Agroscope, dss+, Flury&Giuliani GmbH

Landwirtschaftliche Treibhausgasrechner im Praxistest: Möglichkeiten und Grenzen

Treibhausgas-Rechner können mithelfen, Massnahmen zur Emissionsreduktion auf Landwirtschaftsbetrieben zu identifizieren und deren Wirkung nach der Umsetzung zu quantifizieren. Damit dies erfolgreich ist, müssen die Möglichkeiten und Grenzen von Treibhausgas-Rechnern bekannt sein.

Verschiedene Massnahmen existieren, um Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft zu reduzieren. In der Praxis stellt jedoch häufig die Identifikation von passenden Massnahmen sowie der Nachweis von erreichten Emissionsreduktionen eine Herausforderung dar. Treibhausgas-Rechner sind Bilanzierungsinstrumente, welche die Identifikation von passenden Massnahmen sowie den Wirkungsnachweis unterstützen und dadurch einen erfolgreichen Klimaschutz in der Praxis vorantreiben können. Die Erwartungen an Treibhausgas-Rechner können jedoch überhöht sein. In einem Pilotprojekt – AgroCO2ncept – wurde der Rechner AgriClimateChange-Tool (ACCT) für die einzelbetriebliche Treibhausgasbilanzierung eingesetzt.

Den eigenen Betrieb durch die «Klimabrille» betrachten

Ziel des Projekts AgroCO2ncept war es, die Treibhausgasemissionen auf Betriebsebene um 20% zu reduzieren, ohne dabei die Produktivität zu mindern. Im Projekt wurden 21 Betriebe zu Beginn, während und am Ende des Projekts bilanziert. Im Anschluss an die erste Bilanzierung sassen Berater/-innen und Landwirt/-innen zusammen, betrachteten die Betriebe gemeinsam durch eine «Klimabrille» (Treibhausgas-zentrierte Perspektive) und stellten Klimaschutzmassnahmen zur Umsetzung zusammen. Die Begleitung der Landwirtinnen und Landwirte im Projekt AgroCO2ncept durch Fachpersonen war wichtig. Das gemeinsame Aufsetzen der «Klimabrille» konnte die Motivation der Landwirtinnen und Landwirte erhöhen – ein zentraler Erfolgsfaktor. Dank der Beratungen liessen sich Handlungsoptionen finden, die auf den jeweiligen Betrieb zugeschnitten waren.

Quantifizierung von Reduktionserfolgen als Herausforderung

Am Ende des Projekts wurde in der Summe aller Betriebe eine Emissionsreduktion von -5% ausgewiesen. Das Projektziel einer Reduktion um -20% wurde nur von 2 Betrieben erreicht. Im Projekt zeigte sich zudem, dass betriebsexterne Faktoren (z.B. Witterung) und die sich verändernden Betriebsstrukturen die Emissionen deutlich beeinflussten und die Wirkung von Reduktionsmassnahmen überlagerte. So stand die Emissionsreduktion aller Betriebe (-5%) einzelbetrieblichen Entwicklungen der Emissionen zwischen +68% und -47% gegenüber. Dadurch wird die Emissionsreduktion aller Betriebe um -5% relativiert und es zeigt sich, dass der Nachweis der Reduktionserfolge mittels ACCT mit grossen Herausforderungen verbunden ist. Sollten dereinst Zahlungen an die Resultate von Treibhausgasrechnern gekoppelt werden, sind grundlegende Überlegungen (z.B. zu geeigneten Kenngrössen oder Indikatoren) nötig, um eine faire Entschädigung der erbrachten Leistungen zu gewährleisten.

Einzelbetriebe im Landwirtschafts- und Ernährungssystem

Treibhausgas-Rechner können betriebsübergeordnete Rahmenbedingungen (z.B. Flächen-/ Nahrungsmittelkonkurrenz) bisher meist nicht abbilden. Diese müssen zusätzlich berücksichtigt werden, um negative Entwicklungen im gesamten Landwirtschafts- und Ernährungssystem zu verhindern. Weiterhin weisen die teilweise geringen einzelbetrieblichen Reduktionserfolge im Projekt darauf hin, dass zusätzlich systemische Veränderungen (z.B. Konsum- und Produktionsmuster) notwendig sind, um die politisch gesetzten Klimaziele zu erreichen. Dies kann nur im Zusammenspiel aller gesellschaftlicher Akteure gelingen.

Fazit

  • Treibhausgas-Rechner können in der Praxis bei der Planung von Klimaschutzmassnahmen einen Mehrwert bieten.
  • Ein Reduktionsnachweis wird durch den Einfluss externer Faktoren und sich verändernder Betriebsstrukturen stark erschwert.
  • Sollten Zahlungen an die Resultate von Treibhausgas-Rechnern gekoppelt werden, sind grundlegende Überlegungen zum Umgang mit dynamischen Betriebsstrukturen, Schwankungen durch äussere Einflüsse, sowie Systemgrenzen und Kenngrössen/Indikatoren nötig.
  • Systemische Rahmenbedingungen müssen entweder direkt in den Treibhausgas-Rechnern oder in einem allgemeinen Projektansatz mitberücksichtigt werden, um eine nachhaltige Entwicklung im gesamten Landwirtschafts- und Ernährungssystem zu unterstützen.
  • Die Motivation der Landwirtinnen und Landwirte, sowie Fachberatungen, Betriebsnetzwerke und faire ökonomische Entschädigungen sind wichtige begleitende Erfolgsfaktoren im praktischen Klimaschutz.
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