Agroscope, Universität Bern

Förderung der Teilnahme an Regionaler Vertragslandwirtschaft durch veränderte Kommunikationsstrategie

Eine angepasste Kommunikation über die persönlichen Vorteile der Regionalen Vertragslandwirtschaft (RVL) in Bezug auf Ernährung und nachhaltige Lebensweise kann eine Vielzahl von Nichtmitgliedern zur Teilnahme an entsprechenden Initiativen motivieren.

Die Regionalen Vertragslandwirtschaft (RVL), auch Solidarische Landwirtschaft (Solawi), hat sich zu einem alternativen Lebensmittelnetzwerk entwickelt, das auf Solidarität und Zusammenarbeit zwischen landwirtschaftlichen Produzentinnen und Produzenten sowie Konsumentinnen und Konsumenten beruht. Die Konsumentinnen und Konsumenten zahlen im Voraus einen Beitrag und erhalten eine regelmässige Lieferung von Produkten. Dabei tragen sie die Risiken im Zusammenhang mit der Ernte gemeinsam mit den Landwirtinnen und Landwirten. Die RVL fördert die sozioökonomische und ökologische Nachhaltigkeit und trägt so zur Schaffung eines widerstandsfähigen Lebensmittelsystems bei. Trotzdem ist die RVLin der Schweiz immer noch ein Nischensystem, das hauptsächlich Mitglieder mit ähnlicher politischer Überzeugung und ähnlichem wirtschaftlichem Hintergrund anzieht und daher in seiner Reichweite und Akzeptanz begrenzt bleibt. Es stellte sich die Frage, ob potenzielle Mitglieder über das System der RVL informiert sind und welche Argumente sie dazu bewegen könnten, einer solchen Initiative beizutreten.

Wahrnehmung und Bereitschaft zur Teilnahme an RVL-Initiativen

Agroscope und die Universität Bern haben mit 754 Nicht-RVL-Mitgliedern aus der Deutschschweiz eine experimentelle Studie durchgeführt. In der Studie wurde untersucht, wie sich unterschiedliche Informationen über die Vorteile der RVL (Ernährung, Nachhaltigkeit, Transparenz, Solidarität und Gemeinschaft) auf die Wahrnehmung von RVL-Initiativen und die Bereitschaft zur Teilnahme an einer solchen Initiative auswirken.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass für die Teilnehmenden der persönliche Nutzen (z. B. gesunde Ernährung und Nachhaltigkeit) von RVL-Initiativen wichtiger ist als die Solidarität mit den Landwirtinnen und Landwirten, Transparenz und Gemeinschaftsbildung. Unabhängig von den zur Verfügung gestellten Informationen halten Nicht-RVL-Mitglieder solche Initiativen als am vorteilhaftesten für Landwirtinnen und Landwirte, gefolgt von der Gesellschaft, und als am wenigsten vorteilhaft für sich selbst. Dies zeigt, dass Nichtmitglieder den persönlichen Nutzen der RVL nicht als besonders überzeugend einschätzen. Der grösste Anreiz, dem System beizutreten, ist dennoch, dass insgesamt ein Nutzen erwartet wird. Die Fokussierung auf den persönlichen Nutzen der RVL in Bezug auf Ernährung und nachhaltige Lebensweise wirkt sich positiv auf die Bereitschaft zur Teilnahme aus. Dieser Einfluss ist insbesondere bei jüngeren, gebildeten, weiblichen Teilnehmenden sowie bei politisch konservativen Personen zu beobachten – dies könnte letztlich die Diversität innerhalb der RVL fördern. Das Vertrauen in Landwirtinnen und Landwirte oder Label hatte hingegen keinen Einfluss auf die Teilnahmebereitschaft, da das Vertrauen in die Produzentinnen und Produzenten und die Landwirtschaft in der Schweiz bereits hoch ist und folglich nicht nach alternativen Lebensmittelsystemen gesucht wird.

Ergebnisse zeigen Lücke in der Praxis auf

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass in der Praxis eine bedeutende Informationslücke besteht. Während RVL-Systeme oft altruistische Aspekte (z. B. Solidarität und Gemeinschaft) betonen, suchen potenzielle Mitglieder nach greifbaren persönlichen Vorteilen. Eine Umgestaltung der RVL-Botschaft, die klare Vorteile wie gesunde Ernährung, persönliches Wohlbefinden und umweltbewusste Entscheidungen betont, könnte dazu beitragen, eine vielfältigere Mitgliedschaft zu gewinnen.

Fazit

  • Die wahrgenommenen Vorteile sind der stärkste Antrieb für die Bereitschaft zur Teilnahme an Initiativen der Regionalen Vertragslandwirtschaft (RVL).
  • Dabei ist der persönliche Nutzen (in Bezug auf Ernährung und Nachhaltigkeit) für potenzielle Mitglieder am wichtigsten, gefolgt vom Nutzen für die Landwirtinnen und Landwirte und die Gesellschaft.
  • Potenzielle Mitglieder finden die persönlichen Vorteile der RVL nicht besonders überzeugend, und glauben, dass die Landwirtinnen und Landwirte den grössten Nutzen davon haben.
  • Die Fokussierung der Kommunikation auf die Themen Ernährung und Nachhaltigkeit kann auch eine konservative Zielgruppe dazu ermutigen, an RVL-Initiativen teilzunehmen, was die Inklusion erhöht.
  • Erlebnisorientierte Ansätze (Probeabo, Schulprojekte oder Schulgärten) können Informationslücken schliessen.

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