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Sauerteigbrote weisen ein hochdiverses, nährstoffreiches Innenleben auf

Die mikrobiologische Zusammensetzung des Sauerteigs bestimmt das daraus gebackene Brot. In Kombination mit bestimmten Mehltypen und den geeigneten Prozessparametern kann ein Sauerteig die gesundheitsfördernden Merkmale des Brotes steigern.

Das uralte Handwerk des Brotbackens hat sich während der über zehn Jahrtausende seiner Geschichte stark verändert. So ging man von der Herstellung natürlich gesäuerter Brote zu einer mehrheitlich stark kontrollierten Fermentation der Teige über. In letzter Zeit steigt die Beliebtheit von Sauerteigbroten aber wieder. Sie weisen im Vergleich zu herkömmlichen Hefeteigbroten einen verbesserten Geschmack, eine bessere Struktur, eine längere Haltbarkeit sowie einen erhöhten Nährwert auf.

Jedem Sauerteig seine eigene Gemeinschaft

Die mikrobiellen Gemeinschaften, welche einen Sauerteig ausmachen, setzen sich aus Bakterien und Hefen zusammen und variieren extrem in ihrer Komplexität, je nach verwendeten Rohstoffen und Prozessführung. Dennoch ermöglichen die allgemeinen physikalisch-chemischen Eigenschaften des Sauerteigs, dass am Ende Milchsäurebakterien und Hefen dominieren (Abb. 1). Reife Sauerteig-Starter ermöglichen daher die Herstellung hochsicherer Sauerteigprodukte.

Abbildung 1: Herstellung von reifem Sauerteig nach „französischer Art“ (links) und grafische Darstellung der typischen Dynamik der verschiedenen darin vorkommenden Gruppen von Mikroorganismen (rechts). Für jede mikrobielle Gruppe ist die Anzahl der Punkte in den Balken direkt proportional zur Zelldichte in einer bestimmten Phase der Herstellung (in Anlehnung an Minervini et al. 2014).

Der spontane und der vorgespurte Sauerteig

Im Wesentlichen können zwei Haupttypen von Sauerteig unterschieden werden. Typ-I-Teige entstehen durch spontane Besiedlung durch Bakterien und Hefen aus dem Mehl und der Umgebung, werden bis zu 15 Tage durch ständiges Auffrischen mit Mehl und Wasser versorgt und werden üblicherweise bei Raumtemperatur gehalten. Im Gegensatz dazu entstehen Typ-II-Teige durch Animpfen eines Mehl-Wasser-Gemisches mit ausgewählten Bakterien und/oder Hefen und werden in der Regel bei höheren Temperaturen fermentiert. Unabhängig von der Herstellungsart können Sauerteige im Laufe der Zeit eine hohe Diversität aufweisen. Ihre Zusammensetzung wird besonders beeinflusst durch Mehlsorte, Hydratation, Temperatur, Zeit und Frequenz der Versorgung mit frischem Mehl und Wasser.

In der Vielfalt der Sauerteig-Gemeinschaften liegt das Geheimnis

Als Grundnahrungsmittel spielen Getreideprodukte in der menschlichen Ernährung eine zentrale Rolle. Dennoch ist ihre Beliebtheit vor allem in Industriestaaten abnehmend, da die enthaltenen Glutenproteine und andere Inhaltsstoffe (z.B. Amylase-Trypsin-Inhibitoren) bei gewissen Konsumentinnen und Konsumenten zu Darmentzündungen und anderen gastrointestinalen Symptomen führen können. Die Verwendung von Sauerteig für die Brotherstellung kann zu einem weitgehenden Abbau des Glutennetzwerks sowie einer Senkung anderer unerwünschter Inhaltsstoffe beitragen. Die Ansäuerung durch Milchsäurebakterien und Hefen ist dabei ein Schlüsselfaktor. Insgesamt ist jedoch noch sehr wenig über die genaue Rolle der Mikroorganismen bekannt. Gewisse Studien konnten eine Funktion spezifischer Stämme nachweisen. Mehr Forschung ist aber notwendig, um die Rolle der vielfältigen Sauerteig-Gemeinschaften besser zu verstehen.

Fazit

  • Mikrobielle Sauerteig-Gemeinschaften können einfach oder komplex zusammengesetzt sein.
  • Spontane Fermentationen führen zu eher komplexen Systemen, wogegen der Zusatz ausgewählter Starter-Mikroorganismen zu eher einfachen mikrobiellen Systemen führt.
  • Die mikrobielle Zusammensetzung eines Sauerteigs wird besonders durch die Mehlsorte, die Hydratation, die Temperatur, die Zeit und die Frequenz der Versorgung mit frischem Mehl und Wasser beeinflusst.
  • Die Verwendung von Sauerteig kann die Verträglichkeit von Getreideprodukten erhöhen. Mehr Wissen über die Rolle spezifischer Mikroorganismen würde deren gezielten Einsatz für ein optimales Ergebnis ermöglichen.
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