Unterschätzte Treibhausgasemissionen aus bewirtschafteten Übergangsböden in der Schweiz
Foto: © Andreas Gerth,
BAFU
Die Treibhausgasemissionen aus entwässerten, kohlenstoffreichen Böden werden im Treibhausgasinventar unterschätzt. Für eine genauere Einschätzung müssen Übergangsböden berücksichtigt werden. Dementsprechend werden Verbesserungen für das Treibhausgasinventar vorgeschlagen.
Organische Böden sind kohlenstoffreiche Böden, die sich unter wassergesättigten Bedingungen in Niedermooren und Hochmooren gebildet haben. Es ist bekannt, dass sie hohe Emissionen von Treibhausgasen (THG) verursachen, wenn sie z. B. für die Landwirtschaft entwässert werden. Die Emissionen aus kohlenstoffreichen organischen Böden werden im Treibhausgasinventar der Schweiz berücksichtigt, das jährlich im Rahmen der UNO-Klimakonvention erstellt und eingereicht wird. Es gibt jedoch weitere Böden, die hier als «Übergangsböden» bezeichnet werden, da sie zu wenig kohlenstoffreich sind, um als organische Böden zu gelten, obwohl sie ebenfalls bedeutende Mengen an Kohlenstoff enthalten, der sich unter wassergesättigten Bedingungen angesammelt hat. Sie werden beim Treibhausgasinventar nicht extra berücksichtigt. Dazu gehören kohlenstoffarme organische Böden, kohlenstoffreiche mineralische Böden sowie kohlenstoffreiche Böden, auf die eine mineralische Bodenschicht aufgebracht wurde, z.B., um die negativen Auswirkungen starker Bodensackung zu mildern.
Übergangsböden geben bei Entwässerung Kohlenstoff ab
Es ist wahrscheinlich, dass Übergangsböden ebenfalls Kohlenstoff abgeben, wenn sie entwässert werden. Tatsächlich gibt es neuere Hinweise aus anderen Ländern, die darauf hindeuten, dass die Treibhausgasemissionen pro Hektare beträchtlich sein können, manchmal so hoch wie die von kohlenstoffreichen organischen Böden. Wie in den meisten anderen Ländern sind diese bodenbürtigen Emissionen im Treibhausgasinventar der Schweiz nicht berücksichtigt und demzufolge unterschätzt. Zum Teil werden Emissionen aus Übergangsböden häufig übergangen, weil das Wissen lückenhaft ist, zum Teil aber auch wegen einer stark vereinfachten Erfassung, bei der Böden nur entweder als «organisch» oder «mineralisch» (d. h. nicht-organisch) klassifiziert werden.
Zusätzliche Bodenkategorien für das Treibhausgasinventar
Für die THG-Berichterstattung schlagen wir als mittelfristige Lösung vor, dass beim Inventar zusätzliche Bodenkategorien berücksichtigt werden, die ein differenziertes Spektrum von Böden mit unterschiedlichem Kohlenstoffgehalt abdecken. Für diese neuen Bodenkategorien müssen spezifische Emissionsfaktoren festgelegt werden, die zunächst aus der wissenschaftlichen Literatur abgeleitet werden könnten, sofern genügend Daten verfügbar sind. Als längerfristige Lösung schlagen wir vor, bei der THG-Bilanz für die bodenbürtigen Emissionen auf die Verwendung von Bodenkategorien mit zugehörigen Emissionsfaktoren zu verzichten und stattdessen Modelle zu verwenden, die THG-Emissionen in Abhängigkeit von Kohlenstoffgehalt und Wasserstand vorhersagen. Bei beiden Ansätzen müssen zuerst erhebliche Wissenslücken geschlossen werden.
Bodenkartierung und Feldmessungen erforderlich
Zunächst muss genauer untersucht werden, wo Übergangsböden auftreten. Mit der neuen, vom Kompetenzzentrum Boden (ccsols.ch) entwickelten Methode der Bodenkartierung werden entsprechende Bodeneigenschaften quantifiziert und erfasst. Der Bundesrat hat 2023 das Konzept für eine nationale Bodenkartierung genehmigt, die im Jahr 2029 beginnen soll. Weiter sind Feldmessungen erforderlich, um zu beurteilen, wie hoch die Emissionen verschiedener Übergangsböden sind und wie diese mit den wichtigsten Emissionsfaktoren, darunter den Kohlenstoffvorräten des Bodens und dem Grundwasserspiegel, zusammenhängen. Schliesslich sind systematische Messungen und/oder Schätzungen der Torfmächtigkeit, der Kohlenstoffdichte und des Grundwasserspiegels erforderlich.
Fazit
- Übergangsböden speichern erhebliche Mengen an Kohlenstoff, werden aber in den Treibhausgasinventaren meist nicht zu den organischen Böden gezählt. Wenn diese Böden entwässert werden, können sie aber beträchtliche, mit organischen Böden vergleichbare Treibhausgasemissionen freisetzen.
- Diese hohen Emissionen werden derzeit nicht in die Treibhausgasbilanzierung der Schweiz einbezogen, was zu einer Unterschätzung der Emissionen führt. Als mittelfristige Lösung wird eine differenziertere Klassifizierung der Böden im Treibhausgasinventar empfohlen.
- Längerfristig könnten die Emissionen anhand des Kohlenstoffgehalts und des Wasserstands des Bodens modelliert werden. Voraussetzung dafür sind eine erweiterte Bodenkartierung sowie Feldmessungen oder Modelle zur Bestimmung der Torfmächtigkeit, der Kohlenstoffdichte und des Grundwasserspiegels im ganzen Land.
Literaturhinweis
Accounting for greenhouse gas emissions from Switzerland's farmed transition soils.