Agroscope, ETH Zürich

Sprachregionen gewichten agrarpolitische Ziele unterschiedlich

Eine Online-Umfrage zeigt, dass für die Schweizer Bevölkerung alle agrarpolitischen Ziele wichtig sind. Zwar stehen Tierwohl und bäuerliches Einkommen überall an oberster Stelle. Bei der Gewichtung der Ziele sind sich die Sprachregionen hingegen uneinig.

Die agrarpolitischen Ziele umfassen eine Vielzahl von Bereichen, wie beispielsweise die sichere Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln, eine angemessene Abgeltung der Leistungen der Landwirtschaft, verschiedene Umweltziele sowie die Sicherstellung des Tierwohls. Dafür setzt die Schweiz im internationalen Vergleich hohe finanzielle Mittel ein. Zudem steht die Agrar- und Ernährungspolitik regelmässig im Fokus gesellschaftlicher und politischer Diskussionen. So werden mit grosser Regelmässigkeit Volksinitiativen im Themenfeld zur Abstimmung gebracht.

Ein Online-Umfrage in drei Sprachregionen

Im Herbst 2022 wurde eine Online-Umfrage in drei Sprachregionen mit 1542 Teilnehmenden durchgeführt. Es nahmen 505 Personen aus der Deutsch-Schweiz, 517 aus der West-Schweiz und 520 aus dem Tessin an der Umfrage teil. Zwei Fragen sollten beantwortet werden:

  1. Bitte geben Sie für die nachfolgenden Aspekte an, wie wichtig diese Ihrer Meinung nach für die Landwirtschaft in der Schweiz sein sollten.
  2. Bitte geben Sie für die nachfolgenden Aspekte an, wie wichtig diese bei der Verteilung des Agrarbudgets sein sollten.

Beide Fragen wurden anhand einer Likert-Skala von 1 = gar nicht wichtig bis 7 = sehr wichtig beantwortet. Die Auswertung beider Fragen und die Verwendung verschiedener Methoden führte zu sehr ähnlichen Ergebnissen und Schlussfolgerungen.

Tierwohl und Einkommen für Landwirte wichtiger als tiefe Konsumentenpreise

Alle abgefragten agrarpolitischen Ziele werden als wichtig eingestuft (Mittelwerte > 5 auf einer Skala von 1−7). Abbildung 1 zeigt die Ziele geordnet nach ihrer Wichtigkeit. Unsere Analyse zeigt, dass die Verbesserung des Tierwohls das wichtigste Ziel für die Schweizer Bevölkerung ist. Die Sicherstellung eines angemessenen bäuerlichen Einkommens ist das zweitwichtigste Ziel. Die Landwirtinnen und Landwirte können hier auf die Unterstützung der Schweizer Bevölkerung zählen. Die beiden am wenigsten wichtigen Ziele sind niedrigere Lebensmittelpreise und die Steigerung der inländischen Nahrungsmittelproduktion.

Die Wichtigkeit variiert jedoch stark von Person zu Person. Insbesondere persönliche Einstellungen spielen eine zentrale Rolle bei der Erklärung der Präferenzen für agrarpolitische Ziele. Soziodemografische Merkmale beeinflussen die agrarpolitischen Präferenzen kaum.

Es gibt Unterschiede zwischen den Sprachregionen

In der Deutschschweiz wird die Reduktion der Treibhausgasemissionen, die Senkung der Lebensmittelpreise und die Sicherung eines angemessenen bäuerlichen Einkommens als signifikant weniger wichtig erachtet als in der Westschweiz und im Tessin. Die Steigerung der Inlandproduktion wird dagegen in der Deutschschweiz als signifikant wichtiger eingeschätzt als in den anderen beiden Sprachregionen. Den Befragten in der Westschweiz ist es wichtiger als in den beiden anderen Sprachregionen, den Bauern ein angemessenes Einkommen zu sichern und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

Abb. 1. Wichtigkeit von acht agrarpolitischen Zielen in drei Schweizer Sprachregionen (Rang 1 = wichtigstes Ziel) (N Total = 1542; N Deutsch-Schweiz = 505; N West-Schweiz = 517; N Tessin = 520).

Fazit

  • Alle agrarpolitischen Ziele sind der Schweizer Bevölkerung wichtig. Dies zeigt, dass die Multifunktionalität der Landwirtschaft verstanden und breit akzeptiert wird.
  • Aus Sicht der Schweizer Bevölkerung sollte das Thema Tierwohl oben auf der agrarpolitischen Agenda stehen.
  • Die Wichtigkeit agrarpolitischer Ziele unterscheidet sich signifikant zwischen den Sprachregionen, was in politischen Diskussionen berücksichtigt werden sollte.
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