Agroscope

Auswirkungen einer Blattdüngung mit Stickstoff auf Chardonnay- und Sauvignon-Blanc-Weine

Die Wirksamkeit einer Blattdüngung mit Stickstoff zum Zeitpunkt der Beerenreife hängt vom Stickstoffmangel der Rebe ab, wie eine Studie von Agroscope zeigt. Die Studie bestätigt die Schwellenwerte für einen Mangel an assimilierbarem Stickstoff im Most bei Chardonnay, für Sauvignon Blanc muss dies noch bestätigt werden.

In unseren Rebbergen wird immer konsequenter auf eine reduzierte Düngung und eine Begrünung der Böden gesetzt, wodurch sich die Stickstoffkonkurrenz für die Reben verschärft. Deshalb ist die Steuerung der Stickstoffernährung im Hinblick auf ein nachhaltiges Gleichgewicht zwischen Wuchskraft und Zusammensetzung der Beeren eine grosse Herausforderung. Der Gehalt an assimilierbarem Stickstoff im Traubenmost legt die Bedingungen der Weinbereitung fest und schliesslich auch die Qualität des Weins. Für Chasselas wurden Schwellenwerte für einen Stickstoffmangel im Most festgelegt: Der Gehalt an assimilierbarem Stickstoff gilt als als sehr niedrig bei unter 140 mg N/l Most, als niedrig zwischen 140 und 200 mg N/l und als gut bei über 200 mg N/l. In einem sechsjährigen Versuch im Rebberg von Agroscope in Nyon wurden die Auswirkungen einer späten Blattdüngung (bei der Beerenreife) untersucht und die Schwellenwerte für einen Mangel an assimilierbarem Stickstoff bei Chardonnay und Sauvignon Blanc validiert.

Stickstoffgabe zum Zeitpunkt der Reife ist wirksam, ausser bei schwerem Mangel

Die Chardonnay-Reben wiesen zu Beginn einen mässigen Stickstoffmangel auf (1,84 % der Trockensubstanz der Blätter bei der Reifen der Beeren), während die Sauvignon Blanc-Reben einen stärkeren Stickstoffmangel aufwiesen (1,63 %) und Anzeichen von mangelnder Wuchskraft aufwiesen. Im Durchschnitt über sechs Jahre konnte durch die Blattdüngung der Stickstoffgehalt bei beiden Sorten um 0,26±0,11 % der Trockenmasse erhöht werden. Durch die Düngung nahm auch die Konzentrationen an assimilierbarem Stickstoff im Most zu (+69 mg/l bei Chardonnay und +67 mg/l bei Sauvignon Blanc). Nach der Blattdüngung stieg damit der durchschnittliche Gehalt an assimilierbarem Stickstoff im Most bei der Chardonnay-Kontrolle von einem starken Mangel (125±32 mg N/l) auf ein gutes Niveau (194±52 mg N/l), während die Gehalt bei der Kontrolle für Sauvignon Blanc so niedrig war (65±26 mg N/l), dass trotz Düngung ein starker Mangel blieb (132±39 mg N/l).

Schwellenwerte für den Mangel gelten auch für Chardonnay und müssen aber für Sauvignon Blanc bestätigt werden

Bei der Verkostung machten die Chardonnay-Weine aus den gedüngten Reben im Vergleich zu den Kontrollweinen desselben Jahrgangs einen besseren Gesamteindruck. Das Bouquet war feiner und es waren insbesondere weniger negative Aromen festzustellen, die mit dem Stickstoffmangel im Most zusammenhängen (Heu, Mopp, Wachs). Am Gaumen waren diese Weine aufgrund der deutlich weniger wahrnehmbaren Bitterkeit und Adstringenz ausgewogener (Abbildung 1). Bei Sauvignon-Blanc-Weinen waren dieselben Trends wie bei Chardonnay festzustellen, die Unterschiede waren allerdings nicht signifikant, vermutlich weil der Gehalt an assimilierbarem Stickstoff unter dem kritischen Schwellenwert von 140 mg N/l blieb. Die Korrelation zwischen dem Gehalt an assimilierbarem Stickstoff im Most und dem Gesamteindruck des Weins war bei Chardonnay hoch signifikant (p = 0,003), bei Sauvignon Blanc dagegen nicht signifikant (Abbildung 2).

Die für Chasselas festgelegten Schwellenwerte zum assimilierbarem Stickstoffmangel im Most scheinen also auch für Chardonnay, müssen aber für Sauvignon Blanc bestätigt werden.

Abbildung 1. Vergleich der organoleptischen Profile von Weinen aus Reben von Chardonnay (A) und Sauvignon Blanc (B) nach Blattdüngung mit Stickstoff (20 kg N/l) mit den jeweiligen Kontrollweinen (0 kg N/L). Mittelwerte 2006- 2011. Varianzanalyse: « . », p < 0.10 ; « * », p < 0.05; « ** », p < 0.01.
Abbildung 2. Korrelationen zwischen der Konzentration an assimilierbarem Stickstoff im Most bei der Lese und dem Gesamteindruck der Weine bei der Verkostung. Die Korrelation ist hoch signifikant für Chardonnay (A) und nicht signifikant für Sauvignon Blanc (B). Nyon, Schweiz, 2006-2011. Für jeden Jahrgang wurden Reben nach Blattdüngung mit Stickstoff (20 kg N/L, weisse Punkte) mit ungedüngten Reben der Kontrolle (0 kg N/l, schwarze Punkte) verglichen.

Fazit

  • Die Blattdüngung mit Stickstoff bei der Reife erhöht den Gehalt an assimilierbarem Stickstoff im Most ohne die Wuchskraft der Reben erheblich zu beeinflussen.
  • Die Blattdüngung verbesserte die Qualität der Weine aus Reben mit mässigem Stickstoffmangel, reichte aber bei starkem Mangel nicht aus. In diesem Fall muss zuerst das Nährstoffgleichgewicht der Reben wiederhergestellt werden.
  • Die für Chasselas vorgeschlagenen Schwellenwerte für den Mangel an assimilierbarem Stickstoff konnten für Chardonnay validiert werden, sind aber für Sauvignon blanc noch zu bestätigen.
  • Sauvignon-Blanc-Reben zeigten unter gleichen Anbaubedingungen stärkere Anzeichen von Stickstoffmangel als Chardonnay-Reben, was die genetisch bedingten Einflüsse auf die Stickstoffernährung der Pflanzen unterstreicht.
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