Agroscope, Universität Zürich, University of Salamanca, King Abdullah University of Science and Technology, Delley Samen und Pflanzen AG

Was ist typischer Dinkel und wie unterscheidet man ihn von modernen Weizen-Dinkel-Kreuzungen in der Schweiz?

Dinkel (Triticum aestivum ssp. spelta) ist bei Konsumentinnen, Konsumenten und Bäckereien zunehmend gefragt. Die Verknüpfung der phänotypischen Merkmale mit den zugrunde liegenden genetischen Informationen jeder Sorte hilft, die Dinkelsorten in der Schweiz besser zu kategorisieren.

Der Schweizer Dinkelmarkt wird derzeit von zwei Sorten − Ostro und Oberkulmer Rotkorn − beherrscht, die als Referenzsorten für den typischen Schweizer Dinkel (UrDinkel) gelten. Diese alten Sorten liefern eher geringe Erträge. Sie sind anfällig auf Krankheiten und weisen eine geringe Standfestigkeit auf. Es besteht daher ein Bedarf an verbesserten Dinkelsorten mit einem höheren agronomischen Potenzial, die jedoch die wesentlichen Eigenschaften des typischen Dinkels beibehalten sollten.

Moderne Dinkelsorten sind oft Kreuzungen aus traditionellem Dinkel und Weizen

Da der Dinkel (Triticum aestivum ssp. spelta) eng mit dem Brotweizen (Triticum aestivum ssp. aestivum) verwandt ist, können die beiden Unterarten untereinander gekreuzt werden. Aus diesem Grund sind viele moderne Dinkelsorten aus Kreuzungen zwischen traditionellem Dinkel und modernem Brotweizen hervorgegangen. Diese Kreuzungen haben zu einer gewissen Unsicherheit auf dem Dinkelmarkt geführt, da es bis heute schwierig ist, zwischen typischem Dinkel (UrDinkel) und modernen Weizen-Dinkel-Kreuzungen zu unterscheiden.

50 typische und moderne Dinkelsorten aus der Schweiz und Mitteleuropa getestet

Mit dem Projekt SpeltBase21 versuchen wir, die phänotypische Unterscheidung zwischen typischem Dinkel und modernen Weizen-Dinkel-Kreuzungen im Schweizer Kontext zu klären. Zu diesem Zweck haben wir 50 Dinkel-Akzessionen aus der Schweiz und Mitteleuropa getestet. Diese Akzessionen wurden in Feldversuchen während zwei Saisons an drei Standorten in der Schweiz angebaut. Die agronomischen, rheologischen und ernährungsphysiologischen Parameter wurden für jede Akzession gemessen. Darüber hinaus wurden die Sorten mit einem 25K Illumina Weizen SNP-Array genotypisiert. Die Genotypisierung ermöglichte es zu sehen, wo die Sorten auf einer “Weizen-Dinkel”-Achse liegen, die durch die Kombination der Ergebnisse zusätzlicher Dinkel- und Weizenakzessionen und die Berechnung der genetischen Nähe jeder Akzession zu einem Referenzweizen erhalten wurde. In Abbildung 1 ist zu erkennen, dass die Brotweizen-Akzessionen auf der linken Seite des Diagramms (in Grau) und die Dinkel-Akzessionen auf der rechten Seite (in Orange) angeordnet sind. Innerhalb des Dinkel-Clusters können wir die Akzessionen weiter nach ihrer genetischen Nähe zum Referenzweizen unterscheiden: Ostro und Oberkulmer Rotkorn befinden sich ganz rechts in der Grafik, sie sind also genetisch am weitesten vom Referenzweizen entfernt. Daneben finden wir auch Tellenbacher Rotkorn, Rubiota und Schwabenkorn. Auf der anderen Seite des Dinkel-Clusters befinden sich Hubel und Zürcher Oberländer, die dem Referenzweizen genetisch am nächsten stehen.

Abbildung 1: a) Hauptkomponentenanalyse mit den Schweizer Brotweizensorten und den Dinkel-Akzessionen aus den agronomischen Versuchen. Brotweizen- (links) und Dinkel-Akzessionen (rechts) sind getrennt. b) Genetische Nähe zum Referenzweizen (d.h. PCA1) für die verschiedenen Dinkelsorten. Ein höherer PCA1-Wert deutet auf eine Sorte hin, die dem typischen Dinkel nähersteht (z. B. Ostro und Oberkulmer Rotkorn mit einem Wert von fast 0,04). Niedrigere PCA1-Werte weisen auf Sorten hin, die dem modernen Weizen näherstehen (z. B. Hubel, Zürcher Oberländer, mit Werten nahe 0). 

Sieben signifikante Parameter für die Dinkeltypizität gefunden

Wir haben die genetischen Ergebnisse mit den phänotypischen Parametern verknüpft, die in den Feldversuchen für jede Sorte gemessen wurden. Auf diese Weise konnten wir feststellen, welche phänotypischen Parameter mit der genetischen Nähe zum typischen Dinkel verbunden sind. Es wurden 17 phänotypische Parameter gemessen, darunter agronomische (Pflanzenlänge, Ernteindex, Frühreife, Kornertrag, Proteingehalt usw.), rheologische (Teigdehnung, Widerstandsfähigkeit usw.) und ernährungsphysiologische Merkmale (Fettsäurenzusammensetzung, Amylosegehalt). Von den 17 untersuchten Variablen erwiesen sich sieben als hochsignifikant für die Beschreibung der Dinkeltypizität: Typische Dinkel-Akzessionen zeichneten sich durch einen stark dehnbaren Teig, eine spätere phänologische Entwicklung, einen niedrigen Ernteindex, hohe Tausendkorngewichte, ein niedrigeres Zeleny/Proteingehalt-Verhältnis, ein niedrigeres Verhältnis zwischen Teigdehnung und Widerstandsfähigkeit sowie eine hohe Pflanzenlänge aus (Abb.2).

Abb. 2: VIP-Werte für jeden Parameter aus dem partiellen Regressionsmodell der kleinsten Quadrate. Ein VIP-Wert von über 1 weist auf eine signifikante erklärende Variable hin.

Dinkel- und Weizengluten sind unterschiedlich und führen zu anderen Teigeigenschaften

Die Teigeigenschaften sind daher typisch für Dinkel. Das Dinkelgluten ist dehnbarer und weniger elastisch als das Gluten von Weichweizen, was zu schwächeren Teigen und geringerem Backvolumen führt. Typische Dinkelsorten wiesen auch ein höheres Ölsäure/Palmitinsäure-Verhältnis, einen höheren Gehalt an einfach ungesättigten Fettsäuren sowie ein höheres Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 auf.

Fazit

  • Das Projekt SpeltBase21 ermöglichte eine bessere Charakterisierung der phänotypischen Marker von typischem Dinkel im Schweizer Kontext.
  • Die Verknüpfung von phänotypischen Merkmalen mit den zugrunde liegenden genetischen Informationen jeder Sorte hilft, die Dinkelsorten in der Schweiz besser zu kategorisieren und mehr Transparenz auf dem Schweizer Dinkelmarkt zu schaffen.
  • Eine angemessene Beschreibung des typischen Schweizer Dinkels ist zudem entscheidend für die laufenden und zukünftigen Züchtungsbemühungen sowie für die allgemeine Förderung des Dinkelanbaus und -konsums.
  • Die SNP-Analyse macht nur einen Teil der Vielfalt des Weichweizen- und Dinkelerbgutes sichtbar. Es wird nötig sein, eine breitere Analyse der Genetik der verschiedenen Getreidearten anzulegen, um weitere Unterscheidungskriterien zu finden.
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