Agroscope

Der Effekt von Direktzahlungen auf die Verbuschung

Trotz höherer Direktzahlungen breiten sich auf Alpweiden weiterhin Büsche aus. Das zeigt eine neue Studie von Agroscope.

Die Verbuschung von Schweizer Alpweiden führt zum Verlust von Grasland und dem kulturell typischen Landschaftsbild. Sie ist das Resultat der Aufgabe der Bewirtschaftung sowie der Veränderungen der Art und Intensität landwirtschaftlicher Aktivitäten. Die Verbuschung Schweizer Alpweiden ist durch die Grünerlen (Alnus viridis) dominiert, die für einen Rückgang der Artenvielfalt verantwortlich ist (Meier et al. 2021).

Drei Massnahmen, um die Verbuschung zu reduzieren

Um der Bewirtschaftungsaufgabe und damit dem Verlust von Biodiversität entgegenzusteuern wird Älplerinnen und Älplern eine Reihe von Anreizen in der Form von Direktzahlungen gewährt. Drei verschiedene Direktzahlungen wurden im Jahr 2014 angehoben bzw. neu eingeführt:

  1. Die Sömmerungsbeiträge wurden erhöht, daher erhalten Älplerinnen und Älpler mehr Direktzahlungen pro Normalstoss.
  2. Ergebnisorientierte Direktzahlungen für Biodiversitätsförderflächen wurden eingeführt, die ausbezahlt werden, wenn die betreffende Fläche eine hohe pflanzliche Biodiversität und geeignete Strukturelemente aufweist.
  3. Landschaftsqualitätsbeiträge wurden eingeführt, die Landwirtinnen und Landwirte für den Erhalt und Verbesserung regionaltypischer Landschaften entschädigen.

Allerdings fehlte bislang eine empirische Untersuchung, wie diese Instrumente auf Verbuschung und den Erhalt von Grasland wirken.

Diese Studie untersucht, welchen Einfluss die oben genannten drei Direktzahlungen auf die Verbuschung von Grasland auf Alpweiden in der Schweiz haben. Zu diesem Zweck haben wir einen Datensatz zusammengestellt, der Daten von Alpbetrieben aus dem Kanton Graubünden mit Information zur Verbuschung verknüpft.  

Unbeabsichtigter Effekt von Direktzahlungen auf Grasland

Die empirische Untersuchung deutet darauf hin, dass die Erhöhung der Direktzahlungen im Durchschnitt einen Verlust von 2 % des Graslandes pro Betrieb durch Verbuschung verursachte. Dies entspricht durchschnittlich 4,7 ha Graslandverlust pro Betrieb innerhalb von 10 Jahren. Die Direktzahlungen können somit unbeabsichtigte Effekte haben. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass der Einfluss von Direktzahlungen auf Artenreichtum, Vielfalt von Strukturelementen oder Einkommen nicht untersucht wurde.

Mögliche Erklärungen

Mehrere Möglichkeiten könnten den beobachteten Graslandverlust im Zusammenhang mit Direktzahlungen erklären.

  1. Die räumliche Verteilung der Nutztiere hat sich verändert: Um empfindliche Arten in Biodiversitätsförderflächen zu schützen, könnten diese Flächen von der Beweidung ausgeschlossen worden sein – mit dem unbeabsichtigten Nebeneffekt einer stärkeren Verbuschung. Weil Nutztiere ein entscheidender Faktor zur Bekämpfung von Verbuschung sind (Pauler et al. 2022), kann ihr Ausschluss nachteilige Folgen haben.
  2. Durch Direktzahlungen kann es zu einer Abnahme von Mulchen auf den neu etablierten Biodiversitätsförderflächen gekommen sein. Mulchen gilt als wirksamste und kostengünstigste Methode gegen Verbuschung.

Diese Kombination aus Fehlanreizen könnte die beobachtete Entwicklung massgeblich begünstigt haben. Es bedarf jedoch weiterer Forschung, um diese Mechanismen zu klären.

Referenzen

Meier E., Lüscher G., Buholzer S., Herzog F., Indermaur A., Riedel S., Winizki J., Hofer G., Knop E. 2021, Zustand der Biodiversität in der Schweizer Agrarlandschaft: Zustandsbericht ALL-EMA 2015−2019. Agroscope Science, 111, 2021.

Pauler, C. M., Zehnder, T., Staudinger, M., Lüscher, A., Kreuzer, M., Berard, J., & Schneider, M. K. (2022). Thinning the thickets: Foraging of hardy cattle, sheep and goats in green alder shrubs. Journal of Applied Ecology59(5), 1394-1405.

Fazit

  • Direktzahlungen können die Verbuschung von Alpweiden nicht aufhalten.
  • Direktzahlungen können daher unbeabsichtigte Nebeneffekte haben und sollten stärker an konkrete Massnahmen zur Offenhaltung von Grasland geknüpft werden.
  • Die Verwendung von geografischen Informationen kann ein wertvolles Instrument sein, um die bisherigen Analysen von Politikmassnahmen zu ergänzen und Veränderung der Landnutzung zu untersuchen.
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