Molke für Lebensmittel und höherwertige Futtermittel – auch in koscher-halal-Qualität
Foto: John Haldemann,
Agroscope
Agroscope hat gemeinsam mit der Käse- und Molkenverarbeitungsbranche sowie foodward untersucht, wie Molke für Lebensmittel und höherwertige Futtermittel genutzt werden kann. Vegetarische, koscher-halal-konforme Molke erweitert die Einsatzmöglichkeiten im Lebensmittelsektor.
Bei der Käseherstellung gehen etwa 50 Prozent der Nährstoffe in die Molke über, darunter der Grossteil der Laktose und der Molkenproteine sowie viele Mineralstoffe und Vitamine (Abbildung 1). Eine effiziente Nutzung der Molke ist daher für eine nachhaltige Käseproduktion wichtig. Die Schweiz produziert aus der Käse-, Quark- und High-Proteinjoghurt-Herstellung 1’650’000 t Molke pro Jahr.
Molke enthält 50 % der Milchnährstoffe – nachhaltige Nutzung gefordert
Die Nutzung der anfallenden, meist mit Wasser verdünnten Molke zur Herstellung von Trockenprodukten wie Molkenpulver, Molkenproteinpulver oder kristalline Laktose benötigt viel Eindampf- und Trocknungsenergie. Rohmilchkäsereien sind dezentral angesiedelt. 620 Talkäsereien haben eine Molkenanfall der kleiner als zwei Millionen kg pro Jahr ist. Die Molkenlogistik aus den vielen kleinen Rohmilchkäsereien für die nötige zentralisierte Verarbeitung zu Trockenprodukten ist aufwändig. Mit regionalen Aufkonzentrierungszentren wird die Logistik optimiert, vor allem für den Futtermittelsektor.
Wenige Grosskäsereien produzieren Molke für den Lebensmittelsektor
Der Lebensmittelsektor nutzt vorzugsweise die Molke der 48 grossen Käsereien mit über fünf Millionen kg Molke pro Jahr, welche 58 % der gesamten Molkenmenge herstellen (Abbildung 2). Die aktuelle industrielle Molkennutzung nutzt für Lebensmittel ca. 21 % und für höherwertige Futtermittel wie Kälbermilch und Ferkelfutter ca. 32 % der Molkenmenge.
Mit halal-koscheren Molkenprodukten für den internationalen Markt fit werden?
Um die Nutzung für Lebensmittel zu erhöhen, wurde abgeklärt, wieviel Molke die koscher-halal-Anforderungen erfüllen könnte: Optimistisch beurteilt 61 %. Im zollgeschützten Futtermittelmarkt werden jedoch meistens höhere Preise für Produkte aus Molke erzielt als im Lebensmittelsektor, da Molkenprodukte für Lebensmittel wie Säuglingsnahrung frei importiert werden können. Säuglingsnahrung ist neben Schmelzkäsezubereitungen das wichtigste Lebensmittel, wo Molkenprodukte in grossen Mengen eingesetzt werden. Nur wenn Produkte mit einer hohen Swissness-Dividende vermarktet werden können, sind Molkenderivate aus Schweizer Produktion konkurrenzfähig. Ein Schweizer Hersteller von Säuglingsnahrung nutzt Schweizer Molke aus der Herstellung von Käse aus pasteurisierter Milch ohne Kupferkessi und ohne Einsatz von rekombinantem Lab.
Innovative Produkte aus Rohmolke und Fermentation: eine Chance für kleine und grosse Käsereien
Kleinbetriebe könnten innovative Getränke aus Rohmolke herstellen, welche positiv für die Gesundheit sind und vermutlich vor Allergien schützen. Ergebnisse mit Rohmilchjoghurt lassen vermuten, dass auch Rohmolke durch überwachte Fermentation zu einem sicheren Lebensmittel gemacht werden kann. Die reichlich vorhandene Laktose kann in Klein- und Grossbetrieben zur fermentativen Herstellung von mikrobiellem Protein für die menschliche oder allenfalls die tierische Ernährung genutzt werden. Auch mit Algen kann aus Laktose proteinhaltige Biomasse gewonnen werden.
Erhöhte Nutzung der Molke zu Lebens- und Futtermitteln als Ziel
Um im grossen Stil aus Schweizer Produktion gegenüber Molkenderivat-Importen konkurrenzfähig zu sein, müssten vermutlich die finanziellen Rahmenbedingungen angepasst werden. Der Anteil an industriell verarbeiteter Molke zu Lebensmitteln und höherwertigen Futtermitteln ist in den letzten zehn Jahren mit ca. 53 % gleichgeblieben. Bei der Umstellung auf koscher-halal-Konformität ist die Schweizer Käsebranche wegen dem Reinheitsgebot, Tradition, Natürlichkeit, Qualitätsfragen und Ausbeutereduktion zurückhaltend.


Fazit
- Die 48 grössten Käsereien, welche 58 % der Molke generieren, könnten durch den Einsatz von Labersatzstoffen und allenfalls rekombinantem Lab auf koscher-halal-vegetarische Molke umstellen. Diese Molkenprodukte könnten international vermarktet werden, sofern eine hohe Swissness-Dividende erzielt werden kann.
- Die Nutzung der Molke aus den 620 dezentralen kleinen Rohmilch-Talkäsereien kann mit regionaler Aufkonzentrierung für die Herstellung höherwertiger Futtermittel, wie Kälbermilch, genutzt werden. Das Molkenpermeat – laktosereiche Flüssigkeit, die bei der Herstellung von Molkenproteinkonzentraten als Nebenprodukt anfällt – könnte künftig prioritär zu mikrobiellem Protein fermentiert werden statt zu Biogas.
- Für kleine und mittelgrosse Käsereien bieten sich Chancen, innovative, gemäss Untersuchungen mit Rohmilchjoghurt voraussichtlich sichere, fermentierte Rohmolkengetränke herzustellen, die vermutlich vor Allergien schützen.
- Die aktuellen finanziellen Rahmenbedingungen begünstigen die Nutzung von Molke als Futtermittel und erschweren den Einsatz für Lebensmittel.
Literaturhinweis
Potenzial für Molke in koscher-halal-konformer Qualität.



