Agroscope, ETH Zürich

Produkt- und Qualitätsdifferenzierung auf dem Schweizer Käsemarkt steigert die Rohmilchpreise

Auf dem Schweizer Käsemarkt ermöglicht eine Produkt- und Qualitätsdifferenzierung, wie die geschützte Ursprungsbezeichnung AOP (Appellation d’Origine Protégée) oder eine gewerbliche Produktion, je nach Käsesorte höhere und stabilere Rohmilchpreise.

Viele Milchproduzenten sind langfristig mit sinkenden und schwankenden Rohmilchpreisen konfrontiert. Die Milchpreise sind innerhalb der Schweizer Milchbranche sehr unterschiedlich. Eine aktuelle Studie untersucht, inwiefern die Produkt- und Qualitätsdifferenzierung bei Käse den Produzenten hilft, höhere und stabilere Rohmilchpreise zu erzielen.

Preisrisiken und qualitätsorientierte Produktdifferenzierung in der Schweizer Milchwirtschaft

Seit der schrittweisen Liberalisierung des Schweizer Milchmarkts ab Anfang der 2000er Jahre sind die Milchproduzenten einem zunehmenden Preisrisiko ausgesetzt, welches eine der Hauptursachen für das Einkommensrisiko der Landwirte darstellt. Marktbasierte Risikomanagement-Instrumente könnten der Schlüssel sein, um die Herausforderungen der Preisrisiken langfristig zu bewältigen.

Käse ist in der Schweiz das wichtigste Produkt für die Verwertung von Milch. Im Jahr 2021 wurden rund 46 % der Rohmilch zu Käse verarbeitet (Abbildung 1).

Abbildung 1: Milchverwertung in der Schweiz in Prozent der gesamten Milchäquivalente für 2021 (Schweizer Milchproduzenten et al. 2022).

Die Forschenden von Agroscope und der ETH Zürich untersuchten die Preisvolatilität sowie die Preisbewegungen und -korrelationen von Rohmilch, aus der Käsesorten mit unterschiedlichen Differenzierungsstrategien hergestellt werden: Gewerblich hergestellter Käse und Käse mit AOP-Label im Vergleich zu industriell hergestelltem Käse (Abbildung 2). Die zwei führenden Schweizer AOP-Käsesorten wurden genauer untersucht: Gruyère AOP und Emmentaler AOP. Gruyère AOP bietet einen besseren Schutz vor Imitationen als der Emmentaler AOP, insbesondere auf internationalen Märkten. Beim Gruyère plant, koordiniert und kontrolliert die Sortenorganisation die produzierte Käsemenge. Zudem besteht bei Gruyère eine engere und stabilere Beziehung zwischen den Milchproduzenten und den Käseverarbeitern als beim Emmentaler.

Abbildung 2. Anteil an der Schweizer Käseproduktion nach Käsesorten im Jahr 2021 (Total = 189 479 Tonnen).
(Datenquelle: Schweizer Milchproduzenten et al. 2022)

Die Forschenden analysieren die gewichteten durchschnittlichen Milchpreise pro Monat von industriell hergestelltem Käse, Käse aus gewerblichen Käsereien (einschliesslich AOP) sowie Gruyère AOP und Emmentaler AOP von Januar 2010 bis Januar 2022.

Welche Auswirkungen haben unterschiedliche Strategien der Produkt- und Qualitätsdifferenzierung auf die Rohmilchpreise?

Die Forschenden stellen fest, dass der Milchpreis für gewerblich hergestellten Käse insgesamt höher, weniger volatil und weniger anfällig für Preisschocks von anderen Märkten ist als der Milchpreis für industriell hergestellten Käse. Die Qualitätsdifferenzierung bei Käse ist also tatsächlich mit höheren und stabileren Milchpreisen verbunden.

Die Milchpreise für die beiden AOP-Käse haben sich unterschiedlich entwickelt. Der Milchpreis für Gruyère AOP liegt höher als der durchschnittliche Milchpreis für Käse aus gewerblichen Käsereien und reagiert nicht auf Preisschocks im allgemeinen Milchmarkt. Dies deutet darauf hin, dass die für Gruyère verwendete Milch ein einzigartiges Marktsegment darstellt, das die Milchproduzenten vor Preisrisiken schützt. Im Gegensatz dazu ist der Milchpreis für Emmentaler niedrig, bewegt sich eng am Milchpreis für industriell hergestellten Käse und ist anfällig für Schocks von anderen Märkten. Diese Eigenschaften deuten darauf hin, dass das AOP-Label für Emmentaler nur bedingt geeignet ist, um Milchproduzenten vor Preisrisiken zu schützen. Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Studie, dass der Nutzen von AOP für den Milchpreis von der spezifischen AOP-Sorte und dem Management der Sortenorganisation abhängt.

Abbildung 3: Monatliche Produzentenpreise für Rohmilch, aufgeschlüsselt nach Käseverarbeitungskanälen, 2010-2022.

Fazit

  • Die Produkt- und Qualitätsdifferenzierung von Käseprodukten, insbesondere durch (AOP), hat ein grosses Potenzial als Instrument des Risikomanagements und der Wertschöpfung für Milchproduzenten.
  • Die Wirksamkeit von Differenzierungsstrategien wie AOP hängt von der Umsetzung ab. Eine geschützte Ursprungsbezeichnung allein reicht nicht aus, um höhere und stabilere Preise für die Milchproduzenten zu gewährleisten.
  • Eine stärkere Verhandlungsmacht der Milchproduzenten gegenüber nachgelagerten Akteuren könnte dazu führen, dass sie stärker von der Differenzierung profitieren und bessere Rohmilchpreise erzielen.
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