Stickstoffeinträge aus der Luft beeinflussen Vogelbestände
Foto: KI-generiertes Bild. Microsoft Copilot (GPT-4). September 2025. httpscopilot.microsoft.com
Stickstoff aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie gelangt via Luft in Böden und Gewässer. Eine neue Studie zeigt für Vögel erstmals, dass sich höhere Stickstoffeinträge negativ auf die Bestände auswirken – auch in naturnahen Lebensräumen.
Durch Landwirtschaft (65 %), Verkehr (22 %) und Industrie (10 %) gelangt Stickstoff in Form von Ammoniak und Stickoxiden in die Luft und wird so teilweise kilometerweit transportiert, bevor er in die Böden und Gewässer gelangt. Dieser Eintrag in Lebensräume wie Wälder, Wiesen, Weiden, Seen, Moore und Feuchtgebiete gilt als eine der Hauptursachen für den Biodiversitätsverlust in Europa.
Bislang gab es kaum Studien zu den Auswirkungen von Stickstoff auf Vögel. Basierend auf Daten des aktuellen Schweizer Brutvogelatlas 2013–2016 sowie Daten des Bundesamts für Umwelt (BAFU) zum Stickstoffeintrag haben wir erstmals den Zusammenhang zwischen Stickstoffeintrag und Revierdichte von 112 häufigen Brutvogelarten in der Schweiz untersucht.
Negativer Zusammenhang zwischen Revierdichte und Stickstoffeintrag bei vielen Arten
55 Arten reagieren negativ auf höhere Stickstoffeinträge. Bei 21 gab es eine positive Korrelation, bei 36 Arten keinen linearen Zusammenhang. Besonders negativ betroffen von Stickstoffeinträgen waren insekten- und samenfressende Arten, Brutvögel von Wäldern oder Feuchtgebieten, sowie etwas weniger deutlich auch Bodenbrüter und Langstreckenzieher. Unter den 21 Arten mit positivem Zusammenhang befinden sich etliche Kulturlandarten: Dies sind häufige Arten wie Rotmilan, Bachstelze oder Star, welche mit dem aktuellen Stickstoffeintrag zurecht zu kommen scheinen. Viele der heute seltenen Kulturlandarten wie Wachtelkönig, Kiebitz, Wiesenpieper oder Grauammer benötigen hingegen extensiv genutzte Flächen, entsprechend erwartet man für diese Arten einen negativen Zusammenhang mit Stickstoff. Sie konnten indes wegen ihrer Seltenheit nicht analysiert werden.
Die Effekte von Stickstoff auf Vögel dürften auf Veränderungen in der Vegetation zurückzuführen sein. Die Stickstoffeinträge aus der Luft in magere Standorte und Ökosysteme führen zu einem Düngeeffekt und in Folge zu einer eintönigeren und dichteren Vegetation, die wiederum das Brüten und die Nahrungssuche für Vögel erschwert. Zusätzlich wächst in ursprünglich mageren Wiesen die Vegetation schneller und dichter. Entsprechend häufiger und früher werden sie geschnitten, was zu grossen Verlusten bei Insekten, Vogelnestern und teils auch brütenden Altvögeln führt. Alle diese Veränderungen führen auch dazu, dass die Insektenvielfalt und damit die Nahrungsgrundlage vieler Vogelarten abnimmt.
Auch naturnahe Lebensräume betroffen
Die Studie zeigt: Ein hoher Stickstoffeintrag aus Landwirtschaft, Industrie und Verkehr wirkt sich negativ auf viele Vogelarten aus – und das nicht nur am Ort der Stickstoffemission, sondern auch in naturnahen Lebensräumen wie Wäldern und Feuchtgebieten. In der Schweiz liegt der Stickstoffeintrag aus der Luft in den meisten Ökosystemen deutlich über der kritischen Belastungsgrenze, mit deren Überschreitung eine Beeinträchtigung der Biodiversität verbunden ist. Unsere Ergebnisse unterstreichen den dringenden Handlungsbedarf. Die heutigen Anstrengungen, die Stickstoffemissionen zu reduzieren zeigen zwar gewisse Erfolge, aber bei weitem nicht in dem Masse, wie sie für eine effektive Reduktion des Biodiversitätsverlusts notwendig wären.

Fazit
- Fast die Hälfte von 112 untersuchten Brutvogelarten der Schweiz zeigt einen negativen Zusammenhang zwischen Revierdichte und Stickstoffeintrag aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie. Bei etwa einem Fünftel der Vogelarten ist der Zusammenhang positiv.
- Die Auswirkungen von Stickstoff sind nicht nur am Ort der Stickstoffemission sichtbar, sondern auch in naturnahen Lebensräumen wie Wäldern und Feuchtgebieten.
- Die Studie verdeutlicht den dringenden Handlungsbedarf, die Stickstoffemissionen weiter zu reduzieren.
Literaturhinweis
Effects of nitrogen deposition on territory numbers of breeding birds.