Agroscope, Universität Lausanne, Direction générale de l’agriculture, de la viticulture et des affaires vétérinaires (DGAV), INRAE

Assimilation und Verteilung von Stickstoff in der Rebe in Abhängigkeit des Fruchtbehangs

Eine mit Chasselas-Reben durchgeführte Studie zeigt, dass die Ertragsregulierung durch Traubenausdünnung nach einer Blattdüngung die Stickstoffkonzentration in den Trauben nicht erhöht, aber die Anreicherung von Stickstoff in den mehrjährigen Teilen der Rebe fördert.

Im Weinbau kann sowohl ein Überschuss als auch ein Mangel an Stickstoff den Ertrag und die Qualität der Trauben beeinträchtigen. Stickstoff beeinflusst die Wuchskraft der Pflanze, ihre Anfälligkeit gegenüber Krankheiten und die Reifung der Trauben. Zudem spielt Stickstoff auch eine zentrale Rolle für die Gärung und das Aroma des Weins, da er einen Einfluss auf die von der Hefe assimilierbaren Verbindungen hat. Das Verständnis des Zusammenhangs zwischen dem Stickstoffgehalt der Pflanze und der Stickstoffzusammensetzung der Trauben ist noch nicht vollständig bekannt. Die Aufnahme von Stickstoff durch die Pflanze hängt von mehreren Faktoren ab: Umweltbedingungen, Pflanzenmaterial und Anbaumethoden. Die Ausdünnung des Traubenbehangs ist ein Verfahren, mit dem Pilzkrankheiten eingedämmt und die Reifung der Trauben gefördert werden kann. Die Auswirkungen auf die Menge und Zusammensetzung des Stickstoffs in den Beeren und in der Pflanze sind jedoch noch nicht bekannt.

In den Jahren 2017-2018 wurde eine Studie mit der Rebsorte Chasselas durchgeführt. Der Fruchtbehang der Reben wurde variiert durch die Traubenausdünnung im Stadium Traubenschluss (0,5 bis 5,0 kg pro Rebstock). Über zwei Jahre wurden die Auswirkungen des Fruchtbehangs und der Stickstoffdüngung auf das vegetative Wachstum, die Zusammensetzung der Beeren und die Stickstoffverteilung in der Rebe untersucht. Dazu wurden im Zeitpunkt der Reifung in vier Durchgängen 20 kg/ha Stickstoff in Form von Harnstoff auf die Blätter aufgebracht. Die Isotopenmarkierung des Stickstoffs (10 % 15N) ermöglichte die Quantifizierung des von der Rebe aufgenommenen Stickstoffs und die Analyse seiner Verteilung in den Blättern, Beeren, dem Stamm und den Wurzeln in Abhängigkeit vom Ertrag.

Fruchtbehang beeinflusst die Stickstoffverteilung

Der Fruchtbehang der Reben hatte einen grossen Einfluss auf das Blatt-Frucht-Verhältnis, das zwischen 0,4 und 3,0 m2/kg variierte (Tabelle 1). Die Traubenausdünnung verbesserte die Traubenreife, indem sie den Gesamtgehalt löslicher Zucker (+1,3 Brix) förderte und die Weinsäure (-0,8 g/L) im Vergleich zum hohen Ertrag reduzierte. Sie hatte jedoch keinen Einfluss auf die Konzentration an assimilierbarem Stickstoff im Most bei der Ernte (Tabelle 1). Umgekehrt hatte die Düngung keinen Einfluss auf die Reifung, erhöhte jedoch die Konzentration an assimilierbarem Stickstoff im Most (+34 mg N/L) im Vergleich zur ungedüngten Kontrolle. Die Blattdüngung im Stadium der Reife hatte keine signifikante Auswirkung auf das Wachstum der Reben oder den Ertrag (Tabelle 1).

Tabelle 1. Zusammensetzung des Mostes bei der Ernte 2018 in Abhängigkeit der Blattdüngung und des Fruchtbehangs. Die Ertragsregulierung erfolgte 2017 und 2018 im Stadium Traubenschluss. *, p < 0.05; **, p < 0.01; ***, p < 0.001; ns, nicht signifikant.

Die Düngung förderte die Stickstoffanreicherung in den Trauben (+24 mg N/L), ohne die Wuchskraft oder die Gesamtbiomasse zu verändern. Die Aufnahme von Blattstickstoff variierte jedoch je nach Fruchtbehang (durchschnittlich 34 % des ausgebrachten Stickstoffs bei hohen Fruchtbehang gegenüber nur 25 % bei geringem Fruchtbehang, Abbildung 1). Das bedeutet, dass die Ertragsregulierung die Wirksamkeit der Düngung verringerte. Die Früchte konnten mehr Stickstoff aufnehmen als das Laub und die mehrjährigen Pflanzenteile (Wurzeln und Stamm).

Abbildung 1: Variation der Assimilation des zum Zeitpunkt der Blüte ausgebrachten Blattstickstoffs in Abhängigkeit vom Fruchtbehang. Mittelwerte 2017-2018, Chasselas, Schweiz. Die Ertragsregulierung wurde 2017 und 2018 im Stadium Traubenschluss durchgeführt. Der empfohlene Fruchtbehang beträgt 2,0 kg pro Rebstock resp. 1,2 kg pro m2..

Der Fruchtbehang beeinflusste die Verteilung des Stickstoffs in den Früchten und den mehrjährigen Teilen der Rebe (Abbildung 2): Bei hohem Fruchtbehang befand sich bei der Ernte 40 % des Stickstoffdüngers in den Beeren, während es bei geringem Fruchtbehang nur 24 % waren. Die Verteilung des Stickstoffs im Laub blieb konstant. Der aus dem Rebberg exportierte Stickstoff hing von der Menge der geernteten Trauben ab. Daher waren Stickstoffvorräte in den mehrjährigen Teilen der Rebstöcke bei hohem Fruchtbehang geringer (17 % des gesamten assimilierten Stickstoffs) als bei geringem Fruchtbehang (31 %).

Abbildung 2. Verteilung des assimilierten Stickstoffs in den mehrjährigen Teilen der Rebe (Wurzeln und Stamm), dem Laub und den Beeren nach einer Blattdüngung mit Harnstoff im Zeitpunkt der Blüte und in Abhängigkeit des Fruchtbehangs. Daten 2017-2018, Chasselas, Schweiz. Die Ertragsregulierung erfolgte 2017 und 2018 im Stadium Traubenschluss.

Fazit

  • Die Stickstoffdynamik in der Rebe wird durch den Fruchtbehang und die Düngung beeinflusst.
  • Die Ertragsregulierung erhöht die Stickstoffkonzentration in den Trauben nicht, sondern fördert die Anreicherung des Stickstoffs in den mehrjährigen Teilen der Rebe, wodurch mehr Reserven für die darauffolgende Saison gebildet werden.
  • Der Fruchtbehang hatte einen grossen Einfluss auf das Wachstum, die Zusammensetzung der Beeren und die Nährstoffverteilung, während die Düngung vor allem den im Most verfügbaren Stickstoff beeinflusste, ohne einen signifikanten Einfluss auf die Gesamtproduktion zu haben.
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