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Wie viele Nutztiere braucht die Schweiz zur optimalen Landnutzung?

Nutztiere sind in der Lage, Grasland und Nebenprodukte in wertvolle Lebensmittel umzuwandeln. Doch wie viele Tiere braucht die Schweiz noch, wenn die Ackerflächen statt für Futtermittel primär für die Produktion von Lebensmitteln genutzt würden?

Die Klimastrategie des Bundes für das Jahr 2050 sieht vor, die Ackerflächen in erster Linie für die Nahrungsmittelproduktion zu nutzen. Das Grasland, das aktuell 70 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) ausmacht, sowie die Nebenprodukte der Lebensmittelindustrie sollen weiterhin den Nutztieren zur Verfügung stehen. Ausgehend von diesem Szenario wurde in der vorliegenden Studie berechnet, wie viele Nutztiere nötig sind, um die Grasflächen der Schweiz optimal für die Lebensmittelproduktion zu nutzen und die anfallenden Nebenprodukte möglichst sinnvoll in der Fütterung einzusetzen. Dazu wurden die Flächen des Graslands erfasst, wobei für Ackerland nur noch ein Anteil von 20 % als Kunstwiese zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit berücksichtigt wurde. Das restliche Ackerland stünde der Lebensmittelproduktion zur Verfügung. Anhand der Flächen wurden die Graslanderträge mit den Daten der Grundlagen für die Düngung landwirtschaftlicher Kulturen in der Schweiz (GRUD) geschätzt. Basierend darauf wurde ermittelt, wie viele Rinder es braucht, um das anfallende Futter zu verwerten. Der benötigte Schweinebestand wurde ausgehend vom Molkeanfall in der Käseproduktion geschätzt. Die Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie wurden auf die Schweine und Rinder aufgeteilt, Geflügel wurde keines berücksichtigt.

Ein Grossteil der Graslanderträge stammt von den Naturwiesen

Jährlich können auf den Schweizer Wiesen und Weiden rund 5,9 Mio. Tonnen Trockensubstanz (TS) Gras produziert werden. Die Naturwiesen machen 73 % des Ertrags des Graslands aus. Mit einem Kunstwiesenanteil von 20 % des Ackerlands liegt ihr Anteil am Gesamtertrag bei 17 %. Die Fläche des Sömmerungsgebietes ist zwar ähnlich gross wie die Fläche der Naturwiesen, der Ertrag mit 12 dt TS/ha aber viel tiefer. Daher liegt der Beitrag der Sömmerungsflächen an den Gesamtertrag bei 10 %.

Der Rinderbestand bliebe ähnlich, der Schweinebestand ginge zurück

Um die 5,9 Mio. t TS Gras für die menschliche Ernährung nutzbar zu machen, bräuchte es eine ähnliche Anzahl Rinder, wie sie heute in der Schweiz gehalten werden. Der Milchkuhbestand bliebe mit 545 485 Tieren praktisch auf dem gleichen Niveau wie heute, ebenso die produzierte Verkehrsmilch. Mutterkühe und Mastkälber würden durch Weidemasttiere abgelöst. Werden die Rinder-Grossvieheinheiten (GVE) betrachtet, so liegen diese bei 887 573, was 94 % der Rinder-GVE im Jahr 2019 entspricht. Auch das Schlachtgewicht von Tieren der Rindergattung würde sich im Vergleich zu heute kaum ändern.

Der Schweinebestand ginge auf 61 411 GVE zurück, was 35 % des heutigen Schweinebestands entspricht. Die anfallenden Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie belaufen sich auf 321 541 t TS, wovon noch 13 % in der Schweinefütterung eingesetzt werden könnten. Der Rest stünde den Rindern als Kraftfutter zur Verfügung.

Veränderung der Bestände von Milchkühen, Mutterkühen, Mastkälbern, Rindern und Schweinen (Quellen aktueller Bestand: SBV et al., 2023; BLW, 2022; Proviande, 2022).

Fazit

  • Wenn die Ackerflächen der Schweiz primär zur Produktion von Lebensmitteln genutzt werden, so bleiben 66 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Schweiz, welche nur als Grasland nutzbar sind.
  • Auf den Flächen fallen jährlich 5,9 Mio. Tonnen TS Gras und 320 000 Tonnen TS Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie an, die als Futter für die Nutztiere eingesetzt werden können.
  • Zur Verwertung der anfallenden Futtermittel braucht es einen vergleichbaren Rindviehbestand wie heute. Die produzierten Milch- und Rindfleischmengen würden sich nur gering verändern. Der Schweinebestand würde sich auf einen Drittel bis die Hälfte des heutigen Bestands reduzieren.
  • Der Konsum von Milch und Rindfleisch bliebe stabil, während die Nachfrage nach Schweine- und insbesondere Geflügelfleisch deutlich zurückgehen müsste.
  • Ein solches System würde massive Umstellungen der heutigen Strukturen erfordern und ist unter den aktuellen Umständen kaum realistisch.
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