Agroscope

Wie wirtschaftlich ist die Bio-Weidemast?

Rindfleisch kann auf verschiedene Weise erzeugt werden. Die Intensivmast ist produktiver, die extensive Bio-Weidemast erzielt höhere Preise – doch was ist wirtschaftlicher? Agroscope hat die beiden Produktionssysteme miteinander verglichen.

Das meiste Rindfleisch kommt aus spezialisierten Rindviehmastbetrieben, deren Tiere mehrheitlich von Milchproduktionsbetrieben stammen. Diese sogenannten Remonten sind meist männlich und haben oft einen Vater einer spezialisierten Mastrasse. Sie werden entweder auf dem Milchbetrieb oder auf spezialisierten Tränkerbetrieben aufgezogen. Die Remonten sind der grösste Kostenfaktor auf einem spezialisierten Rindermastbetrieb.

Ab hier trennen sich die Wege der intensiven und extensiven Mast: Weidebeef nach Bio Suisse Standard basiert auf Wiesenfutter, während bei intensiver Rindermast energiereiches Zusatzfutter wie Maissilage oder Kraftfutter eingesetzt wird und die Tiere ganzjährig im Stall gehalten werden.

Agroscope-Forschende untersuchten wie die beiden Produktionssysteme hinsichtlich Produktivität, Kostenstrukturen und Wirtschaftlichkeit abgeschnitten haben.

450 kg Schlachtgewicht pro Hektare mit Weidemast

Die Forscher wählten zehn spezialisierte Weidemastbetriebe aus den Programmen Bio-Weidebeef und Silvestri Bio-Weiderind zufällig aus. Bedingung für die Teilnahme waren eine Mindestablieferung von 20 Masttieren pro Jahr, keine Mutterkuhhaltung sowie der Standort in der Talregion. Die Daten zur Intensiv-Rindermast stammen aus dem gleichen Buchhaltungsjahr (2019). Es handelte sich dabei um 11 Betriebe mit IP-Suisse Standard, die in einer vorgängigen Studie nach der gleichen Methodik erfasst wurden. Die Weidemastbetriebe hatten im Durchschnitt 51 Mastplätze, die IP-Rindermastbetriebe 57 Mastplätze. Ausgehend von den IP-Rindermastbetrieben erfolgte zusätzlich eine Hochrechnung auf einen konventionellen Intensiv-Rindermastbetrieb mit 100 Plätzen nach gesetzlichem Minimalstandard (Tierschutzverordnung).

Das Weidemastsystem produzierte jährlich rund 450 kg Schlachtgewicht (SG) je Hektare Hauptfutterfläche praktisch allein mit Wiesenfutter. Die Produktivität bei der Intensivmast lag jedoch mit 1200 kg je Hektare fast dreimal höher.

Gute Wirtschaftlichkeit mit Bio-Weidemast

Die Arbeitszeit je Mastplatz und Jahr betrug 31 Stunden bei Bio-Weidemast- und IP-Suisse Intensivmast-Betrieben, während der konventionelle Modellbetrieb aufgrund des grösseren Bestandes und einfacheren Aufstallungssystems (Spaltenböden) nur 20 Stunden je Mastplatz benötigte. Der Einsatz von Ackerfutter sowie der Einkauf von Kraftfutter erlaubt grössere Rindviehbestände auf weniger Fläche sowie höhere Tageszunahmen, was im Wesentlichen die hohe Flächen- und Arbeitsproduktivität der Intensivmast erklärt. Während die Bio-Weidemast im Durchschnitt nur 20 Rappen je kg SG für Ergänzungsfutter aufwendet, sind es bei den Intensivmastsystemen 12-mal mehr (2.46 Fr.). Dazu kommt der hohe Einsatz von Maissilage in den Intensivmast-Systemen, die sich auch in den höheren Maschinenkosten widerspiegeln (Lohnunternehmerkosten). Höhere Strukturkosten aufgrund eines höheren Tierwohl-Standards führen in Kombination mit kleineren Beständen bei den IP-Suisse Betrieben mit einer Arbeitsverwertung von gut 11 Fr. je Stunde zu einer mässigen Wirtschaftlichkeit. Bei der Weidemast bringen tiefe Kosten, höhere Direktzahlungen und höhere Preise mit knapp 21 Fr. Arbeitsverwertung trotz tieferer Produktivität deutlich bessere Ergebnisse. Noch besser steht allerdings der Modellbetrieb mit 100 Mastplätzen da: Aufgrund der hohen Produktivität würde er mit gut 26 Fr. Arbeitsverwertung nahezu eine volle Kostendeckung erreichen und gleichzeitig auch das günstigste Rindfleisch produzieren.

Fleisch aus Gras

Die Produktion von Bio-Weidefleisch kommt nicht in Konkurrenz mit Flächen, die direkt für die menschliche Ernährung eingesetzt werden könnten. Diese Eigenschaft könnte in Zukunft an Relevanz gewinnen, wenn die Ressourcen knapper werden. Der Marktanteil von Fleisch aus spezialisierter Bio-Weidemast ist jedoch äusserst gering, obwohl es günstiger produziert wird als Fleisch aus Bio-Mutterkuhhaltung. Die mangelnde Verfügbarkeit von Remonten scheint dafür ein wichtiger Grund zu sein. Dabei wendet der Weidemastbetrieb aufgrund der geringeren Produktivität je kg SG 64 % höhere Kosten für Remonten auf – im Wettbewerb mit den Intensivmastbetrieben ist das eine ungünstige Voraussetzung.

Fazit

  • Die Bio-Weidemast mit Remonten ist wirtschaftlich attraktiv. Die Spezialisierung und weitgehende Vereinfachung des Produktionssystems trägt zu einer sehr guten Arbeitseffizienz bei, was vergleichsweise hohe Arbeitsverwertungen ermöglicht.
  • Die intensive Rindermast ist deutlich produktiver und produziert das Fleisch günstiger, erreicht aber nur bei grösseren Beständen eine gute Wirtschaftlichkeit.
  • Die Verfügbarkeit von Remonten scheint für die Erhöhung des Marktanteils in der Bio-Weidemast ein Nadelöhr zu sein. Dieser Engpass könnte beseitigt werden, wenn der gesamte Bio-Rindviehsektor unter Einbezug der Milchproduktionsbetriebe besser aufeinander abgestimmt wäre, sodass mehr Remonten von Biomilch-Betrieben an die Bio-Weidemast verkauft würden.
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