Agroscope

Laubarbeit im Rebbau: Zeitpunkt des ersten Schnitts

Ein später Schnitt der Reben hat einen begrenzten Nutzen für die Laubarbeit im Weinbau. Die Auswirkungen auf das Wachstum der Seitentriebe und die Zusammensetzung des Mostes sind gering.

Heute kommen im Rebbau verschiedene Reben-Erziehungssysteme zum Einsatz. Dazu gehören Erziehungssysteme wie Guyot oder Cordon de Royat, die die Pflege des Rebbergs und die Mechanisierung der Arbeiten erleichtern. Nach dem Befestigen der Triebe an den Drähten müssen sie so geschnitten werden, dass der Durchgang durch die Reihen und die Behandlungen mit Pflanzenschutzmitteln erleichtert werden. Nach dem ersten Schnitt wachsen die Triebe jedoch nicht mehr in die Länge, sondern stattdessen wird das Wachstum der Seitentriebe angeregt, die sich aus Achselknospen des Haupttriebs entwickeln. Die durch dieses sekundäre Wachstum erforderlichen Entlaubungsarbeiten können aufwändig sein und sich auf die Pflanzengesundheit, den Ertrag und die Zusammensetzung der Beeren bei der Lese auswirken. Eine mögliche Lösung besteht darin, den ersten Schnitt später in der Saison durchzuführen und damit das Wachstum der Seitentriebe so weit wie möglich zu verzögern.

In einem von Agroscope im Weinbaugebiet La Côte in der Schweiz von 2003 bis 2006 durchgeführten Versuch wurden die Auswirkungen eines normalen Schnitts mit einem späten Schnitt verglichen. Es wurden zwei Behandlungsvarianten mit jeweils zwei Wiederholungen untersucht: (1) normaler erster Schnitt im phänologischen Stadium «Ende der Blüte» (BBCH 67-69, Ende Juni) und (2) später erster Schnitt im Stadium «Beginn der Reife» (BBCH 81, Ende Juli). Der Zeitraum des ersten Schnitts war der einzige Faktor, in dem sich die beiden Behandlungen unterschieden.

Später Schnitt hat geringe Auswirkungen

Die Ergebnisse wurden hauptsächlich durch die klimatischen Bedingungen des Jahres bestimmt. Durch den späten Schnitt wurde das Wachstum der Seitentriebe in einigen Jahren verringert (Abbildung 1A) und der Gehalt an Phosphor (-0,03 % TS) bzw. Magnesium (-0,03 % TS) in den Blättern geringfügig reduziert. Der späte Schnitt hatte keine signifikanten Auswirkungen auf den Ertrag oder den Befall mit Botrytis (Abbildung 1B). Er senkte den Gesamtsäuregehalt (-0,4 g/l, berechnet als Weinsäure, Abbildung 2) und erhöhte den pH-Wert (+0,02) im Most, ohne die Akkumulation an löslichen Zuckern zu beeinflussen. Durch einen späten Schnitt kann in Jahren mit übermässiger Wuchskraft der Reben das Wachstum der Seitentriebe begrenzt werden. Der physiologische und wirtschaftliche Nutzen eines späten Schnitts ist jedoch begrenzt und die Auswirkungen auf die Mostzusammensetzung sind gering.

Abbildung 1. Anteil der Seitentriebe am Gesamtgewicht des Schnittholzes 2004 (A) und Befall mit Grauschimmel (Brotrytis cinerea) bei Trauben der Weinlese 2006 (B) je nach Zeitpunkt des ersten Schnitts (Ende Juni bzw. Ende Juli). Chasselas, La Côte, Schweiz.
Abbildung 2. Gesamtsäuregehalt im Most bei der Weinlese je nach Jahr und Zeitpunkt des ersten Schnitts (Ende Juni bzw. Ende Juli). Chasselas 2003-2006, La Côte, Schweiz.

Fazit

  • Ein später erster Schnitt reduziert in Jahren mit übermässiger Wuchskraft der Reben das Wachstum der Seitentriebe und trägt zu einer lockereren Laubwand bei.
  • Ein später Schnitt führte im Vergleich zu einem früheren Schnitt zu einem etwas geringerem Phosphor- und Magnesiumgehalt der Blätter.
  • Der späte Schnitt senkte den Gesamtsäuregehalt und erhöhte den pH-Wert im Most, ohne die Akkumulation von löslichen Zuckern zu beeinflussen.
  • Der späte Schnitt hatte in diesem Versuch keine Auswirkungen auf den Ertrag und den Befall mit Botrytis bei der Weinlese.
  • Der Nutzen eines späten Schnitts ist begrenzt und die Auswirkungen auf die Mostzusammensetzung sind gering. Es überwiegten die Auswirkungen der klimatischen Bedingungen des Jahres.
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