Agroscope, Schweizerische Vogelwarte Sempach

Landwirtschaft und Biodiversität: Übersichtsstudie zeigt die Wege der zukünftigen Forschung

Die Intensivierung der Landwirtschaft hat die Agrarökosysteme in Europa stark verändert mit grossen Auswirkungen auf die Biodiversität. Eine Übersichtsstudie von Agroscope und der Schweizerischen Vogelwarte identifiziert die wichtigsten Themen der zukünftigen Forschung. Ziel ist es, die Unsicherheiten des derzeit verfügbaren Wissens zu minimieren.

Die Intensivierung der Landwirtschaft in Europa in den letzten Jahrzehnten hat die Agrarökosysteme in flachen Regionen stark verändert. Die Homogenisierung der Landschaft, der Verlust naturnaher Lebensräume, der zunehmende Einsatz externer Inputs (synthetische Dünge- und Pflanzenschutzmittel) sowie der Klimawandel sind die Hauptursachen für den Rückgang und den Verlust der Arten.

Forschende von Agroscope und der Schweizerischen Vogelwarte haben Daten aus 1208 Studien analysiert, die sich mit den Auswirkungen landwirtschaftlicher Praktiken wie Düngung, Beweidung, Biolandbau und Pestizideinsatz auf Indikatorarten der Biodiversität, darunter Pflanzen, Vögel, Bienen und Ringelwürmer befassen. Ziel war es, thematische Wissensfelder und Forschungslücken zu identifizieren und einen Überblick über die von Wissenschaftlern verwendeten Methoden zu erhalten. Die Studie, die als «systematische Karte» bezeichnet wird, ist ein standardisiertes Instrument zur Identifizierung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem bestimmten Unterthema und ermöglicht es, die Wege für zukünftige quantitative Studien aufzuzeigen.

Evidenz für die Auswirkungen der Bewirtschaftung auf die Biodiversität

Bewirtschaftungspraktiken wie z. B. Düngung, Bodenbearbeitung, Beweidung und Mähen sowie eine Reihe von Praktiken des Biolandbaus sind gut dokumentiert. Auf der Ebene der Artengruppen sind Fora, Laufkäfer, Spinnen, Bienen, Vögel und Regenwürmer die am meisten untersuchten Biodiversitätsgruppen. Während Flora, Laufkäfer und Spinnen Indikatoren für die Auswirkungen einer Vielzahl von Praktiken sind, werden Ringelwürmer eher mit agronomischen Praktiken in Verbindung gebracht, die sich auf die Bodenstruktur auswirken (z. B. Bodenbearbeitung, Düngung, Fruchtfolge, Bewirtschaftung von Ernterückständen). Bienen und Schwebfliegen sind Indikatoren für Blühstreifen; Schmetterlinge und Heuschrecken für die Beweidung und das Mähen von Grünland und Vögel für die Einführung von Agrarumweltprogrammen auf Landschaftsebene.

Fokus der zukünftigen Forschung auf weniger verbreitete Praktiken, wenig erforschte Artengruppen und Regionen

Die Studie zeigte zudem, dass weniger verbreitete Praktiken wie Zwischenfruchtbau, Untersaat und Agroforstwirtschaft noch nicht ausreichend erforscht sind. Auch über die Auswirkungen von verschiedenen Erntemethoden, von biologischer Schädlingsbekämpfung und von Insektiziden ist wenig bekannt. Dies gilt insbesondere für die Zwischenfrüchte, da Winterzwischenfrüchte in Europa weit verbreitet sind und zahlreiche Vorteile bieten, unter anderem eine wirksame Unkrautbekämpfung und eine erhöhte Bodenfruchtbarkeit.

Bestimmte Artengruppen wie Amphibien und Reptilien, Schnecken, Tausendfüssler und Hundertfüssler sind in den Biodiversitätsstudien untervertreten. Zudem zeigen die Studien grosse geografische Unterschiede: Die Forschung in Lettland, Kroatien, Slowenien, Moldawien, der Ukraine und den Balkanländern ist im Vergleich zu Westeuropa nach wie vor spärlich oder schlecht dokumentiert.

Datenbank mit Methoden und Indikatoren

Die Autoren der Studie haben eine Datenbank entwickelt, die auf zuverlässigen Methoden und Indikatoren zur Bewertung der Biodiversität beruht. Sie zeigt, welche Indikator-Artengruppen auf welche Praktiken reagieren, und hilft Interessengruppen, die ein Biodiversitätsmonitoring einrichten möchten. Die Datenbank ist frei zugänglich und kann als Grundlage für detailliertere Studien dienen.

Fazit

  • Informationen zu wirksamen und wissenschaftlich fundierten Massnahmen zum Schutz der Biodiversität stehen zur Verfügung. Die komplexe Beziehung zwischen landwirtschaftlichen Praktiken und Biodiversität in flachen Regionen Europas erschwert jedoch die Identifizierung allgemeiner Indikatoren.
  • Während die Auswirkungen des Biolandbaus und wichtiger Praktiken (Düngung, Bodenbearbeitung, Mähen, Beweidung) auf Flora, Laufkäfer, Spinnen, Bienen, Vögel und Regenwürmer gut untersucht sind, sind Diversifizierungspraktiken (Untersaat, Mischkulturen, Agroforstwirtschaft) und Artengruppen wie Amphibien und Reptilien noch wenig erforscht.
  • Weitere Forschung in verschiedenen Regionen ist unerlässlich, um das Verständnis zu vertiefen, wie sich bestimmte landwirtschaftliche Bewirtschaftungspraktiken auf die Biodiversität auswirken. Dies wird in die Entwicklung einer Agrarpolitik einfliessen, die auf den Erhalt und die Förderung der Biodiversität ausgerichtet ist.

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