Die Digitalisierung der Landwirtschaft stärkt die Rolle der Lohnunternehmen
Foto: Gabriela Brändle,
Agroscope
Der landwirtschaftliche Familienbetrieb ist das Rückgrat des Schweizer Agrarsektors. Eine neu erschienene Studie von Agroscope untersucht, inwieweit die Digitalisierung die Gewichte im institutionellen Gefüge der Landwirtschaft verschieben wird.
Heute vereint der landwirtschaftliche Betrieb zwei wichtige Funktionen: Hier werden einerseits wichtige Produktionsentscheidungen getroffen, andererseits werden sie auch umgesetzt, indem beispielsweise gesät, gedüngt und geerntet wird. Sowohl neue, arbeitssparende Technologien als auch Prozesse der Integration von Wertschöpfungsketten stellen infrage, inwieweit diese beiden wichtigen Funktionen zukünftig immer an den landwirtschaftlichen Betrieb gebunden sein werden.
Einfluss der Ernährungsindustrie steigt
Bereits heute nehmen die Unternehmen im Ernährungssektor immer stärkeren Einfluss auf die Produktionsverfahren, die zum Einsatz kommen. Ein Beispiel ist die Geflügelproduktion: Viele Betriebe sind heute an Verträge gebunden, die die Auswahl der Küken, die Mastdauer und das eingesetzte Futter vorschreiben. Die internationale Forschung zu diesem Thema zeigt deutlich: Betriebe, die sich in eine solche «vertikale Integration» begeben, sind wirtschaftlich erfolgreicher als unabhängig produzierende Betriebe. Und so wird der Einfluss der Ernährungsindustrie auf die Entscheidungen zu Produktionsverfahren weiter zunehmen.
Wandel des Berufsbilds
In der Produktion selbst ist zu beobachten, dass die eingesetzte Technik immer aufwändiger und teurer wird und immer weniger direkten menschlichen Einsatz erfordert. Beide Entwicklungen stärken die Rolle von Lohnunternehmen, die sich auch umfangreiche Investitionen leisten können. In den USA sind selbstfahrende Traktoren bereits zugelassen, und wenn sie auf Schweizer Äckern Einzug halten, wird es wahrscheinlich oft der Schlepper des Lohnunternehmens sein, der pflügt und düngt. Zum einen nehmen die Managementaufgaben von Landwirtinnen und Landwirten zu, zum anderen erhalten sie zusätzliche Freiheiten, da sie weniger an spezifische Arbeitsabläufe auf ihren Betrieben gebunden sein werden. Dieser Aspekt ist gerade auch für die Hofnachfolge wichtig.
Fazit
- Der Beruf des Lohnunternehmers bzw. der Lohnunternehmerin wird an Bedeutung zunehmen. Meist sind es Landwirte, die in diese Branche einsteigen. Gerade für innovative Bäuerinnen und Bauern kann Lohnarbeit ein interessantes Geschäftsfeld sein, das allerdings immer grössere Investitionen und ein ausgeprägtes Technikverständnis erfordert.
- Betriebe, die Kompetenzen abgeben und sich vertraglich in eine Wertschöpfungskette einfügen, profitieren oft finanziell. Damit steigt der Einfluss der Ernährungsindustrie auf die Produktion.
- Mit der Digitalisierung ändert sich das Berufsbild der Landwirtinnen und Landwirte. Die Bedeutung von Managementaufgaben nimmt zu. Die ändernden Anforderungen an Betriebsleitende sollten sich in den Lehrplänen widerspiegeln.
Literaturhinweis
Farming without farms? Challenges for organisational behaviour research in an upcoming transformation process.