Stärkung der Zukunft der gemeinschaftlichen Lebensmittelproduktion in der Schweiz
Foto: Stefan Galley,
Agroscope
Gemeinschaftsgärten, Schrebergärten und regionale Vertragslandwirtschaft sind wichtig für nachhaltige, widerstandsfähige Lebensmittelsysteme. Ihre Zukunft hängt von der Unterstützung durch Politik und interinstitutionelle Netzwerke ab.
In der Schweiz umfasst die gemeinschaftliche Lebensmittelproduktion Modelle wie Familien- oder Schrebergärten, Gemeinschaftsgärten und Regionale Vertragslandwirtschaft (RVL), auch Solidarische Landwirtschaft genannt. Diese Initiativen produzieren zusammen mit ihren Mitgliedern Lebensmittel für den Eigenbedarf und fördern neben Ernährungssicherheit auch soziale Beziehungen sowie einen umweltfreundlichen Lebensstil. Die Zukunft dieser alternativen Lebensmittelsysteme ist jedoch ungewiss, da Herausforderungen wie die städtische Verdichtung, strukturelle institutionelle Einschränkungen und mangelnde politische Unterstützung ihren Fortbestand gefährden.
In einer qualitativen Studie von Agroscope und der Universität Bern werden die institutionellen Strukturen und Herausforderungen von Familiengärten, Gemeinschaftsgärten und RVL verglichen. Die Ergebnisse zeigen wichtige strukturelle Unterschiede auf, die den Fortbestand der einzelnen Formen beeinflussen könnten. Nachfolgend werden einige spezifische Ergebnisse der Studie vorgestellt.
Unterschiedliche institutionelle Strukturen beeinträchtigen den Fortbestand
Familiengärten sind stark regulierte, traditionelle Strukturen mit strengen Anforderungen an die Mitglieder in Bezug auf Zeit- und Arbeitsaufwand sowie erforderliche Kenntnisse im Bereich Gartenbau. Sie fördern die Selbstentfaltung, aber sie sind politisch wenig aktiv. Dadurch entstehen Schwierigkeiten, sich an äussere Veränderungen anzupassen und Personen für Führungsaufgaben zu gewinnen.
Gemeinschaftsgärten sind normative Einrichtungen, bei denen der Schwerpunkt auf der Gemeinschaft liegt. Sie sind kostengünstig und leicht zugänglich, aber auf die Unterstützung der Nachbarschaft und externer Organisationen (z. B. NGO, Kirchen) angewiesen.
Initiativen der Regionalen Vertragslandwirtschaft (RVL) sind flexibel, demokratisch und professionell organisiert und haben eine starke politische und ökologische Agenda. Durch die hohen Mitgliedskosten schliessen sie jedoch einkommensschwache Gruppen oft aus. Zwar gibt es Solidaritätssysteme, um diese finanzielle Hürde zu verringern, diese reichen aber oft nicht aus.
Politische Herausforderungen gefährden den Fortbestand
Der Druck der städtischen Entwicklung verringert die Verfügbarkeit von Land und bedroht so die Räume für Familiengärten und Gemeinschaftsgärten. Die Integration von Initiativen für die gemeinschaftliche Lebensmittelherstellung in die Planung städtischer Grünflächen kann dazu beitragen, den langfristigen Zugang zu den vielfältigen Vorteilen dieser Gärten zu sichern und die Zusammenarbeit mit öffentlichen Einrichtungen zu fördern. In der RVL schränken finanzielle Barrieren den Zugang von benachteiligten Bevölkerungsgruppen ein, was die Notwendigkeit von Subventionen, Steueranreizen und kommunaler Unterstützung zur Förderung der Gleichberechtigung unterstreicht. Familiengärten stehen vor Herausforderungen aufgrund starrer Führungsstrukturen, die Anpassungsfähigkeit und Inklusion behindern. Durch flexiblere Modelle von RVL und Gemeinschaftsgärten und durch interinstitutionelle Netzwerke könnte die Zusammenarbeit, der Wissensaustausch und die politische Arbeit erleichtert und verbessert werden.
Fazit
- In der Schweiz umfasst die gemeinschaftliche Lebensmittelproduktion Familiengärten, Gemeinschaftsgärten und Regionale Vertragslandwirtschaft (RVL). Diese Modelle fördern die Nachhaltigkeit, die Gemeinschaftsbildung und einen gesunden Lebensstil.
- Die Systeme unterscheiden sich jedoch stark in Bezug auf ihre internen Strukturen, die Anforderungen an die Mitgliedschaft, den Hauptzweck und die sozialpolitische Agenda. Im Allgemeinen sind auch die Inklusion und das Engagement sehr unterschiedlich.
- RVL und Gemeinschaftsgärten zeichnen sich durch den Aufbau engagierter, nachhaltiger Gemeinschaften aus. Dagegen besteht bei den Familiengärten die Gefahr, dass sie immer mehr Bedeutung verlieren werden, insbesondere wenn sie ihr Potenzial nicht vermitteln und ausschöpfen können.
- Politische Massnahmen zur Förderung der Anpassungsfähigkeit, der Inklusion und der Bekanntheit der gemeinschaftlichen Lebensmittelproduktion im städtischen und ländlichen Kontext sind von entscheidender Bedeutung, um den langfristigen Fortbestand dieser Ansätze sicherzustellen.
Literaturhinweis
Growing together – How institutional structures influence communal agricultural prosumption types and their potential for continuity.