Wie lässt sich der agrarökologische Zustand von Schweizer Landwirtschaftsbetrieben beurteilen?
Foto: Gabriela Brändle,
Agroscope
Forschende von Agroscope haben die Methode der FAO zur agrarökologischen Bewertung von Landwirtschaftsbetrieben erstmals in der Schweiz getestet. Dabei konnten sowohl die Vorteile einer gesamtheitlichen Bewertung als auch die Grenzen des Tools aufgezeigt werden.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO hat in einem partizipativen Ansatz mit den Mitgliedstaaten ein Tool entwickelt, um den agrarökologischen Status von Landwirtschaftsbetrieben mit einer weltweit anwendbaren und vergleichbaren Methode zu bewerten. Das Tool mit dem Namen TAPE (Tool for Agroecology Performance Evaluation) zielt darauf ab, die Leistung von agrarökologischen Systemen in verschiedenen Nachhaltigkeitsdimensionen zu messen. Es besteht hauptsächlich aus einem Interview auf dem Betrieb, bei dem ein standardisierter Fragebogen ausgefüllt wird.
Eine der ersten Anwendungen in einem Land mit hohem Einkommen
Bisher wurde TAPE vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen angewandt. Nun haben Forschende von Agroscope die Anwendung von TAPE in der Schweiz getestet. Zudem haben sie für TAPE einen neuen Biodiversitätsindex entwickelt, der nicht nur die geplante Biodiversität, z. B. die Anzahl von Sorten oder gepflanzten Bäumen, sondern auch die ungeplante Biodiversität wie Wildbienen oder Orchideen berücksichtigt. Dabei wurde die ungeplante Biodiversität nicht direkt im Feld erhoben; stattdessen wurde indirekt beurteilt, wie sich verschiedene landwirtschaftliche Massnahmen auf die ungeplante Biodiversität auswirken.
Grünlandsysteme nicht hinreichend erfasst
Die Interviews wurden auf 21 Betrieben in der ganzen Schweiz durchgeführt, die verschiedene Produktionssysteme abdeckten. Dabei zeigte sich, dass grünlanddominierte Betriebe in der verwendeten TAPE-Version noch nicht vollständig erfasst werden konnten, da viele Fragen für Ackerbausysteme konzipiert sind. Zudem überstieg der Aufwand für die Datenerhebung auf Schweizer Betrieben den Zielbereich von TAPE erheblich. Dies lag vor allem daran, dass die Erfassung von Pestiziden, Maschinen und Informationen über pflanzliche und tierische Produkte komplexer ist als in typischen kleinbäuerlichen Anbausystemen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
Erste agrarökologische Ergebnisse
Dennoch konnten mit TAPE erste agrarökologische Ergebnisse abgeleitet werden. Die untersuchten Betriebe schnitten bei den agrarökologischen Elementen «Verantwortungsvolle Unternehmensführung» und «Soziale Werte» sehr gut ab, während sie bei anderen Elementen wie «Effizienz» oder «Recycling» noch Verbesserungspotenzial aufwiesen. Der Effizienzindex berücksichtigt u.a. den Einsatz externer Betriebsmittel wie Mineraldünger oder Pestizide, und beim Recyclingindex spielen die Wiederverwertung von Biomasse und Nährstoffen, die Einsparung von Wasser, der Zukauf von Saatgut und Tieren und erneuerbare Energien eine Rolle.
Für die meisten agrarökologischen Elemente wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Regionen (Tal/Hügel/Berg) festgestellt, aber zertifizierte Biobetriebe schnitten bei der Agrarökologie deutlich besser ab als Nicht-Biobetriebe. Allerdings ist die Stichprobe mit nur 8 Biobetrieben und 13 Nicht-Biobetrieben nicht repräsentativ für die Schweizer Landwirtschaft.
Neuer Biodiversitätsindex bereits in TAPE integriert
Die Erweiterung des Tools um die ungeplante Biodiversität bereichert die Methode um einen wichtigen ökologischen Aspekt, der bisher nicht berücksichtigt wurde. Der neu entwickelte Biodiversitätsindex basiert auf der europäischen BioBio-Methode, an deren Entwicklung Agroscope ebenfalls beteiligt war. Ein Vergleich mit der wesentlich detaillierteren und zeitaufwändigeren Methode SALCA-Biodiversität zeigte, dass der neue Index die ungeplante Biodiversität zuverlässig misst. Er wurde von der FAO bereits in das Tool TAPE integriert und steht nun anderen Nutzerinnen und Nutzern frei zur Verfügung.
Die Ziele von TAPE (Tool for Agroecology Performance Evaluation): die mehrdimensionale Leistung der Agrarökologie und ihren Beitrag zu verschiedenen Zielen der nachhaltigen Entwicklung aufzeigen. Wissen aufbauen und Produzierende stärken, indem sie gemeinsam mit Hilfe von TAPE Daten erheben und Erkenntnisse teilen. agrarökologische Transformationsprozesse unterstützen, indem Leistungen im Verlauf der Zeit analysiert und Bereiche mit Stärken oder Schwächen sowie förderlichen oder hinderlichen Rahmenbedingungen identifiziert werden. https://www.fao.org/documents/card/en/c/ca7407en/ |
Fazit
- TAPE ist bisher auf die kleinbäuerlichen Anbausysteme von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen ausgerichtet. Der Aufwand für die Datenerhebung war auf den Schweizer Betrieben hoch, da die Erfassung von Pestiziden, Maschinen und Informationen über pflanzliche und tierische Produkte komplexer und dementsprechend auch zeitaufwendiger ist.
- Schweizer Betriebe schnitten bei den agrarökologischen Elementen «Verantwortungsvolle Unternehmensführung» und «Soziale Werte» am besten ab. Andere Elemente wie «Effizienz» oder «Recycling» wiesen noch Verbesserungspotenzial auf. Diese Resultate sollten in Zukunft mit einer grösseren Stichprobe verifiziert werden.
- Agroscope hat für TAPE einen Index für die ungeplante Biodiversität erfolgreich entwickelt und getestet. Er wurde bereits in TAPE integriert.
Literaturhinweis
Wie lässt sich der agrarökologische Zustand von Schweizer Landwirtschaftsbetrieben beurteilen?