Effekte ausgewählter Faktoren auf die Biodiversität in Schweizer Agrarlandschaften
Foto: Jonas Winizki,
Agroscope
Der Landwirtschaftsraum der Schweiz beherbergt eine grosse Vielfalt an teils gefährdeten Arten und Lebensräumen. Die Studie beleuchtet verschiedene direkte und indirekte, positive und negative Faktoren mit Einfluss auf die Biodiversität.
Im Rahmen des Monitoringprogramms ALL-EMA von Agroscope wurden Daten zum Zustand der Diversität von Lebensräumen, Pflanzen, Tagfaltern und Brutvögeln und aus drei nationalen Monitoringprogrammen zusammen mit verschiedenen Faktoren, die direkt oder indirekt mit der Biodiversität auf Landschaftsebene zusammenhängen, ausgewertet.
Zu geringe Artenvielfalt in den tieferen Lagen der Schweizer Agrarlandschaft
In der Schweiz sind Beiträge für Biodiversitätsförderflächen (BFF) seit 1993 Teil des Direktzahlungssystems und bezwecken die Förderung und Erhaltung der Arten und Lebensräume in der Landwirtschaft.
Obwohl die Fördermassnahmen teilweise Wirkung zeigen, verdeutlichte ein erster Zustandsbericht von ALL-EMA insbesondere im Agrarraum des Schweizer Tal- und Hügelgebiets ein Defizit an Biodiversität, wo die Artenvielfalt trotz günstiger abiotischer Bedingungen deutlich geringer ist als in den höheren Lagen. Um die Diversität von Arten und Lebensräumen in Schweizer Agrarlandschaften unter dem Einfluss verschiedener biotischer und abiotischer Bedingungen durch Massnahmen gezielt zu fördern, müssen die verschiedenen bestimmenden Faktoren auch auf grösseren räumlichen Skalen verstanden werden.
Studie zur Beurteilung der Biodiversität mit Daten aus drei Monitoringprogrammen
Der Zustand der Biodiversität im Landwirtschaftsgebiet der Schweiz wurde anhand der Artenvielfalt von vier Biodiversitätsindikatoren beurteilt: 1) Lebensraumtypen, 2) Pflanzen, 3) Tagfalter und 4) Brutvögel. Die Erhebungen wurden in insgesamt 170 Untersuchungsquadraten von je 1 km2, also auf Landschaftsebene, verteilt über die landwirtschaftlichen Zonen (Talzone bis Sömmerungsgebiet) und die Hauptregionen der Umweltziele Landwirtschaft und im Zeitraum 2015 bis 2019 durchgeführt (Beprobung von 1/5 aller Untersuchungsquadrate pro Jahr).
Die Untersuchung basiert auf Daten folgender Programme:
Programm 1: Die Daten zu Pflanzen und Lebensräumen stammen aus dem Programm «ALL-EMA» von Agroscope (www.allema.ch).
Programm 2: Die Tagfalterdaten sind aus dem «Biodiversitätsmonitoring Schweiz» (www.biodiversitymonitoring.ch).
Programm 3: Das «Monitoring Häufige Brutvögel» der Schweizerischen Vogelwarte Sempach lieferte die Daten der Brutvögel (www.vogelwarte.ch/de/projekte/monitoring/monitoring-haeufige-brutvoegel).
Nutzungsintensität reduziert die Biodiversität direkt
Ein intensiver Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln gilt als eine der Hauptursachen für den Rückgang der Artenvielfalt in der Landwirtschaft. Das in der Studie verwendete Modell bestätigte diese Annahme, indem ein deutlich negativer direkter Einfluss der Bewirtschaftungsintensität auf die Diversität von Lebensräumen und verschiedenen Artengruppen auf der räumlichen Ebene ganzer Landschaften nachgewiesen wurde.
BFF und Bio-Bewirtschaftung fördern die Artenvielfalt
Ein grösserer Flächenanteil von BFF in den untersuchten Landschaftsquadraten ging mit einer höheren Biodiversität einher. Diese Flächen leisten damit einen wichtigen Beitrag als Nahrungs-, Rückzugs-, Nist- und Überwinterungsraum, der in einer intensiv genutzten Landschaft meist nicht mehr ausreichend zur Verfügung steht.
Die Auswertung zeigte ebenfalls einen direkten positiven Zusammenhang zwischen Bio-Bewirtschaftung und Biodiversität auf Landschaftsebene.
Abiotische Faktoren wirken nicht nur direkt auf die Biodiversität
Biodiversitätsrelevante Faktoren wie die Temperatur wurden in bisherigen Forschungsarbeiten meist als direkt wirksame Faktoren und lokal untersucht. Indirekte Zusammenhänge zwischen verschiedenen Faktoren auf Landschaftsebene wurden kaum berücksichtigt. Die Studie verdeutlicht jedoch auch starke Zusammenhänge zwischen abiotischen Bedingungen und der Artenvielfalt. Zum Beispiel beeinflusste die Temperatur den Zustand der Biodiversität einer Agrarlandschaft nicht nur direkt, sondern auch indirekt indem sie die Nutzungsart wie auch die Bewirtschaftungsintensität einer Landschaft massgeblich mitbestimmt. Es ist deshalb notwendig bei agrarpolitischen Massnahmen wie zum Beispiel Vernetzungsprojekten zur grossräumigen Förderung der Biodiversität auch indirekte Zusammenhänge auf Landschaftsebene möglichst umfassend zu berücksichtigen.
Fazit
- Biodiversitätsförderflächen und Bio-Bewirtschaftung wirken sich auch auf Landschaftsebene positiv auf die Biodiversität aus.
- Die Bewirtschaftungsintensität hat einen direkten negativen Einfluss auf die Biodiversität von Agrarlandschaften.
- Wichtige abiotische Faktoren wie z. B. die Temperatur beeinflussen die Artenvielfalt nicht nur direkt, sondern auch indirekt, indem sie die Nutzung einer Landschaft massgeblich beeinflussen.
- Zur umfassenden Beurteilung von Zustand und Entwicklung der Biodiversität und darauf basierend die gezielte und effiziente Ausrichtung von Fördermassnahmen sind ganzheitliche Ansätze unter Einbezug aller relevanter Faktoren notwendig.
Literaturhinweis
Effekte ausgewählter Faktoren auf die Biodiversität in Schweizer Agrarlandschaften.