Agroscope, FiBL

Wie vulnerabel ist die Schweiz im Hinblick auf Nahrungsmittelimporte?

Die Schweiz ist aufgrund ihres geringen Selbstversorgungsgrads im hohen Masse von Nahrungsmittelimporten abhängig. Deshalb ist es wichtig abzuschätzen, wie verletzlich die Versorgungssicherheit in Bezug auf diese wichtigen Importgüter ist.

Geopolitische Krisen wie Kriege oder Pandemien, aber auch Umweltkrisen wie der Klimawandel führen zu zunehmenden Gefährdungen der weltweiten Nahrungsmittelversorgung. Um mögliche Gefährdungen von Nahrungsmittelimporten in die Schweiz zu erkennen, wurde ein multifaktorieller und standardisierter Import-Vulnerabilitäts-Index (IVI) entwickelt.

Diverse Faktoren beeinflussen den Import-Vulnerabilitäts-Index

Basierend auf einer Literaturanalyse wurden zunächst einzelne Faktoren ausgewählt, welche die Verletzlichkeit von Nahrungsmittelimporten beeinflussen. Dabei wurden Datenquellen bevorzugt, die frei zugänglich sind. Der IVI umfasst (i) einen Exporteur-Vulnerabilitäts-Index (EVI), der sich aus vier exporteurspezifischen Faktoren zusammensetzt, und (ii) einen Produkt-Vulnerabilitäts-Index (PVI), der sich aus drei produktspezifischen Faktoren zusammensetzt (Abb. 1).

Abb. 1: Konzeptioneller Rahmen des Import-Vulnerabilitäts-Index.

Um die Vulnerabilität der Schweizer Nahrungsmittelimporte zu quantifizieren, wurden die einzelnen Faktoren mit den Handelsströmen verknüpft. Der IVI sowie die Subindizes EVI und PVI wurden beispielhaft auf jährlicher Basis für den Zeitraum 2014 bis 2019 berechnet. Aus den Ergebnissen lassen sich für diesen Zeitraum die folgenden Schlussfolgerungen ziehen:

Ein Grossteil der Schweizer Nahrungsmittel wurde aus Nachbarländern importiert

Bedeutende Herkunftsländer von Nahrungsmitteln wie zum Beispiel Deutschland, Frankreich oder Italien wiesen zwischen 2014 und 2019 einen geringen EVI auf. Dies deutet darauf hin, dass die wichtigsten Handelspartner der Schweiz in Bezug auf die Regierungsführung, klimatische Risiken, Exportkapazität und technologische Entwicklung in einem geringen Mass Verletzlichkeiten aufwiesen.

Bei den meisten Produkten war der Import nicht gefährdet

Hohe Vulnerabilitätswerte wurden lediglich für Ölsaaten und Mühlenerzeugnisse identifiziert. Bei diesen Produkten dominierte die Konzentration auf wenige exportierende Länder den PVI. Eine hohe Importabhängigkeit verzeichnen erwartungsgemäss Produkte, die nicht in der Schweiz produziert werden können, wie z.B. Kaffee und exotische Früchte. Bei Fleisch, das im Rahmen von versteigerten Zollkontingenten importiert wird, war eine hohe Volatilität der Importpreise zu beobachten.

Kaum Schwankungen der Vulnerabilität von Nahrungsmittelimporten

Der IVI der Schweiz wies von 2014 bis 2019 weder grosse Schwankungen noch Trends auf (Abb. 2). Exporteurspezifische Faktoren spielten im Vergleich zu produktspezifischen Faktoren eine wichtigere Rolle. Obwohl sich der Klimawandel zunehmend negativ auf die globale landwirtschaftliche Produktion auswirkt, blieb der Wert des Faktors klimatische Risiken zwischen 2014 und 2019 überraschenderweise nahezu konstant.

Abb. 2: Entwicklung des Import-Vulnerabilitäts-Index und seiner einzelnen Faktoren über alle Produkte von 2014 bis 2019.

Fazit

  • Monitoring-Tools wie der IVI bieten rückblickend wichtige Erkenntnisse über potentielle Gefährdungen der Nahrungsmittelimporte. 
  • Die Schweizer Nahrungsmittelimporte können für den Zeitraum 2014 bis 2019 als wenig vulnerabel beurteilt werden. Ein Grossteil der Importe stammte aus verlässlichen Herkunftsländern.
  • Bei einigen Produkten wie Ölsaaten und Müllereierzeugnissen war die Zahl der Herkunftsländer relativ gering. Die Vulnerabilität dieser Produkte könnte durch eine stärkere Diversifizierung der Herkunftsländer verringert werden.
  • Das vorgeschlagene Konzept des IVI ist weiter ausbaubar, indem beispielsweise für die Nahrungsmittelproduktion erforderliche Produktionsmittelimporte wie Mineraldünger und Energie miteinbezogen werden.
  • Um aktuelle Entwicklungen allerdings besser abzubilden, müsste das Monitoring von Nahrungsmittelimporten auf Echtzeitdaten basieren, sodass Entscheidungsträger und Entscheidungsträgerinnen sowie Akteure entlang der Wertschöpfungskette rechtzeitig reagieren können.
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