FiBL, Kantonsschule Wettingen, Neue Kantonsschule Aarau, Universität Basel

Unkraut? ‒ Blühstreifen und Ackerbegleitflora fördern Nützlinge im Kohlanbau

Feldversuche des FiBL zeigen: Eingesäte Blühpflanzen können zusammen mit der spontanen Ackerbegleitflora in Kohlfeldern räuberische Nützlinge und Bestäuber fördern. Das ermöglicht eine ökologische Aufwertung von Produktionsflächen.

Im Biolandbau, der keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel einsetzt, sind nützliche Insekten von zentraler Bedeutung: Diese Nützlinge fressen oder parasitieren Schadinsekten und bestäuben die Pflanzen. Zur Förderung von Nützlingen im Kohlanabau hat das Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL eine spezielle Blumenmischung entwickelt. Sie soll vor allem die parasitoiden Wespen als Gegenspieler der im Kohlanbau häufig auftretenden Schadfalter fördern.

Beitragsberechtigte Blühstreifenmischung

Die Mischung enthält Kornblume, Futterwicke, Buchweizen und Klatschmohn. Die Ansaat der Mischung ist seit 2015 als Biodiversitätsförderfläche (BFF) «Nützlinge Kohlanbau» nach Direktzahlungsverordnung beitragsberechtigt. Die Zulassung der Mischung als BFF basierte auf mehreren Labor- und Feldversuchen, in denen die Eignung diverser Pflanzenarten als Nahrungsquellen für parasitoide Wespen getestet worden war.

In zwei Feldversuchen im Schweizer Mittelland in den Jahren 2016 und 2018 untersuchte das FiBL zusätzlich, ob die gesäten Blühpflanzen der Saatmischung «Nützlinge Kohlanbau» sowie die spontan auftretende Ackerbegleitflora in den Kohlfeldern auch räuberische Nützlinge (Laufkäfer, Kurzflügelkäfer sowie Spinnen) und Bestäuber (Schwebfliegen und Bienen) fördern können.

Mehr räuberische Nützlinge, mehr Bestäuber

Fallenfänge im Zentrum von acht Kohlfeldern und in den dazugehörigen Blühstreifen am Rand zeigten 2016, dass durch die gesteigerte Artenvielfalt der Ackerbegleitflora Laufkäfer, Spinnen und Bienen gefördert wurden. Zudem förderte die hohe Dichte der spontanen Ackerbegleitflora die Schwebfliegen. Im Jahr 2018 zeigte der Direktvergleich zwischen Blühstreifen und den Rändern von sechs Kohlfeldern, dass in den Blühstreifen signifikant mehr Bienenindividuen und arten vorkamen. Sowohl 2016 als auch 2018 wurden über 90 Arten ausschliesslich in den Blühstreifen festgestellt, rund doppelt so viele wie in den Kohlflächen. Zudem waren in den Blühstreifen mehr Arten häufiger (individuenreicher) als in den Kohlflächen. Insgesamt konnten in den Blühstreifen und den Kohlflächen 41 gefährdete Arten nachgewiesen werden. Es wurden auch 17 Wildbienenarten nachgewiesen, die für die Umweltziele Landwirtschaft (UZL) «Arten und Lebensräume» von Bedeutung sind.

Erhöhung der Akzeptanz in der Praxis

Manche Bäuerinnen und Bauern befürchten eine von den Blühstreifen ausgehende Verunkrautung der Produktionsflächen. Dem steht der Mehrwert der verstärkten natürlichen Schädlingsbekämpfung und Bestäubung gegenüber. Eine Erhöhung des Biodiversitätsförderflächen-Beitrages für Blühstreifen und die Bereitschaft der Konsumentinnen und Konsumenten, für Nahrungsmittel aus ökologischer Produktion mehr zu bezahlen, könnten die Anlage von Blühstreifen in der Praxis fördern. Der in dieser Studie mit Biodiversitätsförderung produzierte Kohl wurde seit 2018 als Biosauerkraut mit speziellen Zusatzinformationen auf der Verpackung angeboten. So wurden die Konsumentinnen und Konsumenten direkt im Supermarkt für die Biodiversitätsproblematik sensibilisiert.

Fazit

  • Die spontane Ackerbegleitflora kann die positiven Effekte von Blühstreifen stärken. Diese ökologische Aufwertung von Produktionsflächen kann die natürliche Schädlingsregulation und Bestäubung fördern.
  • Ein Hindernis für das Anlegen von Blühstreifen besteht neben der potenziellen Unkrautproblematik darin, dass der Biodiversitätsförderflächen-Beitrag in der Höhe von 2500 Franken pro Hektare um ein Vielfaches niedriger ist als die Gemüseerträge. Im Ackerbau ist das Verhältnis zwischen Beiträgen und Erträgen günstiger. Entsprechend werden im Ackerbau deutlich mehr Blühstreifen angelegt.
  • Erhöhte Biodiversitätsförderflächen-Beiträge und die Bereitschaft der Konsumentinnen und Konsumenten, für Nahrungsmittel aus ökologischer Produktion mehr zu bezahlen, könnten die Akzeptanz der Gemüseproduzenten und -produzentinnen gegenüber Blühstreifen erhöhen.
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