Agroscope, Direction générale de l’agriculture, de la viticulture et des affaires vétérinaires (DGAV)

Bewertung der Stickstoffversorgung von Chasselas, von der Rebe bis in die Weinkellerei, im Kanton Waadt

Eine im Kanton Waadt durchgeführte Umfrage zu Chasselas ergab für die Jahrgänge 2022-2023 häufigen Stickstoffmangel im Weinberg trotz Düngung des Bodens. Nur ein Drittel der befragten Personen misst den assimilierbaren Stickstoff im Most.

Im Weinbau ist die Steuerung der Stickstoffversorgung der Reben von grundlegender Bedeutung, da sie wesentlich zur Produktion von qualitativ hochwertigen Trauben und Weinen beiträgt. Im Rahmen dieser Studie wurde den Weinbauern im Kanton Waadt ein Fragebogen vorgelegt, mit dem Daten zum Management der Stickstoffversorgung bei der Rebsorte Chasselas in den Jahrgängen 2022, 2023 und 2024 sowohl im Weinberg als auch in der Kellerei gesammelt wurden.

Stickstoffmangelsymptome in bestimmten Jahrgängen

Stickstoffmangelsymptome bei Chasselas wurden von 56 % der Befragten im Jahr 2022 und von 50 % im Jahr 2023 beobachtet (Jahrgänge mit aussergewöhnlich viel Sonnenschein und hohen Temperaturen im Sommer). Im Jahr 2024 (einem Jahr mit vielen Regenfällen) wurden diese Symptome hingegen nicht beobachtet (Abbildung 1).

Abbildung 1: Prozentualer Anteil der Befragten, die Stickstoffmangelsymptome im Weinberg beobachteten, nach Jahrgängen: 2022 (56 % ja und 44 % nein); 2023 (50 % ja und 50 % nein); 2024 (12 % ja und 88 % nein).

Die Bodendüngung ist die am weitesten verbreitete Stickstoffdüngung

Die Stickstoffdüngung im Weinberg variiert zwischen den einzelnen Jahrgängen kaum. Im Allgemeinen ist das Ausbringen von Stickstoffdünger in den Boden die am weitesten verbreitete Düngungspraxis der Winzerinnen und Winzer im Kanton Waadt (mit Prozentsätzen zwischen 55 % und 60 % je nach Jahrgang), während die Blattdüngung nur sehr selten praktiziert wird. Ein ähnlicher Trend wurde bereits im Wallis beobachtet, wo eine Umfrage zum Jahrgang 2022 ergeben hatte, dass 89 % der Befragten keinen Stickstoff über Blattdüngung einbringen. Die Blattdüngung ist jedoch eine wichtige Praxis für den Weinbau, da sie die Nährstoffaufnahme optimiert, wobei sie die Stickstoffversorgung der Beeren sicherstellt, ohne die Wuchskraft der Reben zu beeinflussen. Tatsächlich entspricht eine Konzentration an assimilierbarem Stickstoff (YAN) von weniger als 140 mg/l bereits einer mässigen Mangelsituation bei der Weinbereitung mit weissem Most.

Verlangsamung am Ende der alkoholischen Gärung und Variabilität der verwendeten Hefen

In der Weinkellerei haben 27 % der Befragten im Jahr 2022 den assimilierbaren Stickstoff im Chasselas-Most gemessen, 2023 und 2024 dann 33 % (Abbildung 2A), wobei die YAN-Werte zwischen 62 und 182 mg/l lagen. Die Mehrheit der Produzenten beobachtete keine signifikante Verlangsamung der alkoholischen Gärung (AF) (Abbildung 2B). Einige berichteten jedoch von einer Verlangsamung oder sogar einem Stillstand am Ende der AF, wobei es teilweise Schwierigkeiten mit dem Abschluss des Fermentationsprozesses gab. Diese Verlangsamung dürfte mit den Restzuckern zusammenhängen, die von den Hefen nicht verwertet wurden. Es wurden insgesamt 32 Stämme von aktiven Trockenhefen eingesetzt, wobei mehrere Befragte Trockenhefen mit niedrigem Stickstoffbedarf (LNR) gegenüber Stämmen mit hohem Stickstoffbedarf (HNR) bevorzugten. Gegenwärtig werden die von den Produzenten verwendeten Hefen untersucht und ihre Fermentationseffizienz bei verschiedenen Konzentrationen von assimilierbarem Stickstoff bewertet. Ziel ist die Erstellung technische Datenblätter, die bei stickstoffarmen Jahrgängen mikrobiologische Alternativen zu önologischen Inputs aufzeigen.

Schliesslich ist die Temperaturkontrolle eine Praxis, die von 42 % der Befragten zur Behebung einer Verlangsamung eingesetzt wird. Dabei verfügen 94 % der Weinkellereien über ein System zur Temperaturkontrolle. Die Belüftung (39 %) und die Zugabe von Hefesatz oder Nährstoffen (19 %) sind weitere angewendete Praktiken.

Abbildung 2: (A) Befragte, die in Most von Chasselas Messungen zum assimilierbaren Stickstoff für die Jahrgänge 2022, 2023 und 2024 durchführten. (B) Verlangsamung / Stillstand der alkoholischen Gärung bei Chasselas in Prozent in den Jahrgängen 2022, 2023 und 2024.

Fazit

  • Die Symptome eines Stickstoffmangels bei Weinreben sind abhängig vom Jahrgang und treten in heissen und trockenen Jahren häufiger auf. Ausserdem ist ein Stickstoffmangel im Most von Chasselas sehr häufig.
  • Im Kanton Waadt wird Stickstoffdünger von den Winzerinnen und Winzern häufig in den Boden ausgebracht und die Blattdüngung wird sehr selten angewendet.
  • Die Messung des assimilierbaren Stickstoffs im Most ist bei den Produzenten noch immer eine wenig verbreitete Praxis, obwohl sie wichtige Hinweise für die Steuerung der alkoholischen Gärung liefert, und sich dadurch eine Verlangsamung oder ein Stillstand der Gärung vermeiden lässt.
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