Agroscope

Trinkwasserinitiative: bessere Wasserqualität in der Schweiz, höhere Umweltbelastung im Ausland

In der Schweiz hätte die Umsetzung der Trinkwasserinitiative positive Folgen für die Umwelt. Doch es müssten mehr Lebensmittel importiert werden. Wie sich dies insgesamt auswirken würde, analysiert eine Ökobilanz-Studie von Agroscope.

Der Einsatz von Pestiziden und von importierten Futtermitteln wird zunehmend kritisch betrachtet. Deshalb wird die Schweiz demnächst über zwei Volksinitiativen abstimmen, die deren negative Auswirkungen reduzieren möchten. Eine davon ist die Trinkwasserinitiative (TWI).

Zwei Massnahmen der TWI untersucht

Agroscope hat die Umweltwirkungen von zwei Massnahmen der TWI untersucht, nämlich dass nur noch diejenigen Betriebe Direktzahlungen erhalten, die

  1. pestizidfrei produzieren,
  2. nur so viele Tiere halten, wie sie mit dem auf dem eigenen Hof produzierten Futter ernähren können.

Umfassende Betrachtung der Umweltwirkungen

Diese Studie basiert auf der Ökobilanz-Methode. Sie quantifiziert alle Umweltwirkungen für den gesamten Lebensweg eines Produkts. Betrachtet wurden sowohl die landwirtschaftliche Produktion als auch deren Vorketten wie z. B. die Herstellung von Düngern, Pestiziden oder Maschinen, die Änderungen von Landnutzung und Produktionspraxis innerhalb der Schweiz sowie die Wirkung von sich ändernden Import- und Exportmengen. Drei externe Experten haben der Studie die Qualität hinsichtlich internationalen Standards attestiert.

Importe von Lebensmitteln steigen

Die Ökobilanz-Studie basiert auf denselben Szenarien, die in einer früheren Studie von Agroscope erarbeitet worden sind. Ein wichtiges Ergebnis dieser früheren Studie war: In allen Szenarien steigen die Importe von Lebensmitteln im Vergleich zur Referenz, weil die Inland-Produktion von Nutzpflanzen und Tieren mit der Umsetzung der Trinkwasserinitiative sinken würde. In der Ökobilanz wurden nun die Umweltfolgen dieser Szenarien mit denjenigen eines Referenzszenarios verglichen, das der Fortschreibung der heutigen Agrarpolitik entspricht. Für jedes Szenario wurden die Auswirkungen eines «Warenkorbs» landwirtschaftlicher Produkte berechnet, der auch Importprodukte enthält. Die Studie geht davon aus, dass die Importe aus denselben Herkunftsländern stammen wie heute.

Schweizer Gewässer profitieren deutlich

Die Studie kommt zum Schluss, dass eine Umsetzung der TWI die Umwelt im Inland entlasten würde: Die Belastung der Gewässer mit organischen Schadstoffen würde zurückgehen. Sie sinkt je nach Szenario um 51 bis 75 % im Vergleich zum Referenzszenario. Bei den übrigen Zielwirkungen der TWI (Biodiversität, Eutrophierung und Versauerung) beträgt die Verbesserung im Inland gegenüber der Referenz maximal 10 %. Auch die übrigen Umweltwirkungen verbessern sich in diesem Bereich.

Grössere Umweltbelastung im Ausland

Betrachtet man die Umweltwirkungen des ganzen Warenkorbs, also auch die Umweltwirkungen im Ausland, die durch die zunehmenden Importe entstehen, dann ist nur noch bei der Belastung der Gewässer mit organischen Schadstoffen eine gewisse Verbesserung zu sehen. Die terrestrische Eutrophierung und der Bedarf abiotischer Ressourcen bleiben konstant, und alle übrigen Umweltwirkungen, darunter Artenverlust, Abholzung und Wasserknappheit, verschlechtern sich.

Starke Umweltfolgen durch Fleischimport

Die beiden TWI-Massnahmen Pestizidverzicht und Reduktion des Tierbestands beeinflussen die Ökobilanz des Schweizer Warenkorbs bei einer Umsetzung der TWI unterschiedlich:

  • Der Pestizidverzicht wirkt sich nur auf einen Teil der Umweltwirkungen aus: Organische Schadstoffe in Gewässern nehmen ab, die Wasserknappheit steigt (z. B durch Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel in Ländern mit grösserer Wasserknappheit).
  • Die Reduktion und Extensivierung des Tierbestands beeinflusst alle Umweltwirkungen und führt zu grossen Zielkonflikten (Trade-offs): Im Inland sinken die Ammoniak-Belastung (Versauerung, terrestrische Eutrophierung), die Treibhausgasemissionen und der Bedarf abiotischer Ressourcen. Der Import tierischer Lebensmittel führt aber in fast allen betrachteten Umweltbereichen zu hohen Belastungen im Ausland.

Fazit

  • Bei der Umsetzung der Trinkwasserinitiative (TWI) würde die Belastung der Schweizer Gewässer mit organischen Schadstoffen deutlich sinken (um 51 bis 75 %).
  • Andere Umweltwirkungen in der Schweiz, welche die TWI verbessern sollte, etwa die Biodiversität oder die Nährstoffanreicherung in aquatischen und terrestrischen Ökosystemen, würden ebenfalls positiv beeinflusst, jedoch weniger deutlich (max. 10 %).
  • Betrachtet man den gesamten Warenkorb (inklusive Importe), dann verbessert die Umsetzung der TWI die Gewässerbelastung mit organischen Schadstoffen leicht; die restlichen Umweltwirkungen bleiben gleich oder verschlechtern sich (z. B. Biodiversität, Abholzung und Wasserknappheit).
  • Die TWI-Massnahmen Pestizidverzicht und Reduktion des Tierbestands beeinflussen die Umweltbilanz unterschiedlich. Insbesondere die Reduktion des Tierbestands führt zu starken Zielkonflikten, weil der zunehmende Import tierischer Lebensmittel die Umweltwirkung des Schweizer Warenkorbs im Ausland stark erhöht.
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