Das Kochsalz-Dilemma beim Emmentaler-Käse
Foto: Florian Loosli,
Agroscope
Im Vergleich zu anderen Käsesorten weist Emmentaler AOP einen tiefen bis sehr tiefen Salzgehalt auf. Agroscope-Forschende zeigen auf, wie es dazu kam, was dies für Auswirkungen auf die sensorische Qualität hat und was dagegen unternommen werden könnte.
Der Salzgehalt in Käse ist eng mit der sensorischen Qualität, der Ausreifbarkeit und der Lebensmittelsicherheit des Endproduktes verbunden. Im Vergleich zu anderen Käsesorten unterscheidet sich Emmentaler AOP, wie auch andere Hartkäse des Typs Emmentaler, in einem Punkt wesentlich: Er wird häufig trocken gereift und weist einen tiefen bis sehr tiefen Salzgehalt auf. Dieser tiefe Salzgehalt wird heute mehr und mehr hinterfragt, denn er wirkt sich erwiesenermassen auf Geschmack und Aroma und damit auch auf die Beliebtheit von Emmentaler AOP aus.
Das war nicht immer so. In den letzten Jahrzehnten ist der NaCl-Gehalt in Schweizer Emmentaler AOP stetig gesunken, was auf zwei grosse Änderungen zurückzuführen ist:
- Ab den 1970er Jahren wurde auf die arbeitsintensive Trockensalzung verzichtet.
- Ab den 1990er Jahren stieg das Bewusstsein für NaCl-arme Lebensmittel. Der tiefere NaCl-Gehalt in Emmentaler hatte den Nebeneffekt, dass der Teig geschmeidiger wurde. Zusätzlich machte die Einführung einer fakultativ heterofermentativen Laktobazillen-Kultur NaCl für die Kontrolle einer Nachgärung obsolet.
In einem Modell-Versuch in der Forschungskäserei von Agroscope (Liebefeld) wurden verschiedene Salzbadbehandlungen mit dem Ziel untersucht, deren Einfluss auf die Salzaufnahme zu beschreiben: NaCl-Konzentration (15 und 21 °Bé), Temperatur (11 und 16 °C) und Aufenthaltsdauer (24 und 72 h). Diese Faktoren und deren Kombinationen wurden mit Modell-Emmentaler und mit Modell-Käse des Typs Dolce (Brenntemperatur: 52 °C; Ausrühr- und Ausziehtemperatur: 49 °C, Agroscope Transfer | Nr. 551 / 2024) unter Verwendung der Propionsäurebakterien-Versuchskultur Prop 23 getestet. Auch eine Variante mit Trockensalzen der Käseoberfläche wurde untersucht.
Durch verschiedene Salzbadbehandlungen lässt sich der Salzgehalt steuern
Eine tiefere Salzbadkonzentration von 15 °Bé brachte mehrere Vorteile mit sich, ohne dass dabei der NaCl-Gehalt verändert wurde. Mit einer längeren Salzbad-Behandlung (72 h statt 24 h) und mit Trockensalzen konnte der NaCl-Gehalt der Käse deutlich erhöht werden. Ein höherer Salzgehalt im Käse geht einher mit tieferen Wassergehalten, veränderten Reifungsvorgängen sowie veränderter Propionsäuregärung. Zudem konnte gezeigt werden, dass die Propionsäuregärung einen minimalen NaCl-Gehalt braucht, damit insbesondere das Verhältnis von Propion- zu Essigsäure zugunsten der Propionsäure optimal hoch bleibt. Dieser optimale NaCl-Gehalt von ca. 9-11 g/kg (0.9-1.1 %) liegt weit über dem gegenwärtigen NaCl-Gehalt von Emmentaler AOP von durchschnittlich 3.5 g/kg (0.35 %). Dies gilt auch für den erforderlichen Salzgehalt von > 8 g/kg, damit ein Käse nicht als fad beurteilt wird. Selbst mit einer Erhöhung des NaCl-Gehaltes in diesen optimalen Bereich würde Emmentaler AOP nach wie vor zu den salzarmen Lebensmitteln zählen und so den Zielen der Salzstrategie des Bundes nicht entgegen wirken.
Ein höherer Salzgehalt wird die Produkteigenschaften verändern
Doch hat ein höherer Salzgehalt auch Folgen auf die Lochbildung und die Sensorik. Mehr Salz bedeutet weniger Fehlgeschmack wie beispielsweise Bitterkeit und deutlich intensiveres Aroma. Die Teigeigenschaften werden in Richtung höherer Festigkeit verändert, was sich bei zu grosser Festigkeit – wie beim Trockensalzen – negativ auf die Lochbildung und die Dicke der Borde auswirkt. Doch die Vorteile überwiegen: Mehr und reinerer Geschmack, intensiveres Aroma und weniger Essigsäure mit daran gekoppelter erhöhter Beliebtheit. Es wird in Zukunft wichtig sein, dass die Praxis die Veränderungen bei der Teigkonsistenz in den richtigen Fokus rückt.

Fazit
- Praxisrelevanz: Für eine Umsetzung eines höheren Salzgehaltes in der Praxis sollten die nachfolgenden Empfehlungen beachtet werden.
- Salzbad: Temperatur bei 11 °C belassen, Dauer verlängern, Konzentration auf 15 °Bé reduzieren.
- Trockensalzen: Nur bei Feuchtlagerung empfohlen.
- Herstellungsprozess: Brenn- und Ausziehtemperaturen evtl. senken, Säuerung intensivieren.
- Vorsicht bei Modell-Versuchen: Unterschiede in Käse-Dimensionen beachten.
- Teigkonsistenz: Ohne Anpassung des Prozesses wird der Käse fester. Diese Veränderung der Konsistenz gilt es gegen die Vorteile eines höheren NaCl-Gehaltes abzuwägen.
- Ernährung: Auch mit einer Verdoppelung des heutigen NaCl-Gehaltes würde Emmentaler AOP nach wie vor zu den salzarmen Lebensmitteln zählen.
Literaturhinweis
Das Kochsalz-Dilemma: Wie die Bedeutung von NaCl für Geschmack und Aroma im Schweizer Emmentaler vergessen ging und was dagegen unternommen werden kann.