Agroscope, Universität Neuenburg

Blanchier: Wiederentdeckung einer alten Rebsorte in den Walliser Rebbergen

Der Blanchier war im 19. Jahrhundert im Wallis weit verbreitet, galt aber als verschwunden. Nun wurde die Rebsorte an mehreren Standorten wiederentdeckt.

Im Jahre 1905 beschrieb der Ampelograph (Rebsortenforscher) Adrien Berget die Sorte Blanchier, die damals im Wallis noch weit verbreitet war. Auch andere historische Quellen belegten die Existenz dieser Rebsorte. Ende des 20. Jahrhunderts galt die Rebsorte jedoch als verschwunden.

Das Geheimnis des Blanc des Hombes

Im Jahre 1997 tauchte an einem Spalier am Standort «Les Hombes» in Chelin (Gemeinde Lens, VS) Pflanzenmaterial einer unbekannten weissen Rebsorte auf. Im Jahr 1999 wurde diese Sorte unter der Bezeichnung «Blanc des Hombes» in die ampelographische Sammlung von Agroscope in Pully aufgenommen. Die damals durchgeführten genetischen Analysen konnten das Pflanzenmaterial keiner bestehenden Rebsorte zuordnen. Im Laufe der 2000er Jahre wurden vier neue Akzessionen dieser Rebsorte an anderen Standorten im Wallis (Fully, Granges, Lalden, Mont Noble) gefunden.

Übereinstimmende Hinweise

Ampelographische und agronomische Analysen des «Blanc des Hombes» haben gezeigt, dass seine Eigenschaften der von Adrien Berget im Jahr 1905 beschriebenen Rebsorte Blanchier übereinstimmten. Die letzte Akzession des «Blanc des Hombes» wurde 2015 in einem Rebberg in der Gemeinde Mont Noble gefunden. Nach Angaben des Eigentümers war der Rebberg mit Gros Bourgogne und Blanchier bepflanzt, bevor er 1957−1958 nach dem Winterfrost von 1956 neu bepflanzt wurde.
Diese zahlreichen Indizien und die wiederholten Funde zeigten, dass es sich um eine verloren gegangene uralte Rebsorte handelte, d.h. dass der «Blanc des Hombes» tatsächlich der Rebsorte Blanchier entspricht, die 1905 von Adrien Berget beschrieben wurde.

Transalpiner Ursprung

Neuere genetische Analysen, die Wissenschaftler in Italien an über 178 Akzessionen aus der Region Emilia-Romagna durchgeführt haben, haben gezeigt, dass die im Wallis mehrfach entdeckte Rebsorte «Blanc des Hombes» mit der in Italien unter dem Namen Stciucaera bianca identifizierten Rebsorte übereinstimmt. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Rebsorten im Laufe der Jahrhunderte die Alpen überquert haben.

Fazit

  • Zwischen 1997 und 2015 wurden fünf Akzessionen einer unbekannten weissen Rebsorte in Walliser Rebbergen entdeckt und unter dem Namen «Blanc des Hombes» in die Sammlungen von Agroscope in Pully (VD) und Leytron (VS) aufgenommen.
  • Aufgrund der ampelographischen und agronomischen Untersuchungen ist davon auszugehen, dass die Rebsorte höchstwahrscheinlich mit der Rebsorte Blanchier identisch ist. Diese wurde 1905 vom Ampelographen Adrien Berget unter dem Namen Blanchier beschrieben und war zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Wallis noch weit verbreitet.
  • Genetische Untersuchungen zur Identifizierung zahlreicher Rebsorten in der Emilia-Romagna (I) haben ergeben, dass die Rebsorte mit Sicherheit transalpinen Ursprungs ist und in Italien als Stciucaera bianca bekannt ist.
Zum kompletten Archiv