sich innerhalb eines Jahres signifikant (Tuckey-Test, p-Wert < 0,05).

Reduktion des Ertrags beim mechanischen Entlauben …

Mit der mechanischen Methode kann vor der Blüte effizient entlaubt werden, ohne die empfindlichen Triebe zu beschädigen, auch wenn der Verlust einiger Blütenknospen beobachtet wurde. Sie hatte einen stärkeren Einfluss auf die Anzahl der Beeren pro Traube und ihre Reifung (-1 % Zucker, +5 % Gesamtsäure) als die manuelle Entblätterung. Bei der mechanischen Entlaubung wurde das Wachstum der Seitentriebe gefördert, welche die Traubenzone teilweise bedeckten, während diese bei der manuellen Entlaubung vollständig entfernt wurden (Abb. 3). Ausserdem war der geschätzte Ertrag bis zu 20 % niedriger als bei der manuellen Entlaubung zum selben Zeitpunkt
Abb. 2).

… und des Arbeitsaufwands für das Ausdünnen der Trauben

Durch die mechanische Entlaubung vor der Blüte wurde der Aufwand für das Auslichten der Traubenzone bei Doral und Gamay um 69 % bzw. 27 % im Vergleich zur Entblätterung nach der Blüte reduzierte (Abb. 2). Bei den Doral-Weinen wurden keine Unterschiede festgestellt, während sich die Gamay-Weine aus der mechanischen Entblätterung als tendenziell weniger bitter (-7%) mit weicheren Tanninen (+6%) präsentierten als die Weine aus der manuellen Entblätterung (p < 0,10).

Abb. 3: Doral-Reben kurz vor der Weinlese. Sie wurden vor der Blüte von Hand (A) oder maschinell (B) entlaubt. Bei der mechanischen Entlaubung blieben die Seitentriebe stehen und bedeckten später die Traubenzone. Bei der manuellen Entlaubung wurden die Seitentriebe dagegen vollständig entfernt. Fotos: Thibaut Verdenal, Agroscope

Mechanische Entlaubung kann die Fruchtbarkeit verringern

Trotz der positiven Auswirkungen auf die Gamay-Weine war die mechanische Entblätterung vor der Blüte zu intensiv und verursachte im Vergleich zu einer Entlaubung nach der Blüte Einbussen bei der Fruchtbarkeit (durchschnittlich -10 % bei Doral bzw. -8 % bei Gamay). Durch eine zu intensive Entlaubung bei jungen Reben oder bei ausgeprägtem Wasser- oder Nährstoffmangel kann die Methode zu übermässigen Ertragsverlusten führen und die Wuchskraft und Fruchtbarkeit der Reben langfristig beeinträchtigen.

Fazit

  • Die moderate Entlaubung vor der Blüte ist eine an die klimatischen Bedingungen in der Schweiz angepasste Praxis. Mit dieser Massnahme lassen sich Arbeitsaufwand und Ertrag reduzieren. In manchen Jahren verbessert sie die Zusammensetzung der Trauben und der Rotweine.
  • Die Entlaubung kann mechanisch erfolgen. Vor- und Nachteile müssen jedoch abgewogen werden. Diese Methode kann sich negativ auf die Wuchskraft und die Fruchtbarkeit auswirken: Sie ist nicht empfehlenswert bei jungen Reben oder bei ausgeprägtem Wasser- oder Nährstoffmangel.
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