Käsesorten: Flüchtige Carbonsäuren tragen zum unverwechselbaren Charakter bei
Foto: Switzerland Cheese Marketing
Schweizer Käsesorten werden durch verschiedene Kriterien charakterisiert. Agroscope hat in zehn Käsesorten die flüchtigen Carbonsäuren analysiert und konnte zeigen, dass sich diese zur Charakterisierung und Differenzierung eignen.
Agroscope hat in den letzten Jahrzehnten diverse Schweizer Käsesorten, meist im Auftrag ihrer Sortenorganisationen, mittels chemischer, biochemischer, physikalischer und sensorischer Analysen charakterisiert. Das Ziel war dabei primär die beschreibende Charakterisierung, doch auch der Gedanke einer Differenzierung war immer Treiber dieser Projekte. Gerade letzteres ist nur möglich, wenn ein Vergleich stattfindet. Dies wurde in der vorliegenden Arbeit unter Anwendung von Algorithmen des überwachten maschinellen Lernens[1] nachgeholt. Die flüchtigen Carbonsäuren von 241 Käseproben zehn verschiedener Sorten wurden in die Untersuchung miteinbezogen.
90 % der Käseproben lassen sich korrekt klassifizieren
Mit Hilfe der PyCaret Programmbibliothek konnten parallel mehrere Algorithmen getestet werden. Die besten Ergebnisse wurden mit baumbasierten Algorithmen erzielt – Extra Trees und Random Forest. Nach den zehn Trainingsdurchläufen mit 70 % der Daten konnten über 90 % der Testdaten (dies entspricht den restlichen 30 % der Käseproben-Daten) korrekt klassifiziert werden, ein vielversprechendes Ergebnis.
Ameisensäure ist die wichtigste Carbonsäure
Für eine korrekte Zuordnung der Käseproben hatte die Ameisensäure das grösste Gewicht. Diese Säure entsteht entweder durch eine zugesetzte Kultur von fakultativ heterofermentativen Laktobazillen wie in Appenzeller® oder Emmentaler AOP, oder durch dieselbe Keimgruppe, jedoch aus der Rohmilch stammend, wie beispielsweise in Raclette du Valais AOP. Im Gegensatz dazu ist die Ameisensäure in Extrahartkäsen weniger stark vertreten, was wiederum für diese charakteristisch ist. Für die Klassifizierung weniger wichtige Carbonsäuren waren die Essigsäure und die Buttersäure.
Schlüsselcarbonsäuren für jede Käsesorte
Dank den SHAP-Werten (SHapley Additive exPlanations[2]) konnten für jede Käsesorte die Carbonsäuren entsprechend ihrer Bedeutung für eine korrekte Klassifizierung gewichtet werden. So ist beispielsweise für Berner Hobelkäse ein geringer Anteil an Ameisensäure und ein vergleichsweise grosser Anteil an Capronsäure charakteristisch.
[1] Supervised Learning (deutsch: Überwachtes Lernen) ist ein Verfahren des maschinellen Lernens wo dem Machine-Learning-Algorithmus ein Datensatz, bei dem die Zielvariable bereits bekannt ist, vorgelegt wird. Der Algorithmus erlernt Zusammenhänge und Abhängigkeiten in den Daten, die diese Zielvariablen erklären. Nach dem Training wird die Qualität der Vorhersage bewertet, um anschließend die erlernten Muster auf unbekannte Daten anzuwenden und Prognosen sowie Vorhersagen zu erstellen.
[2] SHAP ist ein Ansatz, der in der Spieltheorie verwendet wird. Mit SHAP kann man die Ausgabe des maschinellen Lernmodells erklären.
Fazit
- Die flüchtigen Carbonsäuren stellen wertvolle Charakterisierungs- und Differenzierungsmerkmale von Schweizer Käsesorten dar.
- Baumbasierte Algorithmen können mindestens 90 % der Käseproben alleine anhand flüchtiger Carbonsäuren korrekt klassifizieren.
- Durch die Interpretation der SHAP-Werte konnte die Bedeutung der einzelnen Carbonsäuren für die Klassifizierung gewichtet werden.
- Für eine korrekte Klassifizierung der Käsesorten ist Ameisensäure die wichtigste und Buttersäure die unwichtigste Carbonsäure.
- Die Anwendung der PyCaret-Programmbibliothek hat sich als ein einfaches und für die praktische Anwendung vielversprechendes Tool herausgestellt.
Literaturhinweis
Käsesorten: Flüchtige Carbonsäuren tragen zum unverwechselbaren Charakter bei